05.03.2021 - München
Es geht um ein hochwissenschaftliches Hightech-Wettrennen – und zwar unter der Erde. Die Studierendengruppe TUM Boring beteiligt sich am vom US-Milliardär Elon Musk ausgeschriebenen Wettbewerb zur Entwicklung der schnellsten Tunnelbohrmaschine der Welt. Und zwar erfolgreich: TUM Boring hat sich für das Finale in Kalifornien in diesem Sommer qualifiziert. Haokun Zheng, einer der Teamleiter, erklärt im Interview, welche Herausforderungen die Studierenden meistern müssen.
Worum geht
es bei „Not-a-Boring Competition“?
Der Wettbewerb besteht darin, einen 30 Meter langen Tunnel mit einem
Durchmesser von einem halben Meter zu bohren. Und das möglichst schnell.
Organisator Elon Musk hat als Geschwindigkeitsreferenz angegeben, dass die
Tunnelbohrmaschine schneller sein sollte, als eine Schnecke kriechen kann.
Bislang sind Schnecken über zehnmal schneller als Tunnelbohrmaschinen.
Was macht
das Tunnelbohren denn so komplex?
Erdmaterial muss abgebaut und abtransportiert werden, die Tunnelwand muss
installiert werden, der Boden über dem Tunnel darf sich nicht heben oder
absenken, man braucht Technik zur Navigation und zum Korrigieren der
Tunnelroute und das alles in dem sehr eingeschränkten Platz unter der Erde.
Dazu kommt der Fakt, dass die Beschaffenheit des Erdreichs bei jedem
Tunnelprojekt anders ist und man die Systeme darauf anpassen muss. Das sorgt
für viele technische Herausforderungen, welche das Bohren langsam und teuer
machen.
Was macht Sie so zuversichtlich, das ändern zu können
und im Wettbewerb gut abzuschneiden?
Wir haben an
der TUM ganz exzellente Voraussetzungen. Da ist zum einen unser großes und
extrem engagiertes Team. Außerdem können wir auf die Erfahrungen aus dem
Hyperloop-Wettbewerb von Elon Musk zurückgreifen, der ja viermal von TUM-Teams
gewonnen wurde. Dazu kommt ganz wertvolle Unterstützung durch Industriepartner,
die uns Spezialteile und ein Fertigungsgelände in Garching zur Verfügung
stellen. Unser Prototyp in einem kleineren Maßstab, den wir vergangenes Jahr
gebaut haben, funktioniert schon sehr gut. Und unsere Universität unterstützt
uns auch finanziell.
TUM Boring
hat es ins Finale geschafft. Wie sehen Sie Ihre Chancen?
Natürlich kann man bei einer Wettbewerbssituation nichts versprechen, aber wir
sind zuversichtlich und arbeiten mit Hochdruck daran, den Erfolg nach München
holen zu können.
Wie sieht
denn die Konkurrenz aus?
Sehr heterogen. Da sind Teams dabei von großen Universitäten wie der TUM, etwa
das MIT aus den USA oder die ETH aus der Schweiz. Aber es gibt auch kleinere
Hochschulen oder sogar private Projekte.
Wir können
nicht über den Wettbewerb und Ihre Projektgruppe sprechen, ohne auf den
kuriosen Namen „TUM Boring“ einzugehen, der sich auf Englisch ja als „TUM
langweilig“ übersetzen lässt. Was steckt dahinter?
Elon Musk hat dem Wettbewerb bewusst den Namen „Not-a-Boring Competition“
gegeben und auch sein Unternehmen „The Boring Company“ setzt gezielt auf diese
Doppeldeutigkeit. Wir haben uns daher passend zum Wettbewerbshintergrund „TUM
Boring – Innovation in Tunneling“ genannt. Obwohl sich „boring“ neben dem Tunnelbohren
auch als langweilig übersetzen lässt, steht dies natürlich in einem humorvollen
Kontrast zu unserem Team und unseren Zielen und hilft uns, Aufmerksamkeit zu
generieren.
Apropos
Aufmerksamkeit, wie hat das Tunnelprojekt der TUM denn begonnen und wie sind
Sie dazugestoßen?
Kilian, einer von uns Projektleitern, hat sich schon lange privat für’s
Tunnelbohren interessiert. Und die erste Bohrung unseres Prototypen fand auch
in seinem Garten statt. Er ist einfach ein sehr begabter Tüftler. Und als dann
im Juli 2020 die Wettbewerbsausschreibung kam, hat sich zunächst eine Handvoll
Leute zusammengefunden und die Idee entwickelt, da mitzumachen. Ich selbst
komme ursprünglich aus Düsseldorf, bin aber zum Studieren an die TUM nach
München gegangen, weil dieses Hightech-Ökosystem und die vielfältigen
Möglichkeiten mich angezogen haben. Und als angehender Informatiker begeistere
ich mich für die Lösung von Problemen, einer der Gründe, warum ich mich bei
diesem Projekt engagiere.
Was
fasziniert Sie an dem Projekt?
Es geht ja nicht nur um Tunnel, sondern auch darum, wie künftig eine
nachhaltige und funktionierende Verkehrsinfrastruktur in urbanen Regionen
aussehen kann. Um nicht im Verkehr zu ersticken, müssen Städte dreidimensional
gedacht werden. Und das funktioniert sehr gut und sicher über Tunnel. Das Thema
hat also eine sehr starke gesellschaftspolitische Komponente.
Mehr Informationen:
Quelle: TU München, © Fotos: Andreas Heddergott / TUM
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