07.05.2020 - München
Covid-19 hat die Wirtschaft komplett auf den Kopf gestellt. Arbeitgeber wie Arbeitnehmer standen von einem Tag auf den anderen vor völlig unerwarteten Herausforderungen. Die Bayerische Ingenieurekammer-Bau bot im März und April Webinare zu den Auswirkungen auf Ingenieurverträge, arbeitsrechtliche Fragen, Kurzarbeit und Quarantäne-Regelungen an. Hier haben wir Ihnen die häufigsten Fragen der Teilnehmer und die Antworten der Rechtsanwälte Dr. Hendrik Hunold, Dr. Andreas Staufer und Dr. Cornelia Stapff zusammengefasst.
Dr. Hunold: Die gewerblichen Tätigkeiten des Ingenieurs sind weiterhin möglich. Die Ausgangsbeschränkung des Bayerischen Gesundheitsministeriums vom 20.03.2020 verlangt in Ziffer 1 jedoch, dass Kontakte außerhalb des Angehörigenkreises auf ein absolut nötiges Minimum zu reduzieren sind und zwischen Personen ein Mindestabstand von 1,5 Metern einzuhalten ist. Wird dies gewährleistet, können Ingenieurstätigkeiten ausgeführt werden.
Dr. Hunold: Nach § 2 Abs. 1 der Baustellenverordnung sind der Bauherr, aber auch der Ingenieur als Arbeitgeber, verpflichtet, Maßnahmen des Gesundheitsschutzes auf der Baustelle zu treffen. Genaueres legen die technischen Arbeitsstättenregeln (ASR) fest. Die ASR 4.1 normiert die Vorgaben für „Sanitärräume“: fließend Wasser, Seife, Einmalhandtücher. Zusätzlich sollte erwogen werden, weitere solche Handwaschgelegenheiten in der Nähe der Arbeitsplätze zu schaffen. Alle Sanitärräume sollten zudem mindestens einmal am Tag gründlich gereinigt werden.
Wer von den Baubeteiligten nun vertraglich verpflichtet ist, diese Vorgaben umzusetzen, kann nicht pauschal beantwortet werden. Es richtet sich nach den vertraglichen Gegebenheiten. Ist z.B. die VOB/B vereinbart, obliegt derartiges grundsätzlich dem Auftraggeber (§ 4 Abs. 1 Nr. 1).
Dr. Hunold: Die Pflichten des SiGeKo folgen zunächst aus seinem Vertrag, aber auch aus § 3 Abs. 2 und Abs. 3 der Baustellenverordnung. Dabei ist vor allem die Sicherstellung der Arbeitsschutzvorschriften Grundlage seiner Tätigkeit (z.B. OLG Köln, Beschluss 23.11.2016, 3 U 97/16).
Bereits
aus Gründen der Rechtssicherheit sollte der SiGeKo daher tätig werden. Wie dies
geschehen kann, hat der SiGeKo in eigener Verantwortung zu erarbeiten. So geben
z.B. die Empfehlungen der Berufsgenossenschaft Bau einen ersten Leitfaden an
die Hand, wie in solchen Fällen vorgegangen werden kann (Stand März 2020).
(Hinweis: Beachten Sie dazu auch die Handlungshilfe der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau zum Umgang mit Covid-19 auf Baustellen in Bayern (Download).
Dr. Hunold: Grundsätzlich können Baufirmen ihre Tätigkeiten weiter ausführen. In der Leistungsphase 8 ist es hingegen Aufgabe des Ingenieurs, die Baufirmen anzuhalten, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Hierzu gehört es, sie formal zur ordnungsgemäßen und ausreichenden Besetzung der Baustelle aufzufordern, sobald Anhaltspunkte vorliegen, dass dies nicht der Fall ist. Es ist dann Sache der Baufirma die Gründe für ihre Behinderung konkret und einzelfallbezogen darzulegen. Auf dieser Grundlage sollte der Ingenieur mit seinem Auftraggeber dann das weitere Vorgehen festlegen. Besondere Bedeutung hat in diesem Zusammenhang vor allem das Führen des Bautagebuchs durch den Ingenieur. Es ist für seinen Auftraggeber von besonderer Bedeutung dafür, später ggf. gegen die Baufirmen Ansprüche aus „unberechtigter Behinderung“ geltend machen zu können.
