22.03.2021 - München
Mit 7 Forderungen für lebenswerte, klimaresiliente und artenreiche Siedlungen und Städte positioniert sich anlässlich des Weltwassertages am 22. März 2021 ein breites Bündnis bestehend aus der Bayerischen Architektenkammer, der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau, dem Bayerischen Städte- und Gemeindetag und dem DWA Landesverband Bayern.
Eine nachhaltige grün-blaue Infrastruktur ist der beste Weg, Mensch und Natur vor Folgen des Klimawandels wie Starkregen und Hochwasser, aber auch Dürre und Hitze, zu schützen. Durch eine wassersensible Siedlungsentwicklung entstehen lebenswerte, klimaresiliente und artenreiche Siedlungen und Städte, die Hochwasser besser standhalten und zugleich Wasser für Dürrezeiten speichern.
Der
Grundgedanke multifunktionaler, wassersensibler Flächennutzungen muss bereits
in den ersten Überlegungen zur Entwicklung von Städten und Gemeinden enthalten
sein.
Das Prinzip der Schwammstadt ist Kern einer nachhaltigen Stadtplanung. Schwammstädte werden so geplant und gebaut, dass sie Wasser wie ein Schwamm aufnehmen und speichern können und dieses in Phasen der Trockenheit wieder an die Umgebung abgeben.
Das Bündnis „Wassersensibles Planen und Bauen“ fordert zum Weltwassertag 2021 einen nachhaltigen Umgang mit den begrenzten Wasserressourcen im Zuge einer vorausschauenden, zukunftsfesten Siedlungsentwicklung.
1.
Nachhaltiger Umgang mit
Regen
„Nur, wenn Flächen nicht mehr versiegelt, sondern wasserdurchlässig gestaltet
werden, Dächer zur Retention begrünt werden und Mulden zur Rückhaltung und
Versickerung angelegt werden, können Starkregengefahren vermindert, Grundwasser
neu gebildet und Verdunstung zur Kühlung der Siedlungen gefördert werden“,
betont Regierungsbaumeister Prof. Dr.-Ing. F. Wolfgang Günthert, Vorsitzender
des DWA Landesverbandes Bayern.
2.
Regenwasser in Bauleitplanung
und Baugenehmigung berücksichtigen
Bauleitplanung bedeutet mehr denn je, nicht nur
überbaubare Flächen, also Baurechte, zu vergeben, sondern ganz genau
festzulegen, wie mit Oberflächenwasser umgegangen wird. Es muss von vorneherein
klar sein, welche Anforderungen dazu auf jedem einzelnen Grundstück erfüllt
werden müssen und wie ein Baugebiet insgesamt zur Regenwasserrückhaltung
beiträgt. „Deshalb plädiere ich für verbesserte Festsetzungsmöglichkeiten für
sog. multifunktional genutzte Flächen und Zisternen.“ Auch in Einzelgenehmigungsverfahren
gehört der zukunftsorientierte Umgang mit dem Niederschlagswasser zu einer
gesicherten Erschließung: „Ohne den Nachweis einer ordnungsgemäßen
Niederschlagswasserbeiseitigung darf es in Bayern keine Baugenehmigung mehr
geben! „Überlegtheit beim Planen, Tempo beim Bauen“ so fasst Dr. Juliane Thimet,
stv. Geschäftsführerin im Bayerischen Gemeindetag, ihre Position zusammen.
3.
Sensibilisierung der
Öffentlichkeit und Beratung der Bauherren verstärken
„Die Gefahr von
Starkregen wird von vielen oft noch nicht erkannt. Über Möglichkeiten der
Gefahrenabwehr muss die Bevölkerung konsequenter informiert werden. Die
planenden Berufe müssen verstärkt im Themenfeld wassersensible
Siedlungsentwicklung weitergebildet werden. In den Behörden sollte die Zahl der
in diesem Bereich fachlich geschulten Mitarbeiter*innen deutlich aufgestockt
werden. Die Kommunen sind gefordert, Straßen und Quartiere wasserangepasst zu entwickeln
bzw. umzugestalten“, so Prof. Dr. Norbert Gebbeken, Präsident der Bayerischen
Ingenieurekammer Bau.
4.
Wassersensibles Planen
und Bauen als Baustein für Identität und Baukultur
„Städte
und Gemeinden, die ganz gezielt mit Wasser planen und bauen, wehren mit
funktionalen Lösungen nicht nur negative Folgen ab. Durch wassersensibles Bauen
können gleichzeitig nutzungsflexible, lebbare Räume entstehen, die bei
sorgsamer Gestaltung Identität stiften und zur Baukultur beitragen. Ein
praxisnahes Informations- und Beratungsangebot und gelungene Beispiele, die
motivieren, sind geeignete Grundlagen für alle Akteure, die den Umgang mit
Wasser klug und zielgerichtet angehen möchten. Die Beratungsstelle
Nachhaltigkeit und Energieeffizienz (BEN) der Bayerischen Architektenkammer ist
hierfür ein erfolgreicher Baustein, weitere müssen folgen“, konstatiert Christine Degenhart,
Präsidentin der Bayerischen Architektenkammer.
5.
Förderung nachhaltiger
wasser- und klimasensibler Lösungen
„Staatliche Förderungen für Stadt- und
Dorferneuerungsmaßnahmen oder Wohnungsbau sollten daran gekoppelt werden, dass
die Klimaanpassung bei den Konzepten insbesondere in der Freiflächenplanung mit
berücksichtigt wird“, dafür plädiert Bernd Buckenhofer, Geschäftsführer des
Bayerischen Städtetags.
6.
Honorarordnung anpassen
„Die Planung
grün-blauer Infrastruktur bringt Mensch und Umwelt einen höheren Nutzen. Doch
obwohl der Planungs- und Koordinierungsaufwand hier deutlich höher ist, fällt
das Honorar geringer aus als bei der Planung grauer Infrastruktur. Ein Fehler
im System, der dringend in der Honorarordnung geändert werden muss“, fordern
Christine Degenhart, Präsidentin der Bayerischen Architektenkammer, und Prof.
Dr. Norbert Gebbeken, Präsident der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau,
einhellig.
7.
Gesplittete
Abwassergebühren bayernweit einführen
„Der gesplittete Gebührenmaßstab für Schmutz-
und Niederschlagswasser als kann einen Anreiz für die Entsiegelung von Flächen
und den Regenrückhalt auf den Grundstücken setzen, sagt Dr. Juliane Thimet, stv.
Geschäftsführerin des Bayerischen Gemeindetags.
Nur mit Umsetzung dieser Forderungen, so die Meinung der Bündnispartner „wassersensibles Planen und Bauen“, kann ein sorgsamer Umgang mit Wasser als Eckpfeiler für lebenswerte, klimaresiliente und artenreiche Städte und Gemeinden künftig erreicht werden.
Ein breites Bündnis aus Bayerischem Umweltministerium, Landesamt für Umwelt, DWA-Landesverband Bayern, Architekten- und Ingenieurekammer sowie Städtetag und Gemeindetag hat am 27. Januar 2021 im Rahmen einer digitalen Pressekonferenz den Leitfaden „Wassersensible Siedlungsentwicklung“ vorgestellt. Die rund 40-seitige Publikation für Planer und Gemeinden zeigt die Zusammenhänge, mögliche Lösungsansätze und vor allem praktische und zukunftsorientierte tatsächlich ausgeführte Beispiele.
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