16.06.2020 - Berlin
Mindestens 400.000 Stellen drohen bei den Freien Berufen wegzubrechen Dies ist ein Ergebnis einer repräsentativen Umfrage des Instituts für Freie Berufe (IFB) für den BFB unter mehr als 2.600 selbstständigen Freiberuflern zu den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie. BFB-Präsident Prof. Dr. Ewer fordert die Bundesregierung auf: „Weiter am Schutzschild schmieden, um keine zweite wirtschaftliche Corona-Welle anbranden zu lassen.“
Der Bundesverband
der Freien Berufe (BFB) hat zu den wirtschaftlichen Folgen der Corona Pandemie
eine repräsentative Umfrage durch das Institut für Freie Berufe (IFB) unter rund
2.600 selbstständigen Freiberuflern durchführen lassen.
Die wichtigsten Erkenntnisse dieser Umfrage:
„Die Lage ist für viele Freiberufler ausgesprochen ernst, knapp zwei Drittel der befragten Freiberufler sind massiv betroffen. Besonders gefährdet sind gerade junge Unternehmen, die seit 2019 gegründet wurden: Mehr als acht von zehn von ihnen sind stark oder sehr stark belastet. Auch kleine Freiberufler-Einheiten mit bis zu zehn Beschäftigten sind äußerst in Nöten. Das gründet in einem deutlichen Auftragsrückgang von über 50 Prozent, den jeder dritte Freiberufler verzeichnet. Das schlägt auf die Personalplanung durch: Hier blicken die Freien Berufe sehr skeptisch in die Zukunft. Nachdem bereits erste Stellen abgebaut werden mussten, sind mindestens 400.000 weitere Stellen in Gefahr“, so BFB-Präsident Prof. Dr. Wolfgang Ewer zu den Ergebnissen der Umfrage.
Ewer führt fort: „Die Bundesregierung hat in mehreren Schritten einen umfangreichen Maßnahmenmix an Instrumenten identifiziert und auf den Weg gebracht. So bitter es auch für jeden einzelnen Betroffenen ist, das Instrument des Kurzarbeitergeldes ist wertvoll. Ebenso hilfreich und logisch sind Stundungen gerade von Steuern. So wird Liquidität in den Unternehmen belassen und eben nicht abgezogen, um sie dann wieder mühsam herzustellen. Kulanz der Finanzämter zahlt sich aus – gerade in der Krise.
Allerdings muss die Bundesregierung angesichts der bereits sichtbaren Einschnitte und drohender Folgen weiter am Corona-Schutzschild schmieden, um möglichst viele Not leidende auch freiberufliche Unternehmen durch die Krise zu bringen.
Das jüngst geschnürte Konjunktur- und
Krisenbewältigungspaket der Koalitionspartner formuliert wichtige Impulse, die
zügig umzusetzen sind. Leider existieren hier noch Unwuchten: Statt der
ausgelaufenen Soforthilfe des Bundes soll nunmehr die geplante
Überbrückungshilfe Liquidität zuschießen. Allerdings setzen sich bei der
Überbrückungshilfe gravierende Webfehler der Soforthilfe des Bundes fort. So
droht sehr wohl eine zweite Welle der wirtschaftlichen Corona-Folgen gerade für
Freiberufler mit nachlaufender Rechnungslegung, dann, wenn bei ihnen Umsätze
durch krisenbedingt ausbleibende Aufträge zeitversetzt fehlen.
Hier muss nachjustiert werden: Auch Unternehmen, die mit Zeitverzug von zwei, drei Monaten, aber ebenso existenziell getroffen werden, dürfen nicht allein gelassen werden. Bislang sind nur Verluste, die in den Monaten April und Mai verzeichnet wurden und bis in den August fortdauern, Voraussetzung für die Beantragung der Überbrückungshilfe. Berücksichtigt werden sollten aber auch Verluste, die erst im Juni, Juli und August einsetzen, mindestens. Überdies sollte der Lebensunterhalt insbesondere im Bereich der Solo-Selbstständigen miteinbezogen werden, da hier eine starre Abgrenzung lebensfremd ist.
Darüber hinaus bleibt beim Kreditangebot weiterhin eine Mittelstandslücke bestehen: Der KfW-Schnellkredit gilt nur für Betriebe ab zehn Beschäftigten. So können Kleinstunternehmen nicht auf die zu 100 Prozent staatlich garantierte Kreditlinie der KfW zurückgreifen. Hier muss noch eine Lösung geschaffen werden.
Die Umfrage zeigt zudem, dass das Vertrauen in den digitalen Staat größer sein könnte. Wesentlich ist, dass der Staat handlungsfähig bleibt und seine Dienstleistungsfunktion auf Volllast stellt. Viele Verwaltungsleistungen sind für die Wertschöpfung existenziell. Die Krise ist eine Chance, Online-Lösungen voranzutreiben. Nur mit Hilfe der schnellen, umfassenden Digitalisierung sämtlicher Verwaltungsleistungen können wir Deutschland am Laufen halten, vor allem, wenn der Schutzkorridor sich noch über weitere Zeiträume erstrecken sollte.
