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Wohnungsgipfel: Bauen in Bayern vereinfachen und beschleunigen

Gemeinsame Vereinbarung von Staatsregierung und kommunalen Spitzenverbänden

11.09.2019 - München

Wohnungsgipfel: Bauen in Bayern vereinfachen und beschleunigen

Das Bauen soll in Bayern künftig einfacher und schneller werden: Mit einer umfassenden Reform des bayerischen Baurechts möchte die Staatsregierung Baugenehmigungen deutlich beschleunigen. Dabei soll der Ersatz bestehender Gebäude ebenso erleichtert werden wie beispielsweise der Ausbau von Dachgeschossen. Das sind die Kernpunkte der gemeinsamen Vereinbarung von Staatsregierung und kommunalen Spitzenverbänden, die am 11.09.2019 in München unterzeichnet wurde. Die Bayerische Ingenieurekammer-Bau war mit Präsident Prof. Dr. Norbert Gebbeken vertreten.

Themen des Wohnungsgipfels in der Staatskanzlei waren die Schaffung von neuem Wohnraum in den Ballungsräumen, klimaschonendes Bauen und die Bezahlbarkeit des Wohnens. Staatsregierung, Kommunen und die Bau- und Wohnungswirtschaft wollen in der Wohnungspolitik stärker an einem Strang ziehen.

Sämtliche Verfahren sollten deutlich entschlackt und beschleunigt werden, sagte Ministerpräsident Dr. Markus Söder nach dem Spitzengespräch in der Staatskanzlei: „Wir wollen den Wohnungsbau voranbringen. Denn bezahlbarer Wohnraum ist einer der großen gesellschaftlichen Aufgaben.“

Söder nannte drei Punkte, mit denen die bayerische Staatsregierung den Wohnungsmangel bekämpfen will: Härtere Sanktionen gegen Vermieter, Investitionen und eine Vereinfachung des Baurechts. 

Partnerschaftlich Planen und Bauen

Kammerpräsident Prof. Dr. Norbert Gebbeken sagt: "Wie wichtig das Thema Wohnungsbau ist, zeigt das heutige Zusammenwirken aller wichtigen Akteure. Entscheiden ist, dass die Bereitstellung von Bauland mit einer flächen- und ressourcenschonenden städtebaulichen Entwicklung einhergeht. Nur im partnerschaftlichen Planen und Bauen funktioniert ein umweltgerechter, flächensparender und klimaschonender Wohnungsbau.“

Reform der Bauordnung

Der Weg zu Baugenehmigungen soll in Zukunft maximal drei Monate dauern - mittels einer neuen Frist: Wenn nach drei Monaten noch keine Entscheidung vorliegt, sollen die beantragten Baugenehmigungen automatisch als erteilt gelten.

"Wenn es nach 90 Tagen keine Entscheidung gibt, gilt der Bauantrag als genehmigt", sagte Bauminsiter Dr. Hans Reichhart. Voraussetzung sei allerdings, dass die Bauanträge vollständig und richtig eingereicht wurden. Um das Ziel umsetzen zu können, sollen in den staatlichen Bauämtern weitere 250 Stellen geschaffen werden. Auch digitale Genehmigungsverfahren und die Einführung von Typengenehmigungen sollen die Verfahren beschleunigen.

Reichhart kündigte an, der entsprechende Gesetzentwurf solle noch dieses Jahr in den Landtag eingebracht werden. Söder sprach von einer "kleinen Revolution" der Bauordnung.

Verschärfung des Mietrechtes

Ministerpräsident Markus Söder kündigte eine Initiative zur Verschärfung des Mietrechtes an. Es müsse klarer gegen Mietwucher vorgegangen werden, so Söder. Überhöhte Mieten sollen in Zukunft leichter beanstandet und verfolgt werden können. Außerdem sollen Vermieter nach dem Kauf einer Wohnung oder eines Hauses die Mieten für bis zu drei Jahre nicht erhöhen dürfen.

Bei den Investitionen verwies Söder vor allem auf die bestehenden Programme der Bundes- und Landesregierung wie die Eigenheimzulage, das bayerische Baukindergeld Plus, die kommunale Wohnungsförderung und die Aktivitäten der staatlichen Wohnungsbaugesellschaft BayernHeim.

Bestandschutz

Auch beim Brandschutz sind Erleichterungen geplant. Als Beispiel nannte Reichhart, dass der zweite Fluchtweg bei ebenerdigen Veranstaltungsstätten entfallen könne, wenn ausreichend Fenster vorhanden seien. Außerdem will der Minister den Bestandschutz stärken. Hier könnten alte Regelungen gültig bleiben, wenn nicht zu stark umgebaut würde.

