Stellungnahme
der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau zum
Entwurf des Gebäudeenergiegesetzes (GEG)
Die
geplante Novellierung des GEG mit dem Ziel einer Wärmeversorgung von Gebäuden
mit erneuerbaren Energien ist zu begrüßen.
Gebäudeheizungen
mit regenerativer Energie zu betreiben, Neubauten mit hohem Wärmeschutz
auszustatten und Bestandsgebäude energetisch zu sanieren, um den Wärmeverlust
zu minimieren, sind zwingend notwendige Maßnahmen, um die CO2-Emissionen
im Gebäudebereich zu reduzieren, den klimaneutralen Gebäudebestand zu erreichen
und die Importabhängigkeit auf dem Energiesektor abzubauen.
In
Anbetracht der Dringlichkeit von Maßnahmen für Klimaschutz und den langen
Sanierungszyklen im Gebäudebereich ist es erforderlich, die Umstellung zu einer
CO2-neutralen Energieversorgung so schnell wie möglich einzuleiten.
Da
allein mit wirtschaftlichen Anreizen die Wärmewende nicht erfolgreich sein
wird, müssen auch ordnungsrechtliche Regelungen greifen.
Für
Neubauten ist die technische Umsetzbarkeit des Einbaus von Heizungsanlagen mit
Nutzung regenerativer Energien sofort möglich. Für Bestandsgebäude müssen
weitere technische und wirtschaftliche Lösungen entwickelt und die Fristen mit
den Zeitplänen für die kommunalen Wärmeplanungen koordiniert werden. Dennoch
sollten die Regelungen für den Bestand ebenfalls im GEG 2023 verankert werden.
Die
Bayerische Ingenieurekammer-Bau fordert zu der Novelle 2023 und zu der
avisierten Überarbeitung des GEG 2025:
Das
GEG 2023 soll Regelungen beinhalten zum:
- Einbau von Heizungen in Neubauten ab 1. Januar 2024
- Austausch
von Heizungen im Bestand
- Zeitplan
für die Anwendung des GEG für Heizungsanlagen im Bestand
Forderungen
zum GEG 2023 im Einzelnen:
·
Neubauten
- Einbau
von Heizungen, die mit mindestens 65% erneuerbare Energien betrieben werden.
- Technologieoffenheit
bei Gewährleistung der Nichtüberschreitung von festzulegenden CO2-Äquivalenten.
- Anpassung
der Forderung an den Wärmeschutz der Gebäudehülle mit einer etwa 25%igen
Verbesserung.
- Forderung
der Einhaltung der Anforderungen an den sommerlichen Wärmeschutz nach DIN
4108-2 für alle Gebäude (keine Differenzierung zwischen nicht gekühlten und
gekühlten Gebäuden).
- Vereinfachung
der Berechnungsverfahren für Wohngebäude.
- Konsolidierung
der gesetzlichen Regelungen für Wärmenetze (Fernwärme und Nahwärme),
Stromnetzausbau, Energieversorgung in Quartieren und der GEG-Novelle.
- Betriebsprüfungen,
Überwachungen und Betriebsoptimierungen für alle Heizungsanlagen im Sinne der
Technologieoffenheit ohne Priorisierung von Wärmepumpen:
-
Betriebsüberwachungen und Betriebsoptimierungen sind für den sparsamen
Gebäudebetrieb notwendig, können aber mit den zur Verfügung stehenden
qualifizierten Akteuren noch nicht geleistet werden, insofern sollte zunächst
eine Qualifizierungsoffensive gestartet und erst bei Nachweis, dass genügend
Fachkräfte zur Verfügung stehen, die Maßnahmen zur Betriebsoptimierung
gefordert werden.
- Zu
den Fachkräften für Betriebsprüfungen, Überwachungen und Betriebsoptimierungen
gehören zwingend Ingenieurinnen und Ingenieure mit Tätigkeits- oder
Ausbildungs- bzw. Fortbildungsschwerpunkt in der Planung und Überwachung
energieeffizienter Gebäude und Technischer Ausrüstung.