Grundsätzlich gibt es keine Zeit zu verlieren. Gerade wer keine üppigen Rücklagen hat, wird nicht noch lange durchhalten können und vom Markt verschwinden. Es geht um eine wertvolle Struktur und wirtschaftliche Kultur, deren Verlust einen fundamentalen Schaden für unseren Standort, der eben mittelständisch geprägt ist, bedeuten würde. Überdies gilt es die wirtschaftlichen Folgen bestmöglich abzufedern, um die hiesige Gründerkultur nicht nachhaltig zu schädigen.“
Download
Jeden vierten Freiberufler (24,5 Prozent) trifft die Krise sehr stark, mehr als jeden Dritten (37,3 Prozent) stark, rund 33,7 Prozent spüren die Krise kaum, 4,5 Prozent kommen bisher ungeschoren davon.
Betrachtet nach den vier Säulen sind die freien Kulturberufe am stärksten betroffen, drei von vier trifft die Krise stark oder sehr stark, gefolgt von den freien Heilberufen, hier sind gut zwei Drittel besonders betroffen, bei den rechts-, steuer- und wirtschaftsberatenden Freiberuflern gilt dies für rund jeden Zweiten und bei den technisch-naturwissenschaftlichen Freiberuflern für knapp jeden Zweiten.
Kleine Freiberufler, die bis zu zehn Mitarbeiter beschäftigen, stehen mehr unter Druck als größere Unternehmen. Freiberufler mit bis zu fünf Mitarbeitern sind überdurchschnittlich betroffen, 28,6 Prozent sind sehr stark, 38,1 Prozent stark getroffen. Ähnliche Werte gibt es mit 12,7 beziehungsweise 50,3 Prozent für Freiberufler mit zwischen sechs und zehn Mitarbeitern.
Überdies sind gerade junge Unternehmen, die ab 2019 gegründet wurden, überdurchschnittlich stark betroffen: 71,8 Prozent sind sehr stark und 9,2 Prozent stark betroffen.
Aktuell
Für fast jeden dritten Freiberufler (29,5 Prozent)
ist der bereits entstandene wirtschaftliche Schaden existenzbedrohend, für 70,5
Prozent nicht. Betroffen sind gerade ganz junge Unternehmen ab dem
Gründungsjahr 2019, mehr als jedes Dritte (72,3 Prozent) kämpft um seine
Existenz. Massive Sorgen plagen überdies gerade kleine Einheiten (32,2 Prozent)
mit bis zu fünf Mitarbeitern.
Im nächsten Halbjahr
Mehr als jeder Zehnte (11,6 Prozent) befürchtet,
die kommenden sechs Monate nicht bestehen zu können, 27,3 Prozent können ihre
Überlebenswahrscheinlichkeit derzeit nicht einschätzen, 61,1 Prozent gehen
davon aus, fortzubestehen. Wiederum ganz junge Unternehmen (70,2 Prozent)
befürchten, sich binnen des kommenden halben Jahres nicht am Markt halten zu
können. Auch kleine Einheiten mit bis zu fünf Mitarbeitern sind
überproportional betroffen (13,7 Prozent).
2021
Selbst der Zeithorizont ist verdunkelt: Weitere 7,8
Prozent erwarten, das Jahr 2021 nicht überstehen zu können, 34,7 Prozent können
dies derzeit nicht abschätzen. Wiederum ganz junge Unternehmen befürchten, sich
nicht am Markt halten zu können (36,4 Prozent). Auch kleine Einheiten mit bis
zu fünf Mitarbeitern sind überproportional betroffen (9,2 Prozent).
Jeder dritte Freiberufler hat massive Einbußen: Jeder Fünfte (20,4 Prozent) verzeichnet aktuell einen Auftragsrückgang zwischen über 75 und 100 Prozent. Bei 12,4 Prozent der Freiberufler sind zwischen 50 und 75 Prozent weggebrochen. Bei 23,4 Prozent liegen die Rückgänge bei über 25 bis zu 50 Prozent, 27,9 Prozent fehlen über fünf bis zu 25 Prozent. Rückgänge bis zu fünf Prozent geben 15,9 Prozent an.
Hiervon sind gerade ganz junge Unternehmen ab Gründungsjahr 2019 betroffen, 41 Prozent haben über 75 Prozent ihrer Aufträge verloren. Überdurchschnittlich betroffen sind mit 24,7 Prozent auch kleine Einheiten mit bis zu fünf Mitarbeitern.
