31.05.2019 - München
Zu wenig Wohnraum, zu hohe Mieten, zu lange Bauzeiten und zu hohe Baukosten - das Thema Wohnungsbau erhitzt die Gemüter. Die Wählerschaft macht Druck, die Politik ist unter Zugzwang. Als Kostentreiber wird häufig die Energiepolitik gebrandmarkt. Doch stimmt das wirklich? Vorstandsmitglied Alexander Lyssoudis nimmt in diesem Beitrag Stellung.
Wesentliche politische Fragen unserer Zeit sind u.a. die Energiewende und ihre Wirkung auf die Gesellschaft. Der demografische Wandel, die Verstädterung und die Versorgungsstabilität verursachen immer mehr Herausforderungen im Zusammenhang mit der Energieversorgung und dem Klimaschutz.
Oberstes Ziel bayerischer Energiepolitik soll eine sichere, bezahlbare und umweltverträgliche Energieversorgung sein. Der Anstieg des Anteils der erneuerbaren Energien zeigt, dass wir auf einem guten Weg sind. Der Freistaat Bayern braucht aber im Hinblick auf das Ergebnis der Weltklimakonferenz in Kattowitz noch deutlich mehr an spürbaren Verbesserungen.
Energiewandel, Wertschöpfung und Klimaschutz
Auch ist es dabei wichtig, durch eine möglichst dezentrale und nachhaltige Energieversorgung eine Wertschöpfung vor Ort zu gewährleisten, um die Bürgerinnen und Bürger „mitzunehmen“. Die Staatsregierung muss der Gesellschaft die Notwendigkeit des Energiewandels noch mehr verdeutlichen und die Akzeptanz für entsprechende Maßnahmen zur Energiewende steigern. Um die Attraktivität und die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Bayern zu sichern, muss dabei die Energieversorgung einerseits sicher und andererseits noch bezahlbar sein.
Die am Bau umzusetzenden energetisch wirksamen technischen und baulichen Maßnahmen werden aber oft wegen ihrer Kosten kritisiert. Doch die erhöhten Standards wurden von der Politik auf gesellschaftlichen Druck hin festgelegt. Sie dienen dem Klimaschutz und der kostet tatsächlich Geld.
Somit ist die Kritik an den Kosten ungerechtfertigt. Sollten sich die bisher festgelegten Standards im Zuge der Güterabwägung als zu hoch herausstellen, dann ist die Gesellschaft aufgefordert, ein akzeptables Maß festzulegen. Im Vergleich der Kosten unterschiedlicher Gewerke beim Bauen lässt sich feststellen, dass die Anhebung bestimmter Anforderungsniveaus und Qualitätsstandards technischer Baubestimmungen nicht die signifikanten Kostentreiber sind. Energetische Maßnahmen sollen sich möglichst durch die Betriebskosteneinsparung rechnen.
Durch den Klimaschutz bedingte Maßnahmen sollten teilweise gefördert werden. Die sinnvolle Besteuerung primärenergieintensiver Technologien und die gleichzeitige Befreiung regenerativer Maßnahmen von staatlich verursachten Kosten würden unweigerlich zu einer höheren Akzeptanz führen.
Am Beispiel der kontrollierten Wohnraumlüftung lässt sich verdeutlichen, dass die Anhebung von Anforderungsniveaus im Neubau unweigerlich zu einer weiteren technischen Notwendigkeit führt, die unter Umständen zunächst die Baukosten erhöht, aber im Verlauf der Nutzung des Gebäudes durch die getroffenen Maßnahmen (dichte Fenster und Wärmerückgewinnung in der Luftführung) zu einer Gesamtersparnis an Energie und demnach auch an CO2 Emission führt.
Das neue Gebäudeenergie-Gesetz (GEG)
Das neue Anforderungsniveau für Energieeffizienz ist im Rahmen der Neufassung der EnEV im kommenden Gebäudeenergie-Gesetz (GEG) zu regeln. Die Neufassung lässt aber leider zu sehr auf sich warten. Im Bund konnte man sich bisher auf einen abgestimmten Entwurf nicht einigen.
Eine sinnvolle Energiepolitik für Gebäude und bauliche Anlagen darf aber nicht auf eine Anhebung von Anforderungsniveaus für den Neubau beschränkt werden. Neben einem sinnvoll angesetzten Anforderungsniveau für die energetische Qualität im Neubau, gilt es auch, die beträchtlichen Einsparpotentiale zu nutzen, die im Bestand sowohl in Wohn- als auch in Nichtwohngebäuden stecken. Denn der Großteil des Gebäudebestandes in Deutschland ist älter als fünfzig Jahre. Gegebenenfalls müssen Nachrüstmaßnahmen gefördert werden. Erst dann kommt der Energiewandel bei allen an.
Kolumne von Dipl.-Ing. (FH) Alexander Lyssoudis, Vorstandsmitglied der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau, veröffentlicht in der Bayerischen Staatszeitung vom 31.05.2019.
Kolumne in der Bayerischen Staatszeitung
Die Bayerische Ingenieurekammer veröffentlicht einmal im Monat eine Kolumne zu aktuellen Themen in der Bayerischen Staatszeitung. Hier nehmen die Mitglieder des Vorstands der Kammer Stellung zu Themen aus Bauwesen, Politik und Gesellschaft.
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