- Kontrollen
und Anpassungen von Anlagen der Gebäudeausrüstung mit Fokus auf die die
wirkungsvollen und sofort umsetzbaren Maßnahmen wie z.B.
Regelungseinstellungen, hydraulische Abgleiche und andere geringinvestive
Maßnahmen.
- Festlegung
einer Pflicht zur Installation von PV-Anlagen.
- Erweiterung
der Bilanzierungsgrenzen, so dass sowohl Quartierlösungen als auch
Gebäudelösungen möglich sind.
·
Bestandsanlagen
/ Bestandsgebäude
- Zeitplan
für die Anwendung des GEG für Bestandsanlagen/Bestandsgebäude ab 1. Januar 2025
mit einer 10-jährigen Übergangsfrist nach Vorliegen der kommunalen
Wärmeplanung.
- Austauschpflicht
von Heizungen, die älter sind als 30 Jahre durch Heizungen, die mit 65%
regenerativer Energie betrieben werden.
- Mit
einer Übergangsfrist von bis zu 10 Jahren (Übergangsfrist gekoppelt an ein
verpflichtendes Beratungsgespräch (Sanierungsfahrplan, in dem die technisch
machbare, sowie die personelle und wirtschaftliche Kapazitätsplanung zu
berücksichtigen ist) und nach Vorliegen der kommunalen Wärmeplanung).
- Bei
Heizungshavarien Zulässigkeit der Reparatur und Weiterbetrieb über 10 Jahre,
aber maximal bis 1. Januar 2035.
- Verbot
von Heizungen, die mit fossilen Energieträgern betrieben werden ab 1. Januar
2045.
- Übergangsfrist
bei selbstbewohnten Ein- und Zweifamilienhäusern: Verpflichtung zum
Heizungsaustausch innerhalb eines Jahres nach Eigentums- oder Besitzübergangs.
- Betriebsprüfungen,
Überwachungen und Betriebsoptimierungen für alle Heizungsanlagen.
- Anpassung
der Anforderungen an den Wärmeschutz der Gebäudehülle: Verbesserung des Wärmeschutzes
bei Sanierung und Austausch um mind. 25%
- Verpflichtende
Anwendung der Maßnahmen für sommerlichen Wärmeschutz nach DIN 4108-2.
·
Weitere
Forderungen zum GEG 2023
- Die
soziale Verträglichkeit ist sicherzustellen.
- Verbesserung
der Qualitätssicherung durch Einführung eines Prüfsachverständigen nach GEG ist
in allen Bundesländern.
- Die
Förderprogramme müssen transparent gestaltet und langfristig angelegt werden,
so dass Verbraucher, Planer sowie Ausführende Planungs- und wirtschaftliche
Sicherheit haben. Umfangreiche Fördermaßnahmen sind für die Zieleerreichung
notwendig. Die aktuellen BEG-Programme reichen dafür nicht aus. Insgesamt ist
sind die Ziele sehr anspruchsvoll und nur mit einem großen Kraftakt möglich mit
Blick auf Finanzen, Kapazitäten und der Erkenntnis der Notwendigkeit in breiten
Teilen der Bevölkerung, von Verantwortlichen in Unternehmen und von der
öffentlichen Hand, welche große Anstrengungen verantworten muss und zudem im
Fokus der Öffentlichkeit steht.
- Die
Stromnetzplanung muss ergänzt werden, so dass mit der Kombination aus
kommunaler Wärmeplanung und Stromnetzplanung Energieversorger umsetzbare
Konzepte für Energieträgerumstellungen entwickeln, die Finanzierung gesichert
werden kann sowie die Verbraucher Sicherheit über die nutzbaren Infrastrukturen
haben.