Aktuell
Neun von zehn Freiberuflern waren bisher nicht zu
Entlassungen gezwungen (91,3 Prozent). Knapp jeder Zehnte (8,7 Prozent) indes
doch. Dies trifft besonders diejenigen Freiberufler, die zwischen zehn und 49
Mitarbeiter beschäftigen, hier sind es mit 15,6 Prozent nahezu doppelt so viele
wie insgesamt.
Perspektivisch
Perspektivisch gehen 82,3 Prozent der Freiberufler
davon aus, ihre Teams weiterbeschäftigten zu können, 17,7 Prozent befürchten
das Gegenteil. Wenig zuversichtlich sind hier Freiberufler mit 50 Beschäftigten
und mehr, hier befürchtet jeder Zweite (52,2 Prozent) tiefe Einschnitte.
Am häufigsten nutzten die Freien Berufe die Soforthilfen der Länder (24 Prozent), gefolgt von der Soforthilfe des Bundes (22,1 Prozent), Steuerstundungen (19,5 Prozent) und dem Kurzarbeitergeld (14,7 Prozent). Der KfW-Unternehmerkredit hingegen wurde kaum nachgefragt (3,2 Prozent), der KfW-Schnellkredit (0,4 Prozent) und der KfW-Kredit für junge Unternehmer (0,4 Prozent) noch seltener.
Abgelehnte Anträge werden im Rahmen der Soforthilfe des Bundes kaum genannt (1,7 Prozent). Bei den Soforthilfen der Länder ist der Wert mit 5,3 Prozent etwas höher.
Die Soforthilfe des Bundes ist gerade für Markteinsteiger wichtig. Jeder dritte Freiberufler, der seit 2019 am Markt ist, hat dies genutzt, (32,9 Prozent).
Das Kurzarbeitergeld wird besonders häufig von Freiberuflern mit fünf bis zehn Mitarbeitern genutzt. Fast jeder Zweite greift darauf zurück.
Als hilfreich oder sogar sehr hilfreich bewerten
die Freiberufler das Kurzarbeitergeld (57,5 Prozent), gefolgt von
Steuerstundungen (53,2 Prozent), den Soforthilfen der Länder (50,8 Prozent),
der Stundung von Sozialversicherungsbeiträgen (45,5 Prozent), der Stundung von
Darlehen (44,6 Prozent), der Soforthilfe des Bundes (44,5 Prozent) und dem
Schadensersatz nach Infektionsschutzgesetz (43,5 Prozent).
Weniger gut (30,5 Prozent) kommen die Entschädigung für Verdienstausfall (ALG II/Grundsicherung), der KfW-Schnellkredit (24,6 Prozent), der KfW-Unternehmerkredit (23,6 Prozent) und der KfW-Kredit für junge Unternehmer (18,8 Prozent) an.
Bei der Soforthilfe des Bundes wird besonders kritisiert, dass Kosten für den Lebensunterhalt nicht erfasst sind (72 Prozent) und Umsätze/Liquidität erst zeitversetzt wegbricht (60,6 Prozent). Ein ähnliches Bild zeichnet sich bei den Soforthilfen der Länder ab.
Hinsichtlich der Entschädigung für Verdienstausfall (ALG II/Grundsicherung) bemängeln 26,8 Prozent derjenigen Freiberufler, die sie beanspruchen, eine zu langwierige Bearbeitung und 17,1 Prozent einen zu hohen Aufwand.
Mit Blick auf den KfW-Unternehmerkredit wird hauptsächlich eine Neuverschuldung gescheut (79,5 Prozent). Knapp jeder Dritte (29,1 Prozent) identifiziert einen restriktiven Umgang der Hausbanken. Beim KfW-Schnellkredit steht die Sorge vor Verschuldung ebenfalls an erster Stelle (66,5 Prozent), gefolgt vom restriktiven Umgang der Hausbanken (24,3 Prozent). Beim KfW-Kredit für junge Unternehmer will sich ein Großteil (42,9 Prozent) ebenfalls nicht weiter verschulden, einen restriktiven Umgang nennen hier 27,2 Prozent.
Die Leistung der öffentlichen Verwaltung wird
differenziert bewertet: Die Erreichbarkeit stuften 12,2 Prozent als sehr
schlecht und 16,1 Prozent als schlecht ein. Damit war fast jeder Dritte
deutlich unzufrieden.
Das Arbeitstempo beurteilten 7,5 Prozent als sehr
schlecht und 16,3 Prozent als schlecht. Damit war fast jeder Vierte
offensichtlich unzufrieden.
Die Bearbeitung bereits vorliegender Verfahren bewerteten 9,2 Prozent als sehr schlecht und 15,5 Prozent als schlecht. Fast jedem Vierten dauerte dies also deutlich zu lange.
Quelle: Bundesverband der Freien Berufe (BFB); © Fotos: iXimus / Pixabay.com
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