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Neue Wohn- und Gewerbeflächen durch Sanierung eines denkmalgeschützten Gebäudes

Projekt von Kammermitglied in der Bayerischen Staatszeitung

23.07.2021 - München

Neue Wohn- und Gewerbeflächen durch Sanierung eines denkmalgeschützten Gebäudes

Unter dem Motto „Kein Ding ohne Ing.“ stellt die Bayerische Staatszeitung auf einer Sonderseite regelmäßig spannende Projekte von Kammermitgliedern vor. Im neuesten Artikel berichtet B.Eng. (FH) Philipp Stimpfle von der Taglieber Holzbau GmbH über die Sanierung eines denkmalgeschützten Gebäudes aus dem Jahr 1470 in Nördlingen, um damit neue Wohn- und Gewerbeflächen in der Altstadt zu schaffen. Lesen Sie hier den Artikel oder reichen Sie gleich selbst ein Projekt ein.

Wohnen und arbeiten im Fachwerkhaus

Sanierung eines denkmalgeschützten Gebäudes aus dem Jahr 1470 in Nördlingen mit Erneuerung des historischen Fachwerkgiebels

Nördlingen wird als einzige Stadt Deutschlands durch eine vollständig erhaltene Stadtmauer umgeben. Die Innenstadt ist geprägt von historischen Gebäuden, wie zum Beispiel verschiedenen Fachwerkhäusern, dem Gerberviertel oder „Daniel“. Leider gibt es aber auch viele Gebäude, die im Laufe der Jahre nicht mehr gepflegt wurden und nun sanierungsbedürftig sind. Ein solches Gebäude befindet sich in der Baldinger Straße 10. Das Fachwerkhaus wird auf das Jahr 1470 datiert, steht unter Denkmalschutz und war die letzten zehn Jahre vor der Sanierung im Jahr 2019/2020 unbewohnt.

Die Sanierung dieses denkmalgeschützten Gebäudes war eine sehr besondere Aufgabe für die Taglieber Holzbau GmbH, da das Haus in der beengten Nördlinger Innenstadt liegt, an die beiden Traufseiten direkt Häuser angrenzen und an der Westseite nur eine schmale Einbahnstraße vorbeiführt. Durch die Sanierung des Gebäudes sollten in der Altstadt neue Wohn- und Gewerbeflächen geschaffen werden. Die Sanierung im Sinne des Denkmalschutzes war sehr wichtig, damit sich das Haus weiterhin harmonisch in das Erscheinungsbild der Stadt einfügt und die Charakteristika für die nachfolgenden Generationen erhalten bleiben.

Peter Strohm vom Ingenieurbüro Strohm in Nördlingen führte eine statische Schadenkartierung aus, um den Zustand des Tragwerks vor der Sanierung zu dokumentieren und die Tragwerkplanung mit Brandschutz für das Projekt zu erstellen.

Das Sanierungskonzept wurde durch ein Expertenteam rund um Erwin Taglieber und Armin Prechter, Bauleiter und Restaurator im Zimmererhandwerk, erarbeitet. Die Entwurfsplanung der umfangreichen Sanierung erfolgte durch Michael Wiesinger von der Taglieber Holzbau GmbH in enger Abstimmung mit dem Landesamt für Denkmalpflege. Die erste Entwurfsvariante enthielt zum Beispiel eine komplette Glasfassade auf der Rückseite, die in der zweiten Entwurfsfassung in eine Holz- und Putzfassade geändert wurde.

Das Dach wurde um 90 Grad gedreht

Final genehmigt und umgesetzt wurde die Denkmalsanierung wie folgt: Auf der Gebäuderückseite (Ostansicht) wurde der neuzeitliche Anbau an den historischen Bestand angeglichen, indem das Dach um 90 Grad gedreht und auf die gleiche Höhe des Hauptdachs angehoben wurde. Auf der Vorderseite des Gebäudes (Westansicht) wurde der Fachwerkgiebel im Obergeschoss saniert und beschädigte Teile wurden in Absprache mit dem Denkmalamt ergänzt oder ausgetauscht.

