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Fünf Antworten zur Absenkung der Umsatzsteuer

Rechtsanwalt Robert Tille geht auf die wichtigsten Fragen ein

05.08.2020 - München

Fünf Antworten zur Absenkung der Umsatzsteuer

Zur Bekämpfung wirtschaftlicher Folgen der Corona-Pandemie hat der Gesetzgeber die Umsatzsteuer befristet vom 01.07. bis 31.12.2020 von 19% auf 16% (bzw. 7% auf 5%) abgesenkt. Der Aufwand für Ingenieurbüros ist groß, der Nutzen fraglich. Unser Referent Robert Tille beantwortet hier die wichtigsten Fragen der Teilnehmer unseres Online-Seminares vom 14. Juli 2020.

RA Robert Tille
RA Robert Tille

„Braucht´s des?“ Diese Fragen stellen sich viele Unternehmer. Die Vorbereitung und Durchführung einer solchen Maßnahme im Ingenieurbüro bedeutet immensen Aufwand. Der Nutzen ist fraglich. Rechnungsschreibung und -prüfung wird für einen kurzen Übergangszeitraum enorm aufwändiger.

Unser Referent, Rechtsanwalt Robert Tille, hat unseren Mitgliedern im Online-Seminar vom 14.07.2020 einen Überblick über die Regelungen verschafft und die damit einhergehenden Pflichten aufgezeigt und erste Handlungsanweisungen gegeben.

Im Nachgang zu diesem Online-Seminar hat Herr Tille die wichtigsten Fragen gesammelt, die sich aus dem Teilnehmerkreis ergeben haben oder von Mitgliedern an die Kammer herangetragen wurden und die entsprechenden Antworten dazu aufbereitet.

1. Ist die USt-Absenkung verpflichtend oder können Vertragspartner sich - abweichend von der gesetzlichen Neuregelung nebst Ausnahmen dazu - auf die Weitergeltung von 19% USt auch im 2.Halbjahr 2020 einigen?

Die temporäre USt-Absenkung ist gesetzlich in § 28 UStG geregelt und daher verpflichtend. Sofern Vertragspartner sich auf die vermeintliche Weitergeltung von 19% USt auch im 2.Halbjahr 2020 einigen wollten, wäre dies „ungesetzlich“. Die Folge wäre eine unzutreffende Rechnung und die Versagung des Vorsteuerabzugs von 19% und stattdessen nur ein Vorsteuerabzug von 16% für den Rechnungsempfänger (BFH-Urteil v. 19.11.2009, Az. V R 41/08).

Der Rechnungsaussteller muss den unzutreffenden USt-Satz von 19% an das Finanzamt abführen (§ 14c Abs. 1 UStG). Ein Betriebsprüfer könnte wohl auch nach mehreren Jahren noch die Korrektur der Rechnung fordern.

2. Kann bei der Rechnungsprüfung ein Hinweis des Bauingenieurs erfolgen, dass die USt nicht geprüft wurde?

Dem Empfänger obliegt es beim Eingang von Rechnungen, diese auf sachliche, rechnerische und preisrechtliche Richtigkeit zu prüfen. Dabei gilt es, eine Reihe von Aspekten zu beachten (bei öffentlichen Bauaufträgen nochmals weitere Vorgaben). Ein Bestandteil der Rechnungsprüfung ist es, die Pflichtangaben gemäß § 14 und § 14a UStG für eine ordnungsgemäße Rechnung (und den damit einhergehenden Vorsteuerabzug) zu prüfen, wie etwa Name und Anschrift des Auftraggebers und Auftragnehmers, Ausstellungsdatum, fortlaufende Nummerierung, Zeitraum der Leistungserbringung etc.. Auch der USt-Satz gehört dazu.

Jedoch wäre es aus meiner Sicht zu weitgehend, wenn auch die zielsichere Feststellung, ob in jedem Einzelfall 16% oder 19% zutreffend sind, angesichts diverser Zweifelsfragen der temporären Neuregelung dem die Rechnung prüfenden Bauingenieur aufgebürdet würde. Es sollte im Rahmen der Rechnungsprüfung zumindest kontrolliert werden, ob der ausgewiesene Steuersatz angesichts des Zeitpunkts der Leistungserbringung plausibel ist. Der Bauingenieur schuldet aber keine Steuerberatung und sollte dem Bauherrn daher in Zweifelsfällen empfehlen, seinen Steuerberater zu konsultieren.

