31.10.2022 - München
Mit einem Start-up entwickeln Professor Christoph Hackl und sein Team von der Hochschule München intelligente Algorithmen, durch die Strom aus Wellenkraftwerken effizient und zuverlässig ins Stromnetz eingespeist wird. Dabei soll die bisher nur sehr wenig genutzte Wellenenergie eine dezentrale Stromversorgung ermöglichen.
Früher passionierter Windsurfer, forscht HM-Professor Christoph Hackl heute an der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik zur Stromerzeugung aus Wellenkraft. Mit dem Münchner Startup SINN Power GmbH entwickeln Hackl und der wissenschaftliche Mitarbeiter Simon Krüner Steuerungssysteme für die Leistungselektronik für eine nachhaltige Stromgewinnung.
Im Prinzip ist die Stromgewinnung auf See einfach: Das geplante Wellen-Kraftwerk besteht aus mehreren Reihen senkrechter Stangen, die miteinander verbunden und am Meeresgrund verankert sind. An jeder Stange befindet sich ein Schwimmköper, der von den Wellen auf- und ab bewegt wird. Dadurch werden Rollen angetrieben, die zwischen Schwimmkörper und Stange befestigt sind. Jede Rolle ist mit einem Generator verbunden, der die Bewegung in elektrische Energie verwandelt. Beim Auf und Ab der Rollen ändert sich die Drehrichtung. Deshalb produzieren die Generatoren Drehstrom, dessen Frequenz sich, abhängig von der Länge der Meereswellen, ständig verändert.
Ins Netz lässt sich dieser Strom nicht ohne weiteres einspeisen – dafür benötigt man Drehstrom mit einer konstanten Frequenz von 50 Hertz, das entspricht 50 Schwingungen pro Sekunde. Der im Wellenkraftwerk erzeugte Strom muss daher erst einmal umgewandelt werden. „Rein technisch ist das kein Problem: Man benötigt einen Umrichter, der aus dem primären Drehstrom Gleichstrom macht, sowie einen zweiten Umrichter, der zusammen mit einem Netzfilter 50 Hertz-Drehstrom erzeugt.
„Die Herausforderung liegt darin, bei dieser Umwandlung eine möglichst hohe Effizienz und Zuverlässigkeit in allen Betriebsbereichen zu erreichen“, erklärt Hackl. Für den Prototypen der neuen Wellenkraftanlage hat er solche Algorithmen entwickelt, die unter anderem den Wirkungsgrad erheblich verbessern. Die Ergebnisse wurden unlängst unter dem Titel „Experimental Identification of the Optimal Current Vectors for a Permanent-Magnet Synchronous Machine in Wave Energy Converters“ veröffentlicht.
Hackls Algorithmen setzen da an, wo normalerweise Energie verloren geht: bei den verschiedenen Umwandlungsschritten – erst von Drehstrom in Gleichstrom und dann von Gleichstrom in netzkompatiblen Drehstrom. Jede dieser Umwandlungen verringert die Energieausbeute.
Hackls Software minimiert die Verluste: „Unsere Algorithmen können das Zusammenspiel der verschiedenen Komponenten nicht nur optimal steuern, sondern steigern auch ihre Zuverlässigkeit.“ Wenn beispielsweise in einem Umrichter ein Schalter ausfalle, dann sorge die intelligente Software dafür, dass sich das System nicht abschalte, sondern sich an die veränderten Umstände anpasse und weiterarbeite – wenn auch mit etwas verringerter Leistung. Gleichzeitig werde eine Störungsmeldung an den Betreiber geschickt. „Insgesamt lässt sich so die Effizienz des Gesamtsystems erheblich verbessern“, resümiert Hackl.
Den Härtetest am Meer hat die Leistungselektronik mit Bravour bestanden: Für den Prototypen-Test wurden Umrichter, Netzfilter und Steuerungscomputer in eine wasserdichte, schuhschachtelgroße Box gepackt und nach Heraklion geflogen. Dort trotzt die Technik seit mehr als einem Jahr salziger Luft, Stürmen und spritzender Gischt und verwandelt den Strom des wellengetriebenen Generators zuverlässig in Netzstrom. Die Energieausbeute: 93 Prozent.
Von den effizienten und fehlertoleranten Algorithmen sollen in Zukunft nicht nur die Hersteller von Wellenkraftanlagen profitieren, sondern auch die Betreiber von Wind-, Solar- oder Geothermieanlagen, sagt Hackl: „Die Leistungssoftware eignet sich für die Optimierung des Outputs aller regenerativen Kraftwerke - egal ob Erdwärme, Sonne, Wind oder Wasser. Man braucht am Ende immer Wandler, um Netzstrom daraus zu machen.“
Gesteigerte Effizienz und Zuverlässigkeit trägt zur Unabhängigkeit von fossilen Rohstoffen bei. „Tatsächlich sehe ich in den Algorithmen meinen persönlichen, bescheidenen, aber ganz konkreten Beitrag zur Energiewende. Ich habe selbst Kinder und ich möchte ihnen eine Welt hinterlassen, die lebenswert ist. Das ist meine Motivation.“
Quelle: Hochschule München, Fotos: SINN Power GmbH, Johannes Lesser, SINN Power GmbH
Die Social Media Buttons oben sind datenschutzkonform und übermitteln beim Aufruf der Seite noch keine Daten an den jeweiligen Plattform-Betreiber. Dies geschieht erst beim Klick auf einen Social Media Button (Datenschutz).
Jetzt Newsletter abonnieren!
Sustainable Bavaria
Nachhaltig Planen und Bauen
Digitaltouren - Digitalforen
Netzwerk junge Ingenieure
Werde Ingenieur/in!
www.zukunft-ingenieur.de
Veranstaltungstipps
Einheitlicher Ansprechpartner
Berufsanerkennung
Professional recognition
Bayerische Ingenieurekammer-Bau
Körperschaft des öffentlichen Rechts
Schloßschmidstraße 3
80639 München