30.07.2021 - München
Unsere Städte wachsen. Im Zuge dessen werden auch immer mehr Ressourcen im Untergrund genutzt, etwa beim Bau von U- und S-Bahn-Tunneln, durch Geothermie oder für die Trinkwasserversorgung. Geologinnen und Geologen der Technischen Universität haben nun ein dreidimensionales Untergrundmodell von München erstellt. Und dabei überraschende Erkenntnisse gewonnen, wie Dr. Kai Zosseder vom Lehrstuhl für Hydrogeologie im Interview erklärt.
Prognosen gehen davon aus, dass bis zum Jahre 2050 über 70 Prozent der Weltbevölkerung in Städten leben werden. Dabei wachsen die Städte nicht nur über die Fläche und in die Höhe, sondern auch die Tiefe. Etwa durch den Ausbau des U-Bahn-Netzes oder den Bau von Tiefgaragen. Der Untergrund stellt auch wichtige Ressourcen für die Stadt zur Verfügung, unter anderem Grundwasser, das als Brauch- und Trinkwasser benötigt wird oder auch die Erdwärme als erneuerbare Energiequelle.
Der Untergrund bietet zudem ein Speicherpotenzial für Wärme, das dringend zur Flexibilisierung der Wärmebereitstellung benötigt wird. Durch diese vielen Ansprüche ergeben sich natürlich Konflikte, da sich verschiedene Nutzungen ausschließen. Andererseits könnten sie sich aber auch ergänzen. Um die Potenziale optimal nutzen zu können, ist daher eine nachhaltige Raumplanung notwendig.
Wir haben im Projekt „GeoPot“, das vom bayerischen Umweltministerium gefördert wird, ein 3D-Untergrundmodell von München erstellt. In diesem werden die Potenziale detailliert dargestellt. So hat die Stadt ein Werkzeug an der Hand, das für die Tiefbauplanung oder die Grundwasserplanung einen unschätzbaren Wert hat.
Die Stadtwerke München nutzen das Modell bereits, um den U-Bahn-Ausbau besser planen zu können. Dabei können die Tunnelwände gleichzeitig an bestimmten Stellen für die Geothermie genutzt werden. Das ist aber nur möglich, wenn wir wissen, wie der Untergrund aussieht.
Wir haben in einem Team mit sieben Forscherinnen und Forschern über fünf Jahre die Daten gesammelt. Dazu haben wir etwa 20.000 Bohrungen ausgewertet. Diese lagen bei der Stadt München bereits vor, wurden aber bisher nur vereinzelt für bestimmte Vorhaben genutzt.
Für diese Bohrungen gibt es Beschreibungen der Geologie, also der Bodenbeschaffenheit. Wir übersetzen diese Beschreibungen in sogenannte Kornverteilungskurven. Wir können sagen, welche Gesteinsarten, also zum Beispiel Ton, Kies und Sand, in diesem Bohrabschnitt prozentual vorhanden sind. Wenn viel Kies zu finden ist, heißt das, dass auch viel Wasser vorhanden ist, wegen der höheren Wasserdurchlässigkeit. Bei einem hohen Anteil von Sand ist beispielsweise die Wärmeleitfähigkeit höher und wir haben ein besseres Speicherpotenzial.
In den Modellen sind natürlich auch Unsicherheiten mit einberechnet. Man kann für die Planung konservative Modelle erstellen, um ganz sicher zu gehen, oder auch etwas optimistischere Modelle.
Eine sehr hohe Relevanz hat die Frage, wie die Grundwasserkörper zusammenhängen. Etwa, um berechnen zu können, wie weit sich ein bestimmter Schadstoff ausbreitet. Oder auch, wenn zum Beispiel ein Trinkwasserbrunnen genehmigt werden soll, ist es wichtig zu wissen, ob hier Grundwasserstellen miteinander in Beziehung stehen.
Es wurde bisher immer vermutet, dass diese Interaktionsbereiche nur an einzelnen Stellen zu finden sind. Aber in Wirklichkeit kommen sie sehr viel häufiger vor, wie wir jetzt zeigen konnten – und was uns zum Teil auch überrascht hat.
Neue Daten, die wir durch Bohrungen, etwa aktuell im Zuge des Baus der neuen Stammstrecke bekommen, werden laufend in das System eingepflegt, um das Modell noch genauer zu machen. Wir arbeiten momentan außerdem daran, Speicherpotenziale auszuweisen.
Wärmespeicher im Untergrund sind für die Energieversorger sehr interessiert, und nur über ein Untergrundplanungstool können sie effizient genutzt werden. Außerdem möchten wir mit dem Modell noch weiter in die Tiefe gehen, wo sich noch weitere Nutzungspotenziale befinden.
Kontakt
Dr. Kai
Zosseder
Technische Universität München
Lehrstuhl für Hydrogeologie
Tel: +49 89 289 25834
kzssdrtmd
Quelle:Technische Universität München, Lehrstuhl für Hydrogeologie, Foto Dr. Kai Zosseder: U. Benz / TUM
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