24.08.2022 - Frankfurt am Main
Die Inflation liegt in Deutschland auf dem höchsten Stand seit 50 Jahren. Auch in der Bau- und Immobilienbranche sind die Preissteigerungen deutlich zu spüren: Bereits seit zwei Jahren zeigen die Preise für Bauprodukte und -dienstleistungen in Folge der Corona-Pandemie und der dadurch stotternden Lieferketten steil nach oben. Durch den Ukraine-Krieg wird sich diese Preisspirale noch schneller drehen. Eine aktuelle Studie von PwC identifiziert sechs Faktoren, welche die Preissteigerungen in der Baubranche anheizen.
In der vorliegenden Studie betrachtet PwC diese sechs preisbeeinflussenden, makroökonomischen Faktoren hinsichtlich ihrer Auswirkungen und Entwicklungen auf die Baubranche in Deutschland. Die Erkenntnisse stützen sich sowohl auf eigene Analysen und Auswertungen als auch Ergebnisse von Untersuchungen führender deutscher Wirtschaftsinstitute.
Dr. Harald Heim, Partner Real Estate bei PwC Deutschland, sagt: „Wir gehen davon aus, dass die Baupreise für gewerblich genutzte Immobilien in den kommenden beiden Jahren um mehr als 20 Prozent steigen werden. Im zweiten Quartal 2022 lag der Preisanstieg bei Nichtwohngebäuden bei rund 19 Prozent, wie die jüngste Auswertung von Destatis zeigt.“
Die Expertinnen und Experten von PwC haben die Faktoren analysiert, die maßgeblichen Einfluss auf die Preisentwicklung in der Baubranche haben können: Zum einen wird die hohe Nachfrage nach Bauprojekten langfristig nicht abreißen – trotz gestiegener Öl- und Gaspreise und geopolitischer Unsicherheiten.
Viele Bauunternehmer berichten, dass Auftraggeber Bauprojekte aufgrund der Preisunsicherheiten und Zinsentwicklung in Folge des Ukraine-Kriegs und der damit verbundenen Sanktionen gegen Russland zurückstellen. Bereits während der Pandemie hatten viele Aufraggeber bei Investitionen auf die Bremse gedrückt. Entsprechend dürften mittelfristig viele Nachholinvestitionen anstehen und die Nachfrage im Bereich Gewerbe und insbesondere im Wohnungsbau wieder steigen.
Verschärft
wird die Lage durch die rekordhohe Inflation: Für 2022 prognostiziert die
Bundesbank derzeit eine Inflation von 7,1 Prozent in Deutschland. Besonders
stark gestiegen sind die Kosten für Energie.
Durch den Ukraine-Krieg hat sich diese Tendenz verstärkt. Und auch die Kosten für Baumaterialien sind in Folge der Corona- und kriegsbedingt gestörten Lieferketten stark angestiegen.
Zudem wird der Mangel an qualifizierten Fachkräften die Bauwirtschaft empfindlich treffen: Die Industrie- und Handelskammer Nordrhein-Westfalen schätzt den Fachkräfterückgang in ihrem Fachkräftereport 2019 bis 2030 auf über 20 Prozent.
„Wir gehen davon aus, dass sich das Angebot-Nachfrage-Verhältnis in Folge des Fachkräftemangels verschieben wird und die damit einhergehenden Lohnsteigerungen zur Verteuerung der Bauleistungen beitragen werden“, so Dr. Harald Heim von PwC Deutschland.
Nicht
zuletzt hat auch die Politik direkten Einfluss auf die Preisentwicklung in der
Baubranche: Die Forderung nach der Schaffung von zusätzlichem Wohnraum führt zu
einer steigenden Nachfrage nach Bauleistungen und -materialien. Auch dies
erhöht den Druck auf die Bauwirtschaft.
Dazu kommen regulatorische Vorgaben auf europäischer Ebene: So fordert die EU-Taxonomie-Verordnung die Stakeholder der Bauwirtschaft auf, nachhaltige und dadurch möglicherweise teurere Bautätigkeiten umzusetzen.