Ab dem 1. Dachgeschoss musste der bestehende Fachwerkgiebel komplett erneuert werden, da die Holzkonstruktion erhebliche Schäden aufwies. Dabei muss berücksichtigt werden, dass bereits in den 1980er-Jahren der Fachwerkgiebel ab dem 1. Obergeschoss komplett ausgewechselt und erneuert worden war. Der neue Fachwerkgiebel wurde komplett im Werk vorgefertigt, gestrichen, verputzt und originalgetreu nachempfunden. Der Vorteil der Vorfertigung ist, dass das Gewicht auf das Gebäude durch die Leichtbauweise reduziert wird, was sich positiv auf die Statik auswirkt. Der Aufbau des neuen Giebels ist diffusionsoffen, wodurch eine Rücktrocknung von Feuchtigkeit möglich ist.

Durch die Vorfertigung ist man witterungsunabhängig und erreicht eine höhere Qualität. Bevor der Bau des neuen Giebels starten konnte, wurde ein Muster für die Abstimmung mit dem Landesamt für Denkmalpflege angefertigt, das die exakte Verarbeitung und die verwendeten Materialien aufzeigte. Die Herstellung des Musters wurde mit Fotos und Videos dokumentiert. Nach der Genehmigung des Mustergiebels wurden innerhalb von vier Wochen die einzelnen Giebelelemente produziert. Dabei wurde die „Schiefe“ des bestehenden Gebäudes, der Wände und Fenster mithilfe eines verformungsgerechten Aufmaßes auch im neuen Giebel umgesetzt.

Die Hölzer für den Fachwerkgiebel und den Dachstuhl des neuzeitlichen Anbaus wurden auf der CNC-gesteuerten Abbundanlage gefertigt, die Platten für Gefache des Fachwerkgiebels ebenfalls von der CNC-Maschine zugeschnitten.

Die vorgefertigten Giebelelemente wurden mit dem Lkw nach Nördlingen gefahren. Wegen der beengten Situation auf der Vorderseite des Gebäudes mussten die Giebelelemente auf der Gebäude-rückseite abgeladen und anschließend mit dem Kran über das gesamte Gebäude auf die Gebäudevorderseite gehoben werden. Die Montage der vorgefertigten Giebelelemente dauerte nur einen halben Tag.

Mehr Tageslicht im Inneren

Neue Holzfenster aus Eiche mit Dreifachverglasung sowie neue, wiederum im Werk komplett vorgefertigte und verputzte Gauben, sorgen für mehr Tageslicht im Inneren. Im ersten Stock wurde ein Lichttunnel mit einem Schacht bis zum Dach eingebaut, um mehr natürliches Licht ins Innere zu bringen.

Ein umfangreiches denkmalpflegerisches Maßnahmenkonzept mit den verschiedenen Maßnahmen und Materialien wurde gemeinsam mit dem Landesamt für Denkmalpflege und dem Denkmalbeauftragten der Stadt Nördlingen nach vielen Voruntersuchungen erstellt, um aufzuzeigen, welche historischen Elemente es gibt und auf welche Weise diese erhalten bleiben sollen. Eine dendrologische Untersuchung zur Baualtersbestimmung im Vorfeld der Baumaßnahme ergab, dass das bauzeitliche Konstruktionsprinzip/Dachwerk auf den Winter 1471/1472 datiert wird.

Das verformungsgerechte digitale Aufmaß erfasst das Gebäude zeichnerisch inklusive Darstellung der baualterlichen Teile. Eine Befunduntersuchung zu den Putz-Fassungen der Fassade fand statt. Vor Beginn der Baumaßnahme hatte das Archäologiebüro Dr. Woidich eine denkmalpflegerische Sicherung des Gebäudes durchgeführt. Gesichert wurden dabei alte Münzen und ein mittelalterlicher Ziegel-Kalk-Estrich.

Im Erdgeschoss wurde der Ziegelestrich erhalten und unter einer Bodenplatte konserviert. Schnitzereien an der Fassade wurden fachgerecht gereinigt, restauriert und konserviert, immer passend zum Farbkonzept, das in Abstimmung mit dem Denkmalschutz erstellt wurde. Die Bohlenbalkendecke im Erdgeschoss wurde freigelegt, vom Restaurator fachgerecht gereinigt, ergänzt und dem Urzustand entsprechend farblich gestrichen. Sie bleibt in Zukunft sichtbar. Die vorhandene Brettleisten-Decke und die Bohlenwand, die sich teilweise im 1. Obergeschoss befinden, wurden ebenfalls gereinigt und konserviert, um in Zukunft sichtbar zu bleiben.

