30.10.2020 - München
Die Wirtschaft 5.0, die klimaneutral und ressourcenschonend Wohlstand generiert, sieht Vorstandsmitglied Dr. Markus Hennecke als die große Herausforderung dieser Tage. In der aktuellen Vorstandskolumne für die Bayerische Staatszeitung fordet Hennecke einen wirtschaftspolitischen Paradigmenwechsel und appelliert an alle Ingenieurinnen und Ingenieure, ihr Know-how einzubringen.
Geht nicht! – Das ist der Speck, mit dem Ingenieur*innen aus dem Mauseloch gelockt werden können. Wir leben in erstaunlich transformatorischen Zeiten. Das was heute Stand der Technik ist, wird sich in wenigen Jahren im Deutschen Museum wiederfinden. Dies erfordert Bereitschaft und Willen, sich mit technologischen Fragen auseinanderzusetzen, die wir heute noch als nicht durchführbar ansehen.
Bauen besonders betroffen
Der Baubereich ist davon besonders stark
betroffen. Unsere Werke haben eine viel längere Lebensdauer und Haltbarkeit als
übliche Konsumprodukte. Geänderte Anforderungen müssen sehr früh adaptiert
werden, damit sie in Jahrzehnten ihre Wirkung entfalten.
Die größten technischen Herausforderungen ergeben sich aus der Aufgabenstellung, menschenwürdiges Leben zu ermöglichen, in einer Welt, deren nutzbare Ressourcen abnehmen, deren Bevölkerung zumindest bis zum Ende dieses Jahrhunderts wächst und deren Klima sich durch die Absorption von chemischen Substanzen in der Atmosphäre verändert mit der Folge der nachhaltigen Gefährdung menschlichen Lebens. Die Art und Weise, wie wir heute bauen, fördert die nachteilige Entwicklung. Der Bausektor trägt einen großen Anteil an CO2-Emissionen und Abfallmengen.
Herausforderungen auf höchstem Niveau
Dies zu ändern, sind technische
Herausforderungen auf höchstem Niveau. Sie fordern die am Bau tätigen
Ingenieur*innen heraus. Wir müssen breit gefächert denken. Es genügt nicht,
Beton durch Holz zu ersetzen. Die Ideen müssen weiter tragen.
Einer der
effizientesten Ansätze ist, Bauwerke möglichst lange zu nutzen. Das betrifft
einerseits den Umbau und die Sanierung von Bestandsgebäuden und andererseits
die Planung von Neubauten. Tragwerksplaner*innen und Architekt*innen sind aufgerufen,
flexible Tragstrukturen zu planen, die über ihre originären Nutzungen
hinausgehen.
Ressourceneinsatz und Klimaneutralität
Im Tragwerksentwurf werden künftig nicht nur
wie bisher Standsicherheit und Gebrauchstauglichkeit nachzuweisen sein, sondern
auch das Optimum des Ressourceneinsatz und Klimaneutralität. Forschung,
Baustoffindustrie und Baustoffhandel sind aufgefordert, Baustoffe und
Fügungstechnologien zu entwickeln, die eine wiederholte Verwendung von
Produkten ermöglichen.
Bauprodukte müssen Jahrhunderte überdauern. Die wiederholte Verwendung von Produkten in gleicher Qualität wird unter dem Begriff cradle to cradle behandelt. Auch die primäre Produktion von Baustoffen wie Beton und Stahl gilt es zu revolutionieren. So, dass Rohstoffeinsatz, Energieverbrauch und CO2-Ausstoß gegen Null gehen.
Bildung und Know-How
Wir leben auf einem Kontinent, der uns nur
noch wenig Rohstoffe zur Verfügung stellen kann. Es ist gesellschaftlicher
Konsens, dass Bildung und Know-How unsere Ressourcen sind. Also fangen wir an
und setzen es um. Damit das, was vielleicht nach Utopie klingt, Realität wird.
Vermeintlich utopische Ideen sind Know-How und Bildung pur.
Es ist nicht zu
vermeiden, dass sich dadurch unsere Wirtschaft verändert. Es werden vertraute
Player die Bühnen verlassen und neue kommen. Das ist im Einzelfall durchaus
tragisch, aber es ist der Kern unseres Wirtschaftssystems und sorgt für die
notwendige Dynamik.
Wirtschaftspolitischer Paradigmenwechsel
Ein wirtschaftspolitischer Paradigmenwechsel
ist notwendig. Alte Gäule werden in Deutschland leider oft totgeritten und ihr
Leben mit Subventionen verlängert. Wenn es arg kommt, werden neue Technologien,
die sich in anderen Teilen der Welt bereits etabliert haben, mit Subventionen
nachgefördert.
Das ist der falsche Weg. Seit Beginn der Industrialisierung werden die Epochen durchgezählt. Aktuell sprechen wir von Industrie 4.0. Der nächste Schritt zur Wirtschaft 5.0, die klimaneutral und ressourcenschonend Wohlstand generiert, steht an. Nehmen wir unseren Mut zusammen und beginnen mit Veränderungen. Die Zeit drängt.
Große Chancen im Baubereich
Bayern soll nach dem Willen der Staatsregierung bis 2040 klimaneutral sein. Nicht nur für Ingenieur*innen in Planung und Forschung, sondern für Menschen aus unterschiedlichsten Branchen ergeben sich Chancen zur wirtschaftlichen Entfaltung im Baubereich. Die Chancen überwiegen die Risiken. Als Bayerische Ingenieurekammer-Bau freuen wir uns darauf. Unsere Branche kann jungen Menschen spannende Lebensaufgaben mitgeben.
Kolumne von Dr.Ing. Markus Hennecke, Vorstandsmitglied der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau, veröffentlicht in der Bayerischen Staatszeitung vom 30.10.2020.
Kolumne in der Bayerischen Staatszeitung
Die Bayerische Ingenieurekammer veröffentlicht einmal im Monat eine Kolumne zu aktuellen Themen in der Bayerischen Staatszeitung. Hier nehmen die Mitglieder des Vorstands der Kammer Stellung zu Themen aus Bauwesen, Politik und Gesellschaft.
Hier haben wir Ihnen alle Kolumnen zum Lesen oder als Download bereitgestellt.
Die Social Media Buttons oben sind datenschutzkonform und übermitteln beim Aufruf der Seite noch keine Daten an den jeweiligen Plattform-Betreiber. Dies geschieht erst beim Klick auf einen Social Media Button (Datenschutz).
Jetzt Newsletter abonnieren!
Sustainable Bavaria
Nachhaltig Planen und Bauen
Digitaltouren - Digitalforen
Netzwerk junge Ingenieure
Werde Ingenieur/in!
www.zukunft-ingenieur.de
Veranstaltungstipps
Einheitlicher Ansprechpartner
Berufsanerkennung
Professional recognition
Bayerische Ingenieurekammer-Bau
Körperschaft des öffentlichen Rechts
Schloßschmidstraße 3
80639 München