Die Bayerische Ingenieurekammer Bau (Frau Monika Rothe) führt hierzu ergänzend folgendes aus:
Rechtsprechung die sich mit der Thematik der Prüfung von steuerrechtlichen Aspekten im Rahmen der Rechnungsprüfung befasst, ist sehr dünn gestreut.  Zwar findet sich ein Urteil eines Landgerichts (LG Hannover, Urteil vom 05. Juli 2017 – 14 O 236/16), in dem aber leider einerseits ausgeführt wird, dass eine steuerlich Beratung nicht geschuldet wird, dann aber auch eine Ausnahme für die Mehrwertsteuer gemacht wird. Begründung: „Die Feststellung der 19 %igen Mehrwertsteuer erfordert überhaupt keine steuerrechtlichen oder sonstigen fachlichen Kenntnisse, sodass aus dieser selbstverständlichen Aufgabe keine komplexeren Pflichten hergeleitet werden können, die nähere steuerrechtliche Kenntnisse erfordern“.

Geschuldet ist grundsätzlich die fachliche und rechnerische Prüfung der Rechnung, also ob die abgerechneten Preise den vereinbarten Preisen entsprechen, ob die Mengen dem Aufmaß entsprechen, ob Leistungen vollständig und ordnungsgemäß erbracht wurden und ob vereinbarte Skontoabzüge, Rabatte, Abschläge u.ä. korrekt aufgeführt sind. Eine steuerliche Beratung ist jedoch unserer Auffassung nach nicht im Pflichtenkreis enthalten. Da die Rechtsprechung aber im Regelfall sehr strenge Maßstäbe bezüglich der Haftung vorsieht, kann durchaus damit gerechnet werden, dass zumindest bei offensichtlich unplausiblen Ansätzen (z.B. bezüglich des Leistungszeitraums/Abnahme und der dafür angesetzten USt) oder auch bei offensichtlichen formalen Fehlern, eine Hinweispflicht in Frage kommt.

Soweit möglich, wäre deshalb im Vertrag zu vereinbaren, dass bei der Leistung der Rechnungsprüfung die steuerlichen Aspekte explizit ausgeschlossen werden.

Sollte dies nicht möglich sein, so wäre zu empfehlen, die Hinzuziehung eines Steuerberaters anzuraten, auf offensichtliche Fehler hinzuweisen und es zu vermeiden, dem Auftraggeber zu signalisieren, dass eine Prüfung in steuerrechtlicher Sicht vorgenommen wurde (z.B. durch Abhaken der Steuersätze).

3. An sich alle Leistungen im Projekt wurden vor 01.07.2020 erbracht. Lediglich die Abnahme und Übergabe von Dokumentation erfolgte im Juli 2020 (Abwandlung: im August 2020). Kann die Schluss-Rechnung angesichts der Abschlags-/ Teilrechnungen auch mit 19% USt erstellt werden?

Hinsichtlich weniger Stunden, die kurz nach der USt-Absenkung angefallen sind, gibt es nach aktueller Ansicht dennoch keine „Geringfügigkeitsgrenze“ oder „Nichtaufgriffsgrenze“ o.ä., unterhalb derer die Rechnungstellung mit den bisherigen 19% seitens der Finanzverwaltung geduldet würde. Und man sollte auch nicht darauf spekulieren, dass ein Finanzamts-/Betriebsprüfer oder gar ein USt-Sonderprüfer solche Fälle auch Jahre später nicht ausfindig machen würde. Die Prüfsoftware der Finanzämter ist mittlerweile sehr ausgetüftelt, auch was Sonderfälle betrifft.

Allerdings könnte eine Ausnahme vorliegen, die das Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 30.06.2020 vorsieht. In Randziffer 46 ist dort folgendes vorgesehen:

„3.12 Zu hoher Umsatzsteuerausweis in der Unternehmerkette
Hat der leistende Unternehmer für eine nach dem 30. Juni 2020 und vor dem 1. August 2020 an einen anderen Unternehmer erbrachte Leistung in der Rechnung den vor dem 1. Juli 2020 geltenden Steuersatz (19 Prozent anstelle von 16 Prozent bzw. 7 Prozent anstelle von 5 Prozent) ausgewiesen und diesen Steuerbetrag abgeführt, wird es aus Vereinfachungsgründen nicht beanstandet, wenn der Unternehmer in den Rechnungen den Umsatzsteuerausweis nicht berichtigt. Einem zum Vorsteuerabzug berechtigten Leistungsempfänger wird aus Gründen der Praktikabilität aus derartigen i.S. von § 14c Abs. 1 UStG unrichtigen Rechnungen auch für die nach dem30. Juni 2020 und vor dem 1. August 2020 seitens eines Unternehmers erbrachte Leistung ein Vorsteuerabzug auf Grundlage des ausgewiesenen Steuersatzes gewährt. Für Umsätze, für die der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b UStG schuldet, gilt dies entsprechend für die vom Leistungsempfänger berechnete Steuer.“

In der Grundfrage (Abnahme / Doku im Juli 2020) könnte es also bei den 19% USt bleiben, wenn auch der Rechnungsempfänger ein Unternehmen ist.

