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Sanierung der Pfarrkirche St. Ulrich in Ebersbach

Projekt vom Kammermitgliedern in der Bayerischen Staatszeitung

05.03.2021 - München

Sanierung der Pfarrkirche St. Ulrich in Ebersbach

Unter dem Motto "Kein Ding ohne Ing." stellt die Bayerische Staatszeitung auf einer Sonderseite regelmäßig spannende Projekte von Kammermitgliedern vor. Im neuesten Artikel berichten Jürgen Sperlich der fhs ingenieur-gmbH und Christian Eger vom Architekturbüro Eger über die Sanierung der Pfarrkirche St. Ulrich in Ebersbach. Lesen Sie hier den Artikel oder reichen Sie gleich selbst ein Projekt ein.

Massivste Dachstuhlverformungen

Die Pfarrkirche St. Ulrich in Ebersbach ist Zeugnis einer wechselvollen Veränderungsgeschichte. Im Kern um 1470 erfolgt mit der Barockisierung 1720-30 der Rückbau vorhandener Flachdecken, die Erhöhung der Umfassungsmauern und der Einbau neuer Putzgewölbedecken. Heute präsentiert sich der Innenraum im eingezogenen Chor mit einer flachen Tonne über einer umlaufenden Kehle, im Langhaus ist eine durch breite seitliche Kehlen mit Gesimsen im Schnitt kleeblattbogige Tonne vorhanden. Beide Deckengewölbe wurden als Holzspantengewölbe ausgeführt, deren Konstruktionen weit in den Dachraum hineinragen.

Der mit den Umbauarbeiten der Jahre 1720-30 verbundene Rückbau der Zerrbalkenlage führte im Laufe der Jahre zu massiven Dachstuhlverformungen. Durch die unkontrollierte Krafteinleitung wurden die Umfassungswände an den Dachfußpunkten im Laufe der Jahrhunderte jeweils bis zu 60 cm nach außen gedrückt. Vorangegangene Sanierungsmaßnahmen erwiesen sich als unwirksam.

Aufwändige Voruntersuchungen im Vorfeld der Sanierungsmaßnahme ließen keine außergewöhnlichen Probleme erwarten, weshalb sowohl aus statisch-konstruktiver als auch aus restauratorischer Sicht von einer konservatorischen Maßnahme mit erhöhtem Anspruch an die Tragwerksplanung ausgegangen wurde.

Hohe Gefährdung

Dies erwies sich jedoch als Trugschluss, da nach Baubeginn und Freilegung bisher nicht zugänglicher Bereiche das tatsächliche Schadensausmaß nach und nach zu Tage trat. Massivste Dachstuhlverformungen mit Durchbiegungen der Sparren bis zu 40 cm, gravierende Fäulnisschäden an tragenden Holzkonstruktionsteilen, Schädlingsbefall durch Hausschwamm sowie erhebliche Verankerungsdefizite mächtiger Gesimsteile, Gurtbänder und figürlicher Ausstattung stellten im Nachhinein betrachtet in der Gesamtheit ein Standsicherheitsproblem und eine hohe Gefährdungslage für das Bauwerk und damit auch für den Kirchenbesucher dar. Unkonventionelle Lösungsansätze waren die Folge.

Alternativ zu sichtbaren Zugstangen zur Aufnahme der horizontal gerichteten Dachschubkräfte wurde ein Sicherungssystem mit subsidiären Tragelementen bestehend aus neuen Sprengwerken mit schräg und tangential über dem Holzspantengewölbe verlaufenden Zugstangen zwischen die historischen Binderkonstruktionen eingebaut. Diese wurden über die gesamte Trauflänge mit parallel zu den historischen Mauerlatten verlaufenden Stahlträgern verbunden. Die Notwendigkeit der Stahlträger – welche auch für sichtbare Zugstangen im Innenbereich erforderlich gewesen wären - erforderte aus Platzgründen den Rückbau sämtlicher äußerer Traufgesimse aus Vollziegelmauerwerk und dessen Ersatz durch ein profilgleiches Holzgesims in Lattenkonstruktion, welches mit Putzträgern versehen und verputzt wurde.

Die Unterkonstruktion des im Kern noch aus dem 18. Jhd. stammenden Gurtgesimses im Chorraum war massiv durch Hausschwamm sowie Fäulnis geschädigt, wodurch das auskragende Gesims akut absturzgefährdet war. Bedingt durch den desolaten Allgemeinzustand mussten sowohl die Unterkonstruktion mit Stichlingen, Spanten als auch der obere Bereich des Gesimses mit hölzernem Gesimskasten und der unmittelbar angrenzende Kehlenbereich mit Putzlatten im Zuge der Dachstuhlinstandsetzung erneuert werden. Teilbereiche wie die nach unten abschließende, erhaltene massive Gesimssubstanz wurde mit einer Schraubensicherung an den Spanten kraftschlüssig rückverankert.

Struck aus Strohgeflechten

Als „einmalig in Bayern in der jüngeren Geschichte der Denkmalpflege“ können die umgesetzten Maßnahmen an dem jeweils auf ca. 20 m Länge durchlaufenden, mächtigen Stuckprofil am Übergang der Putzgewölbetonne in die beiden Kehlen des Langhauses bezeichnet werden. Die Stuckprofile bestanden in ihrem Kern aus Strohgeflecht mit nur wenigen Nagelverankerungen an der Holzkonstruktion und stellten somit ein erhöhtes Sicherheitsrisiko dar. Die Erneuerung der beiden Profile wurde als alternativlos beschlossen. Die neuen Profile bestehen nun aus statisch ausgebildetem Holzkern und formaler Ausbildung mit Leinen und Epoxydharz, was in der Kombination der verwendeten Materialien auch im Sinne der Gewichtsersparnis ein Alleinstellungsmerkmal darstellt.

Objekt
Katholische Pfarrkirche St. Ulrich Ebersbach

Standort
Ebersbach

Bauzeit
2016-2019

Bauherr
Katholische Kirchenstiftung St. Ulrich Ebersbach

Architekten + Ingenieure
fhs ingenieur-gmbh
Architekturbüro Eger

(© Fotos: Architekturbüro Eger, Marktoberdorf)

Artikel zum Download


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