Forderungen
zur Vorbereitung des GEG 2025
Unverzüglich
nach Einführung des GEG 2023 ist das GEG 2025 vorzubereiten, wobei der
Fokus auf folgende Punkte zu richten ist:
- Mit
der GEG-Novelle 2025 ist ein gesamtheitlicher Wechsel erforderlich. Dies
betrifft sowohl den Inhalt als auch die Struktur. Die Struktur des GEG muss
überarbeitet werden, so dass das Gesetz leicht lesbar wird, die Anforderungen
klar und überschaubar dargestellt werden und die Handhabbarkeit einfach wird.
Eine Neufassung,
statt immer wieder nur aufgesetzte Novellen, sollte dazu führen, dass die
Anforderungen klarer und überschaubarer sowie die Handhabung einfacher und
nachvollziehbarer gemacht werden. - Das GEG sollte die Rahmenbedingungen setzen sowie
einen klaren, aber dennoch einfach verständlichen Anforderungskorridor
schaffen, in dem Planer und Bauherren projektbezogen die bestmögliche
Umsetzungslösung für sich finden können. Zielwerte sollten für die
(schrittweise sinkenden) CO2-Emissionen und den Endenergiebedarf
festgelegt werden. Die Vorgaben von zu vielen Details, die zu
Unübersichtlichkeit und Kleinteiligkeit im gegenwärtigen Entwurf geführt haben,
wird als nicht zielführend und hilfreich betrachtet.
- Die
Anforderungsgrößen müssen umgestellt werden auf:
-
ein
CO2-Äquivalent als Kenngröße für Umwelt- und Klimaschutz.
-
die
Endenergie als Kenngröße, die für Verbraucher relevant ist. - Der Endenergiebedarf ist als zweite Anforderungsgröße
festzulegen, so dass ein sparsamer Umgang mit Energie - auch erneuerbarer
Energie - bewirkt wird. Die Anforderungen an den Wärmeschutz der Gebäudehülle
müssen daher verschärft werden.
- ·
Neubauten müssen perspektivisch das Niveau von Plus-Energie-Häusern
erreichen.
- ·
Für
Wohngebäude könnte das Referenzgebäudeverfahren verlassen werden und einfachere
Nachweisverfahren eingeführt werden.
- Für
Nichtwohngebäude erscheint die Kopplung der Anforderungsgröße an
Referenzausführungen sinnvoll. Ebenso sind die Referenzausführungen für
Planungen hilfreich. Die Referenzausführungen sind anzupassen, sodass das
Referenzgebäude die Anforderungen erfüllt. In dem Referenzgebäudeverfahren ist die besondere
Kompaktheit (A/V Verhältnis) zu berücksichtigen.
- Bei der Neubau-
und Bestandsbetrachtung sollte die gebundene oder neu einzusetzende graue
Energie in die energetische Gebäudeplanung mit einfließen.
- Ökobilanzierungen
und Lebenszykluskostenbetrachtungen sollten verpflichtend sein.
- Ein geeignetes Monitoringsystem mit Evaluierung der
tatsächlichen Verbrauchswerte könnte Basis einer neutralen Qualitätsüberwachung
sein. Insbesondere zeigen die anlagentechnischen Einrichtungen oft keine
energieeffiziente Betriebsweise/Einstellungen.
- Die
Nachrüstverpflichtungen müssen erweitert und angepasst werden, insbesondere der
Auslösetatbestand so verändert werden, dass energetische Sanierungen forciert
werden. Die Anforderungen bei Austausch und Sanierung sind um mindestens 25% zu
verschärfen.
- Die verschiedensten Länderregelungen sollten auf eine
bundeseinheitliche Regelung umgestellt werden. Der Nachweis nach GEG sollte
verpflichtender Bestandteil der Bauvorlagen sein.
- Stichprobenkontrollen für Energieausweise und
Inspektionsberichte für Klimaanlagen sollten standardisiert erfolgen und
evaluiert werden
- Ordnungswidrigkeitsverfahren sollten auf die
qualitätsgerechte Umsetzung des GEG zugeschnitten werden.
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Juni 2023
Bayerische Ingenieurekammer-Bau
Stellungnahme der BayIka-Bau vom 22.06.2023 zum GEG-Entwurf