Historische Fachwerkwände erhalten und konserviert

Die historischen Fachwerkwände wurden alle erhalten, entweder sichtbar oder hinter einer frei stehenden Vorsatzschale konserviert. Die historischen Gefache der Fachwerkwände, die erhalten blieben, wurden wieder mit Lehmputz verputzt und mit Bister gestrichen. Falls die Gefache der historischen Fachwerkwände erst im Nachhinein verschlossen wurden, wurden sie teilweise wieder herausgenommen. Auf diese Weise können die Holzbalken als Raumteiler fungieren und die Räume wirken somit offener und größer.

In einer Wohnung wurde eine Zwischenwand mit historischen Gitterstäben als Raumteiler erhalten. Da das Gebäude denkmalgeschützt ist, blieben die Raumaufteilungen erhalten und vorhandene Wände wurden brandschutztechnisch ertüchtigt. Der Dachstuhl wurde komplett erhalten, konserviert und gedämmt. Die Decke im dritten Dachgeschoss wurde mit Aufdoppelungen erhöht, damit der Raum optisch höher ist. Die alten Balken wurden erhalten. Eine historische Hauseingangstür wurde restauriert, auf eine neue Tür aufgetoppt und wieder eingebaut. Die Türen im Dachgeschoss wurden samt den bauzeitlichen Schwellen unter den Türen ebenfalls erhalten.

Die alte Blockstufentreppe wurde saniert und wieder eingebaut mit besonderem Augenmerk auf das Baluster-Geländer. Das bestehende, stark verformte Kellergewölbe wurde durch eine Stützmauer statisch gesichert und vom Zementputz befreit.

Der vorhandene Dachstuhl wurde komplett erhalten, ausgebessert, konserviert und gedämmt. Bei der Sanierung des Dachstuhls zeigte sich, dass die Giebelschwelle erneuert werden musste. Die Profilierung wurde nach historischem Vorbild gefertigt. Es wurden Träger zur Verstärkung eingebaut, natürlich angepasst an die Verformung, damit die Standsicherheit wiederhergestellt ist.

Ferner waren bei vielen Sparren die Fußpunkte nicht mehr intakt. Sie wurden vom Restaurator ergänzt und mit Eichennägeln verbunden. Auch die Reparaturarbeiten an Pfetten und Streben wurden fachgerecht ausgeführt und mit Eichendübeln verbunden. Holzprodukte wie Nägel oder Schrauben weisen dabei eine höhere Hitzebeständigkeit als identische Stahlprodukte auf.

Abgehängte Decken

Zwischen den einzelnen Etagen waren die Balkenlagen ohne Boden. Es wurde ein Fehlboden aus Gipsfaserplatten zweilagig stoßversetzt zum Einhalten des Brandschutzes geschaffen, da wegen der Raumhöhe keine Aufbauhöhe für die Böden vorhanden war. Da die Balkenlage von vorne nach hinten um 70 Zentimeter fällt, wurde auch im Boden das Gefälle eingebaut, um nicht in die historische Substanz eingreifen zu müssen. Unter die bestehenden Unterzüge wurden Stahlstützen eingebaut, um die Last besser abzutragen.

Ein Schallschutzkonzept mit abgehängten Decken sowie einem Fußbodenaufbau, der speziell auf die Holzbalkenlage im Denkmal abgestimmt ist, wurde entwickelt, um ein angenehmes und leises Wohnen im Mehrfamilienwohnhaus zu ermöglichen. In der Gewerbeeinheit musste eine neue Traufwand über zwei Geschosse eingezogen werden, da die Bestandswand nicht mehr vorhanden war.

Die Bauzeit für die Sanierung betrug dank der hohen Vorfertigung nur knapp ein Jahr. Es sind fünf neue Wohnungen mit 66 bis 98 Quadratmetern Wohnfläche, eine Wohnung mit 194 Quadratmetern sowie eine 118 Quadratmeter große Gewerbeeinheit entstanden. Somit musste kein Haus auf die grüne Wiese gebaut werden. Andere Freiflächen konnten auf diese Weise geschont und bewahrt werden.

Autor: Philipp Stimpfle, Mitarbeiter bei der Taglieber Holzbau GmbH und Mitglied der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau


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