Fördern will die Landesregierung auch das standardisierte Bauen und den Holzbau. "Wir wollen ermöglichen, dass auch Hochhäuser aus Holz gebaut werden können", so Bauminister Reichhart. In diesem Bereich gebe es in Bayern bisher enge Grenzen.

Die entsprechenden Gesetze sollen noch in diesem Jahr in den Landtag eingebracht und verabschiedet werden.

 

Gemeinsame Erklärung

Ergebnis des Wohnungsgipfels ist eine gemeinsame Erklärung, die Bauminister Dr. Hans Reichhart, Umweltminister Thorsten Glauber und die Vertreter der Kommunalen Spitzenverbände unterzeichnet haben.

In der Erklärung werden die Ziele des Wohnungsgipfels festgehalten: die Voraussetzungen für schnelles, klimaschonendes, flächensparendes und günstiges Bauen zu erleichtern und den Interessenausgleich zwischen Mietern und Vermietern fair zu gestalten.

Hier die Erklärung im Wortlaut:

Bayerischer Wohnungsgipfel am 11. September 2019

Gemeinsame Erklärung

Wohnen ist ein menschliches Grundbedürfnis. Wohnen gewährt Schutz, Rück- zugs- und Entfaltungsmöglichkeit im privaten Raum. Es betrifft die Menschen in Stadt und Land gleichermaßen. Für eine angemessene Wohnraumversorgung brauchen wir in vielen Städten, Landkreisen und Gemeinden mehr modernen und bezahlbaren Wohnraum. Diese dringliche Aufgabe kann nur mit Unterstützung aller Akteure auf dem Wohnungsmarkt gelingen.

Eigentumsmaßnahmen, geförderter und frei finanzierter Mietwohnungsbau sowie genossenschaftliche Wohnformen spielen dabei gleichermaßen eine wichtige Rolle. Zugleich muss mit der Errichtung von Wohnraum auch die Schaffung der notwendigen Infrastruktur (z.B. Kindertagesstätten, Schulen, Öffentlicher Personennahverkehr) einhergehen. Nur so ist sichergestellt, dass Wohnraum zur Verfügung steht, der den Bedürfnissen der gesamten Bevölkerung entspricht. All diese Einrichtungen benötigen Fläche, wenngleich die Innenentwicklung vorrangig zu berücksichtigen ist.

Die Bayerische Staatsregierung und die kommunalen Spitzenverbände streben eine zukunftsfähige Siedlungsentwicklung an, die die Bedarfe von Wohnungssuchenden, Arbeitssuchenden, Erholungssuchenden und Pendlern mit der Natur, der Pflanzen- und Tierwelt gerecht zum Ausgleich bringt. Bei der Baulandmobilisierung, besonders in Gebieten mit erhöhtem Wohnraumbedarf, können gerade die Grundstückseigentümer einen wichtigen Beitrag leisten.

  1. Der Freistaat Bayern schafft in der Bayerischen Bauordnung die verfahrensrechtlichen Rahmenbedingungen. Die Bayerische Staatsregierung beabsichtigt im Benehmen mit den kommunalen Spitzenverbänden Bayerns die Bayerische Bauordnung, die bundesweiten Vorbildcharakter hat, weiter zu verbessern und zu vereinfachen. Hierzu wird die Staatsregierung dem Landtag einen Gesetzesentwurf mit Maßnahmen zur Vereinfachung des Bauens und zur Beschleunigung und Digitalisierung der Genehmigungsverfahren vorlegen, die im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses weiter abzustimmen sein werden. Durch digitale Genehmigungsverfahren sowie u.a. die Einführung der Typengenehmigung wird das Bauen schneller werden. Erleichterungen bei Nutzungsänderungen und beim Ersatz von Bestandsgebäuden ermöglichen flächensparendes Bauen. Darüber hinaus wird Bauen durch Vereinfachungen bei Dachgeschossausbauten günstiger. Erleichterungen beim Bauen mit Holz werden einen Beitrag zu nachhaltigem Bauen leisten. Der Freistaat Bayern wird sein Engagement zur Kostenreduzierung im Bereich der bautechnischen Normung zudem fortführen.

