11.01.2023 - Berlin
Das Bauvolumen geht inflationsbereinigt im Jahr 2022 zurück und die Preisentwicklung und steigende Zinsen werden der Bauwirtschaft auch in den kommenden Jahren schwer zu schaffen machen. Der Wohnungsneubau bricht stärker ein als das gesamte Bauvolumen. Die Politik wird einen Strategiewechsel vollziehen müssen, um die Ziele bei Schaffung neuen Wohnraums und energetischer Gebäudesanierung mittelfristig zu erreichen, so das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung.
Inflation und Lieferengpässe haben den Bauboom in Deutschland gestoppt: Im Jahr 2022 ging erstmals seit vielen Jahren das reale Bauvolumen zurück, und zwar um rund zwei Prozent. Auch in diesem Jahr sind ähnliche Rückgänge zu erwarten. Erst 2024 wird das Bauvolumen inflationsbereinigt wieder im Plus landen.
Vor allem der Wohnungsbau ist überproportional von den Rückgängen betroffen. Dies ergeben die aktuellen Berechnungen des Bauvolumens, die jährlich vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) erstellt werden.
Zwar stieg das Bauvolumen im vergangenen Jahr nominal, also in aktuellen Preisen, um rekordverdächtige 13,6 Prozent, doch der Zuwachs ist allein dem rasanten Anstieg der Baupreise geschuldet. Dieser bescherte den Bauunternehmen zwar gute Umsätze, inflationsbereinigt ist die Bautätigkeit aber um zwei Prozent zurückgegangen.
Besonders betroffen war und ist der dringend benötigte Wohnungsneubau, der real sogar 4,5 Prozent im Minus lag. „Der Wohnungsbau ist seit vielen Jahren immer stärker gewachsen als das Gesamtbauvolumen. Nun kündigt sich eine Trendwende an, vor allem beim Neubau, der die Politik Rechnung tragen muss“, sagt Studienautorin Laura Pagenhardt.
Das Ziel der Bundesregierung, 400.000 neue Wohnungen im Jahr zu bauen, rückt damit in weite Ferne. Schon in den beiden vergangenen Jahren sind nicht mehr als 300.000 Wohnungen gebaut worden. In diesem und im kommenden Jahr rechnen die Studienautor/innen damit, dass verschlechterte Finanzierungsbedingungen und politische Unsicherheit die Investoren noch zurückhaltender agieren lassen.
Allerdings dürften die Baupreise aufgrund der Entspannung bei Lieferketten und sinkender Kapazitätsauslastung weniger stark steigen. „Inflationsbereinigt wird das Bauvolumen in diesem Jahr wohl noch negativ sein und erst ab 2024 wieder im Plus liegen, aber auch dann dürfte der Wohnungsbau, insbesondere der Neubau, der Gesamtentwicklung noch hinterherhinken“, erwartet Studienautor Martin Gornig.
„Notwendig ist ein Masterplan, der nicht nur mit langfristigen Förderprogrammen
die Nachfrage stützt, sondern auch den Engpässen im Angebot entgegenwirkt“
Martin Gornig
Er fordert daher einen Strategiewechsel. Zwar habe die Bundesregierung schon Maßnahmen zur steuerlichen Förderung des Wohnungsbaus beschlossen, sie müsse aber stärker auf die Nachverdichtung im Bestand fokussieren, um bezahlbaren neuen Wohnraum gerade in den Ballungsräumen zu schaffen. Gleichzeitig bestehe die Gefahr, dass ein Großteil der Förderung, insbesondere bei der energetischen Gebäudesanierung, in steigenden Preisen verpufft, wenn neben der Nachfrage- nicht auch die Angebotsseite gestärkt werde.
Notwendig wäre ein Masterplan, so Gornig, der nicht nur mit langfristigen Förderprogrammen die Nachfrage stützt. Zusätzlich müsse er verstärkt die Ausweitung der Planungs-, Produktions- und Installationskapazitäten fördern, um Engpässen im Angebot und damit Preissteigerungen entgegenzuwirken.
Weitere Informationen
Quelle und Grafik: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin)
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