In der Fall-Abwandlung (Abnahme/ Doku im August oder spätestens bis 31.12.2020) müssen 16% USt zur Anwendung kommen in der Schlussrechnung. Der Rechnungsempfänger hat dann aufgrund der Abschlagsrechnungen mit 19% im Ergebnis eine Überzahlung betreffend der USt getätigt.

Wenn der Rechnungsempfänger kein Unternehmer ist, kommt in beiden Fallvarianten (Abnahme/ Doku im Juli oder zwischen 01.08 und 31.12.2020) der USt-Satz von 16% zur Anwendung.

4. Was gilt bei vereinbartem Pauschalhonorar?

Hier kommt es darauf an, ob ein Brutto- oder ein Netto-Pauschalhonorar vereinbart wurde. Wurde zur USt gar nichts vereinbart, liegt ein Brutto-Pauschalhonorar vor. Die USt-Absenkung im 2.Halbjahr würde sich dann zu Gunsten des Leistungserbringers auswirken. Wurde das Brutto-Pauschalhonorar im 2. Halbjahr 2020 erstmals vereinbart und die Leistungserbringung erfolgt nach 31.12.2020, geht die zu erwartende Rückkehr zu 19% USt ab 01.01.2021 zu Lasten des Leistungserbringers.

Es empfiehlt sich daher, ausdrücklich schriftlich zu vereinbaren, dass die im Zeitpunkt der Leistung geltende gesetzliche USt zum pauschalen Nettoentgelt oben drauf hinzukommt.

5. Ist es zu erwarten, dass die temporäre USt-Absenkung in 2021 verlängert wird?

Der Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat am 03.08.2020 in Interviews mit staatlichen Rundfunksendern verlautbart, dass eine Verlängerung der USt-Absenkung über 31.12.2020 hinaus nicht erfolgen wird. Nach dem Corona-Lockdown im 1.Halbjahr 2020 solle der Impuls für die Wirtschaft durch die USt-Absenkung nur im 2. Halbjahr 2020 gelten. Eine Kernaussage von ihm lautete: „Wichtig ist, dass man am Anfang sagt, wann Schluss ist.“

Disclaimer
Diese FAQ-Liste soll eine Zusammenfassung von Fragen und Antworten bieten und den Lesern den aktuellen Stand der Diskussion nahebringen. Die temporäre USt-Absenkung im 2. Halbjahr 2020 ist ein sehr komplexer und im Einzelfall höchst individueller Vorgang, der nur unter Zugrundelegung der jeweiligen Prämissen des Einzelfalles sachgerecht geprüft und beantwortet werden kann. Sämtliche Antworten wurden mit größter Sorgfalt nach aktuell geltender Rechtlage zusammengestellt. Eine Haftung kann aus vorstehenden Gründen sowie aufgrund sich ständig ändernder gesetzlicher Vorschriften, Erlasse, Richtlinien etc. seitens der Finanzverwaltung jedoch nicht übernommen werden. Diese FAQ-Liste ersetzt keine Rechts- und Steuerberatung!


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Zur Absenkung der Umsatzsteuer ab dem 1. Juli 2020 gibt es einen ersten Anwendungserlass des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) sowie ein Merkblatt des Bundesinnenministeriums (BMI) vom 30.06.2020 zur Umsatzbesteuerung in der Bauwirtschaft. Letzteres ist noch nicht abschließend auf den aktuellen BMF-Anwendungserlass abgestimmt, sondern orientiert sich an einem BMF-Schreiben aus dem Jahr 2009. Eine Anpassung des BMI-Merkblatts ist jedoch seitens des Bauministeriums bereits angekündigt.

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© Grafik: pict rider / Adobe Stock; Foto Robert Tille: RT Kanzlei für Recht und Steuer Robert Tille; Gerd Amltmann / Pixabay.com; wsf-s/Shutterstock

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