Aufgrund der geopolitischen und weltwirtschaftlichen Entwicklungen ist in den kommenden beiden Jahren keine Entspannung der Preise in der Baubranche in Sicht. Für Bauherren kommt es nun darauf an, bereits in einem frühen Projektstadium mögliche Preisrisiken zu identifizieren, Schwachstellen aufzudecken und entsprechend gegenzusteuern. Insbesondere ein angemessenes Risikomanagement und Controlling erhöhen dabei die Chance, ein Projekt erfolgreich zu realisieren.
Laut DIW-Wochenbericht ist das reale Bauvolumen in den vergangenen beiden Jahren mit 3,6 Prozent vergleichsweise moderat angestiegen. Aktuell lässt sich beobachten, dass einige Auftraggeber ihre Bauprojekte zurückstellen. Der Grund: die Ukraine-Krise und die damit verbundenen Sanktionen gegen Russland. Bereits während der Pandemie waren Auftraggeber mit Investitionen zurückhaltend. Aus diesem Grund ist in den kommenden Jahren mit Nachholinvestitionen zu rechnen.
Bereits Ende 2021 stiegen die Energiepreise sprunghaft an: Im Dezember waren es plus 69 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Wesentliche Gründe hierfür sind die gestiegene Nachfrage nach fossilen Energieträgern sowie die Einführung der CO2-Abgabe. Durch den Krieg in der Ukraine hat sich diese Preisexplosion weiter verschärft: Im März 2022 war Energie fast 84 Prozent teurer als im Vorjahresmonat. Der Erzeugerpreisindex stieg laut Statistischem Bundesamt vor allem bei Erdöl (+ 201 Prozent) und Erdgas (+ 315 Prozent) deutlich an.
wurde, lief ein Großteil der Baustellentätigkeiten weiter. Daraus resultierende Rohstoffknappheit und Lieferengpässe sowie eine gestiegene Nachfrage für Holz, Stahl, Dämm- und Kunststoffe in den USA und China führten insbesondere in Deutschland zu Beginn des Jahres zu einer Verteuerung von Baumaterialien. Diese Entwicklung hat sich nun durch den Ukraine-Krieg weiter verschärft.
Für 2022 prognostiziert die Europäische Zentralbank eine Inflation von 5,1 Prozent im Euroraum. Dadurch hat sich der Preisdruck auf kurze Sicht deutlich erhöht. Faktoren wie die Rücknahme der Mehrwertsteuersenkung, Materialmangel, Lieferengpässe und die Einführung der CO2-Abgabe haben den Effekt der Preiserhöhungen für einzelne Produkte in den vergangenen Jahren verstärkt.
Die Industrie- und Handelskammer Nordrhein-Westfalen geht in ihrem Fachkräftereport 2019 davon aus, dass der Fachkräfterückgang in der Bauwirtschaft bis 2030 bei über 20 Prozent liegt. In Folge des Fachkräftemangels könnte sich das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage verschieben. Lohnsteigerungen für Bauleistungen wären die Folge. Dieser Trend ist bereits jetzt zu beobachten und kann sich in den kommenden Jahren noch verstärken.
Politische Zielsetzungen aus dem Koalitionsvertrag mit Blick auf Klimaschutz und gesetzliche Anforderungen an Gebäude können mittelfristig ebenfalls zu einer Verteuerung von Bauprojekten führen. Nationale und internationale Regularien wie die EU-Taxonomie-Verordnung fordern alle Stakeholder der Bauwirtschaft auf, nachhaltige und dadurch möglicherweise teurere Bautätigkeiten umzusetzen, um die ESG-Kriterien zu erfüllen.
„Die im Koalitionsvertrag verankerten politischen Zielsetzungen für Klimaschutz und gesetzliche Anforderungen an Gebäude sind wichtig und richtig – sie können mittelfristig jedoch zu einer Verteuerung künftiger Bauprojekte führen“, so Dr. Harald Heim.
In der Studie wurden sechs preisbeeinflussende, makroökonomische Faktoren hinsichtlich ihrer Auswirkungen und Entwicklungen auf die Baubranche in Deutschland analysiert. Die Erkenntnisse stützen sich sowohl auf eigene Analysen und Auswertungen als auch auf Ergebnisse von Untersuchungen führender deutscher Wirtschaftsinstitute. Datenbasierte Analysen zeigen aktuelle Trends der Preisentwicklungen und deren mögliche Einflüsse auf die Baubranche.
Quelle, Fotos und Grafiken:PwC
Deutschland
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