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Fassadenbegrünung und Stadtklima

Kolumne von Dipl.-Ing. (FH) Klaus-Jürgen Edelhäuser, Vorstandsmitglied der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau, veröffentlicht in der Bayerischen Staatszeitung vom 29.07.2022.

29.07.2022 - München

Fassadenbegrünung und Stadtklima

"Um langfristig wieder ein angenehmes Stadtklima zu bekommen und die Unabhängigkeit von technischen Geräten zur Raumkühlung zu ermöglichen, müssen wir die verdrängte Natur wieder zurück in unsere Städte und auch an unsere Hausfassaden bringen", sagt unser Vorstandsmitglied Klaus-Jürgen Edelhäuser. Worauf es dabei ankommt, erfahren Sie in seiner aktuellen Kolumne in der Bayerischen Staatszeitung.

Kommentar / Kolumne

Die Hitzewellen, die wir nun schon seit einigen Wochen wieder durchleben und die wir aus den vergangenen Jahren kennen, zeigen, dass der sommerliche Wärmeschutz zunehmend von Bedeutung ist. Sowohl in unseren Gebäuden als auch im Stadtraum erleben wir in den Sommermonaten eine Überhitzung, die wir in zunehmenden Maß als unangenehm empfinden.

Bekanntlich können Grünflächen einen erheblichen Beitrag dazu leisten, die Luft auf natürliche Weise abzukühlen. Durch die Verdunstung von Feuchtigkeit wird der unmittelbaren Umgebungsluft Wärme entzogen und es entsteht ein Abkühl-Effekt. Bäume können zusätzlich zur Verschattung von Plätzen, gegebenenfalls sogar von Häusern, beitragen und auch dadurch für ein angenehmes Klima sorgen.

Im Zuge der Nachverdichtung wurden begrünte Hof- und Gartenflächen zunehmend versiegelt. Um dem steigenden Verkehrsaufkommen zu entsprechen, wurden der Vergangenheit zudem viele Grünflächen sowie Bäume, Hecken und Sträucher aus dem Stadtraum entfernt, um mehr Platz für Straßen und Wege zu schaffen.

 Es war die Maximierung der Flächennutzung 
 durch Verdrängung der Natur, mit der wir  
 uns viele Probleme selbst geschaffen haben. 

Um langfristig wieder ein angenehmes Stadtklima zu bekommen und außerdem die Unabhängigkeit von technischen Geräten zur Raumkühlung zu ermöglichen, müssen wir die in der Vergangenheit verdrängte Natur wieder zurück in unsere Städte und auch an unsere Hausfassaden bringen. Mit der Renaturierung unserer Straßenräume und Hinterhöfe sowie unserer Fassadenflächen können wir nicht nur den natürlichen Kühleffekt erleben, sondern auch angenehme Aufenthaltsbereiche schaffen. Die Vorteile solcher Begrünungen sind vielschichtig:

Ein sehr positiver Effekt ist in den Sommermonaten die Beschattung und die natürliche Kühlung der Fassaden. Anstelle der glatten Fassade befindet sich sozusagen die natürliche „Klimaanlage“ direkt vor dem Fenster. Das wirkt sich dann letztendlich auf den gesamten Straßenraum aus, der insgesamt nicht mehr so überhitzen kann, wie es im Falle fehlender Grünflächen gegeben ist. Bei einem Pilotprojekt in Wien wurde beispielsweise der Kühleffekt einer begrünten Fassade im Zuge eines langfristigen Monitorings ermittelt. Auf einer Fassadenfläche von 850 qm wurden rund 17.000 Pflanzen, beispielsweise Stauden, Gräser und Kräuter in Pflanzentrögen eingepflanzt. Die Verdunstungsleistung dieser Bepflanzung entspricht der Kühlleistung von ca. 45 Klimageräten mit einer Kühlleistung von jeweils 3 Kilowatt und einer Betriebszeit von 8 Stunden. Auch der Wärmeverlust der Fassadenflächen in den Wintermonaten konnte dort offenbar um 50 % reduziert werden.

Andere Untersuchungen zeigen, dass, abhängig von der Belaubungsdichte von Kletterpflanzen, nur noch ca. 20 % der Sonnenstrahlung auf die Wandoberflächen gelangen. Messungen zeigten dabei, dass die Oberflächentemperatur einer solchen Wand dann gegenüber einer unbewachsenen Wand in etwa 15 ° C niedriger ist. Den größten Anteil an diesem Abkühl-Effekt hat die Beschattung durch die Blätter der Pflanzen, der geringere Anteil ist auf die Verdunstung zurückzuführen.

 Entscheidend bei Fassadenbegrünungen 
 ist allerdings die sorgfältige Beratung und 
 Planung durch Fachleute. 

Neben der Art der möglichen Bepflanzungen ist ein besonderes Augenmerk auf die baulichen Gegebenheiten zu richten. Einerseits müssen Rankhilfen oder eventuelle Pflanztröge entsprechend geplant und positioniert werden und es muss sichergestellt sein, dass die Bewässerung gewährleistet ist. Andererseits muss auch gewährleistet sein, dass Begrünungen keinen Schaden an Wandflächen oder der Konstruktion anrichten. Ingenieurinnen und Ingenieure können bei solchen Fragestellungen kompetent weiterhelfen.

Die Bayerische Ingenieurekammer-Bau hat sich in ihren Forderungen für mehr Nachhaltigkeit am Bau klar dazu positioniert, dass die Renaturierung der Innenstädte vorangebracht werden muss. Neben der Forderung zur Entsiegelung von Flächen und der Schaffung von Grün- und Retentionsflächen sprechen wir uns auch klar für die Fassadenbegrünung aus. Ein Appell, dem hoffentlich mehr und mehr Städte und Kommunen folgen.


Kolumne von Dipl.-Ing. (FH) Klaus-Jürgen Edelhäuser, Vorstandsmitglied der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau, veröffentlicht in der Bayerischen Staatszeitung vom 29.07.2022.

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