  2.  Im Rahmen der Expertenkommission „Nachhaltige Baulandmobilisierung und Bodenpolitik“ wurde eine gute Basis für eine das Gemeinwesen betonende Baulandpolitik gelegt. Der Freistaat und die kommunalen Spitzenverbände setzen sich weiterhin für eine Stärkung der Mobilisierungsinstrumente der Städte und Gemeinden ein. Nur durch das Zusammenwirken aller Akteure kann die Mobilisierung von Bauland wirkungsvoll befördert werden. Die Schaffung von Bauland soll dem Gemeinwohl dienen und die Eigentumsrechte privater Bauherren unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Vorgaben angemessen berücksichtigen.

  3. Die Bayerische Staatsregierung und die kommunalen Spitzenverbände sind sich einig, dass die Bereitstellung von Bauland auch mit einer flächen- und ressourcenschonenden städtebaulichen Entwicklung einhergehen muss. Sie setzen dabei auf Maßnahmen, die Bauherren, Planer und Genehmigungsbehörden in ihrem Wissen um einen umweltgerechten, flächensparenden, klimaschonenden und klimaangepassten Wohnungsbau stärken.

  4. Die kommunalen Spitzenverbände würdigen die Rolle des Freistaats als Impulsgeber und Partner für den Wohnungsbau. Sie heben hervor, dass verlässliche Rahmenbedingungen und eine hohe Mittelausstattung durch Bund und Land entscheidende Voraussetzungen sind, damit der geförderte Wohnungs- bau ausgeweitet werden kann. Der Freistaat hat auch im Jahr 2019 das Rekordniveau der Wohnraumförderung aus dem Jahr 2018 verstetigt.

  5. Um auch die Bezahlbarkeit des Wohnens zu sichern, bedarf es eines fairen Ausgleichs der Interessen von Vermietern und Mietern. Familien und Menschen mit mittlerem Einkommen müssen sich das Wohnen auch künftig noch leisten können. Gleichzeitig muss sichergestellt sein, dass Investitionen in den Wohnungsbau attraktiv bleiben. Es ist Aufgabe der Politik, im Mietrecht für einen entsprechenden Interessensausgleich zu sorgen. Deshalb sollen Mieter nach dem Verkauf einer Wohnung für bis zu drei Jahre vor Mieterhöhungen geschützt werden. Die Staatsregierung wird sich zudem dafür einsetzen, die Hürden für die Bekämpfung von offensichtlichem Mietwucher zu senken, den Bußgeldrahmen für Verstöße zu erhöhen und so dafür Sorge tragen, dass überhöhte Mieten leichter und effektiver geahndet werden können.

  6. Auch steuerliche Anreize können einen wichtigen Beitrag zu einem bedarfsgerechten Wohnungsbau leisten. Die Bayerische Staatsregierung befürwortet daher die befristete Einführung einer entsprechenden Sonderabschreibung, sieht aber darüber hinaus die Notwendigkeit, zeitnah eine Anschlussregelung zu verabschieden. Nur dann kann es zu einem für die nachhaltige Ausweitung der Bautätigkeit erforderlichen Kapazitätsaufbau in der Bauwirtschaft kommen. Ein besonderes Augenmerk ist dabei auf Maßnahmen zu richten, die dazu beitragen, den Flächenverbrauch zu reduzieren, wie z.B. die Überbauung von Parkplätzen. Darüber hinaus besteht die Notwendigkeit, wie von der Staatsregierung in einer Bundesratsinitiative gefordert, die Erschließung innerstädtischer Wohnraumpotenziale – etwa durch die Aufstockung bestehender Gebäude – steuerlich zu fördern. Eine bedarfsgerechte Wohnraumversorgung erfordert nicht zuletzt, bestehende Gebäude fit für die Zukunft zu machen. Da- her setzt sich die Bayerische Staatsregierung für eine steuerliche Förderung der energetischen Gebäudemodernisierung ein.

  7. Die Bayerische Staatsregierung setzt sich außerdem für Maßnahmen zur Entspannung des freien Entsorgungsmarkts für Bauabfälle und Bodenaushub ein, die zu einer Reduzierung der Kosten für die Entsorgung von Bauabfällen und Erdaushub führen. Hierzu gehört insbesondere die Fortschreibung des Verfüllleitfadens. Im Bundesratsverfahren für die Mantelverordnung fordert sie eine Länderöffnungsklausel, die es ermöglichen soll, den bewährten bayerischen Weg für die schadlose Verwertung von Bodenaushub weiter zu beschreiten.

© Alle Fotos: Bayerische Staatskanzlei außer Foto Prof. Dr. Gebbeken: Birgit Gleixner

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