Dr. Hunold: Es wird darauf ankommen, welche Bedeutung die jeweilige Entscheidung mit Blick auf die Tätigkeiten des Ingenieurs hat. So macht es z.B. einen Unterschied, ob Hauptleistungs- oder nur Nebenleistungspflichten betroffen sind.
Grundsätzlich sollte der Ingenieur dem Auftraggeber konkret schriftlich aufzeigen, welche Entscheidung er warum bis wann benötigt und welche Konsequenzen es für seine Leistung, den Bauablauf und in monetärer Hinsicht hat, wenn die Entscheidung nicht getroffen wird.
Dr. Hunold: Zunächst sollte eine Klarstellung erfolgen, dass die Folgen der Corona-Pandemie weiterhin unvorhersehbar sind, höhere Gewalt auslösen können, es künftig zu weiteren Ausbrüchen kommen kann und der Ingenieur sich weiterhin auf diese Umstände berufen kann.
Weiterhin sollten Neuverträge Regelungen enthalten, welche Folgen höherer Gewalt oder andere unabwendbare Umstände behandeln. Eine allgemeine Regelung wäre ein erster, aber wohl nicht ausreichender Schritt. Auch Regelungen zur Zahlung, Abrechnung, Leistungseinstellung, Umgang mit Schadensersatzansprüchen, Kündigungsmöglichen etc. sollten überdacht werden.
Dr. Stapff: Mitarbeiter der Kategorie I müssen in jeden Fall in Quarantäne. Das sind alle Personen, die engen Kontakt mit dem Infizierten hatten. Das wird auch das Gesundheitsamt so anordnen.
Kontaktpersonen der Kategorie II müssen nicht in häusliche Quarantäne, sollten aber vorsorglich nur noch in Einzelbüros oder von zu Hause aus arbeiten. Dies ist aber in der momentanen Situation ohnehin ratsam. Außerdem sind alle Mitarbeiter unverzüglich darüber in Kenntnis zu setzen, dass ein Kollege an Covid-19 erkrankt ist. Die Belegschaft muss auch über Vorsorgemaßnehmen informiert werden, um weiteren Erkrankungen vorzubeugen.
Dr. Staufer: Wenn arbeitsvertragliche, tarifliche oder betriebliche Regelungen fehlen - nein. Das Recht auf Homeoffice wird allerdings für die Zukunft diskutiert.
Wenn Homeoffice gewährt wird, sollten klare Regelungen definiert werden – zeitlich und räumlich. Der Arbeitgeber muss die erforderlichen Hilfsmittel stellen, damit das Arbeiten von zu Hause aus möglich ist. Empfehlenswert sind auch klare Regelungen für Nebenkosten wie Strom oder Telefongebühren, um späteren Streit zu vermeiden.
Dr. Staufer: Der Arbeitsplatz sollte an einem nicht einsehbaren Bereich aufgebaut werden. Der Mitarbeiter muss darauf achten, dass die Tür verschlossen ist, so dass der Bildschirm nicht einsehbar ist und Dritte geschäftliche Telefonaten nicht mithören können. Dokumente mit personenbezogenen Daten dürfen keinesfalls im normalen Hausmüll entsorgt werden.
Der Arbeitgeber sollte ein verschlüsseltes Netzwerk zu Verfügung stellen, um den Zugang Unbefugter auf das Firmen-Netzwerk zu verhindern. Auch bei Webmeetings-Tools müssen die Datenschutzrechte beachtet werden. Achten Sie auch darauf, in welchem Land die Daten gespeichert werden.
Dr. Stapff: Arbeitszeitguthaben müssen erst abgebaut werden, bevor Kurzarbeit beantragt wird. Anträge auf Kurzarbeit und Soforthilfen werden derzeit generell wohlwollend und schnell geprüft.
Aber
Achtung: Wer vorschnell Leistungen beantragt, läuft Gefahr, dass Zahlungen
später vom Staat zurückgefordert werden oder bei falschen Angaben sogar
Ermittlungsverfahren gegen beantragende Unternehmen eingeleitet werden.
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