20.08.2019 - München
Ob Flughafen, Kraftwerk oder Autofabrik: Industrielle Bauprojekte werden zunehmend größer, komplexer, teurer – und verursachen dadurch deutlich höhere Schäden, wenn etwas schief läuft. Nach einem Bericht der Allianz Global Corporate and Specialty gehören Brand- und Explosionsfälle bei Ingenieur- und Bauprojekten zu den teuersten Schäden weltweit. In Deutschland führen fehlerhafte Produkte, aber auch Qualitätsmängel zu höheren Kosten bei den Unternehmen.
Aus der Analyse von mehr als 13.000 technischen Versicherungsfällen, die weltweit in einem Zeitraum von 5 Jahren bei industriellen Bauvorhaben erfasst wurden (Gesamtwert: fast 8 Mrd. Euro), haben sich sieben Trends herauskristallisiert, die laut einem neuen Bericht der Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS) die teuren Schäden im Bereich Engineering erklären.
In Deutschland, wo 2.530
der rund 13.599 Schäden aufgetreten sind, rangieren Schäden durch defekte
Produkte und Qualitätsmängel sowohl bei Schadenhöhe (39%) als auch bei der
Schadenanzahl (22%) auf dem Spitzenplatz. Weltweit verursachen Schäden durch
Feuer und Explosion die höchsten Wertverluste (27%). Häufigste
Schadenquelle weltweit sind auch hier defekte Produkte (27%).
Baustellen sind heute viel größer als in der Vergangenheit. Zudem können sich Bauprojekte über viele Jahre hinziehen. Der Ausbau des Al Maktoum International Airport in Dubai etwa wird erst 2030 abgeschlossen sein und rund 32 Milliarden Euro kosten.
„Infolgedessen sind die Versicherungssummen jetzt viel größer - Projekte mit einem Wert von 4 bis 9 Milliarden Euro sind keine Seltenheit, Schäden in dreistelliger Millionenhöhe sind deshalb nicht auszuschließen", sagt Robert Maurer, Head of Engineering der AGCS in Zentral- und Osteuropa. Die Überschwemmung während des Baus am Hidroituango-Wasserkraftdamm in Kolumbien im Jahr 2018 wird die Versicherer schätzungsweise rund 1,25 Milliarden Euro kosten, einen der größten Engineering-Schäden der Geschichte.
Feuer und Explosionen machen weltweit mehr als ein Viertel (27%) der Wertverluste aus und haben in fünf Jahren mehr als 2,1 Milliarden Euro an Versicherungsschäden verursacht. Naturkatastrophen sind eine weitere große Schadenquelle. In Deutschland sind Feuer und Explosionen dagegen nur für 5 Prozent Schäden verantwortlich.
Defekte Produkte sind laut der AGCS-Schadenanalyse in
Deutschland die häufigste Quelle für technische Schäden und die größte nach
Schadenhöhen. Es gibt mehr als dreimal so viele Schadenfälle, die durch
fehlerhafte Produkte hervorgerufen wurden, als zum Beispiel durch Sturmschäden.
„Wir sehen eine Zunahme an Schäden im Zusammenhang mit Mängeln und unzureichender Qualitätskontrolle auf breiter Front", sagt Dr.-Ing. Martin Eckel, globaler Schadenregulierer der AGCS. So wurden größere Schadensfälle im Kraftwerksbau durch fehlerhaftes Schweißen verursacht.
In der Vergangenheit wurden ein Flughafen oder ein Kraftwerk meist von einem nationalen Auftragnehmer unter Einbeziehung lokaler Lieferanten gebaut. Heute werden Maschinen und Anlagen von Auftragnehmern aus der ganzen Welt geliefert.
„Technologien werden immer spezialisierter, was die Kosten für Reparatur oder Austausch beträchtlich erhöhen kann. Wird eine aus China kommende Turbine beschädigt, dauert es mitunter bis zu 18 Monate, bis sie repariert ist", so Dr. Martin Eckel.
Bau- und Ingenieurbüros stuften im Allianz Risiko-Barometer 2019 die Betriebsunterbrechung (BI) als zweitgrößtes Unternehmensrisiko ein. Das wachsende Bewusstsein für BI-Exponierung hat dazu geführt, dass immer mehr Unternehmen BI-Deckungen kaufen, insbesondere so genannte DSU-Versicherungen (Delay in Start-Up), die Verzögerungen bei Bau- oder Ingenieurprojekten nach Sachschäden abdecken.
Die Entschädigung für Verzögerungen bei der Inbetriebnahme ist in den vergangenen zehn Jahren von rund 200.000 auf bis zu 500.000 Euro pro Tag gestiegen. Bei besonders großen Risiken kann sie sogar bis zu zwei Millionen Euro pro Tag betragen.
Große Bauprojekte können bis zu zehn Jahre Bauzeit in Anspruch nehmen, wobei meist Auftragnehmer und Lieferanten aus der ganzen Welt involviert sind. Dies macht Bauvorhaben anfällig für Störungen infolge von Sanktionen und Handelsstreitigkeiten.
Mit zunehmender Nachfrage
nach grüner Energie sind Solar- und Windprojekte immer umfangreicher geworden,
Windräder auf See liegen zunehmend weitab von der Küste. Allein 2018 entstanden
409 neue Offshore- Windturbinen im Rahmen von 18 Windparkprojekten in der
Europäischen Union.
Darüber hinaus gewinnt Offshore-Wind in Nordamerika und Asien deutlich an Bedeutung. Dadurch kommt zu den technischen Risiken nun auch ein erhöhtes Naturgefahren-Risiko hinzu.
Mit der zunehmenden Komplexität großer Ingenieur- und Bauprojekte wird die Risikobewertung und Schadensfeststellung sowie die Ermittlung der eigentlichen Schadensursache wesentlich schwieriger. Auf der anderen Seite stehen Versicherern eine Reihe neuer Technologien zur Verfügung:
Pressemitteilung Allianz SE vom 20.08.2019
Allianz-Studie Engineering and Construction Risk Trends (Englisch)
Quelle: Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS) Pressemitteilung vom 20.08.2019; Fotos: Michael Gaida / Pixabay.com; AGCS
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