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Vollzugshinweise zu den am 01.07.2023 in Kraft getretenen und am 01.08.2023 in Kraft tretenden Änderungen der Bayerischen Bauordnung

Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr vom 31.07.2023

31.07.2023 - München

Vollzugshinweise zu den am 01.07.2023 in Kraft getretenen und am 01.08.2023 in Kraft tretenden Änderungen der Bayerischen Bauordnung

Der Bayerische Landtag hat am 22.06.2023 das Gesetz zur Änderung der Bayerischen Bauordnung und das Gesetz zur Änderung des Baukammerngesetzes und weiterer Rechtsvorschriften beschlossen. Während das Gesetz zur Änderung der Bayerischen Bauordnung bereits am 01.07.2023 in Kraft getreten ist, tritt die in § 4 des Gesetzes zur Änderung des Baukammerngesetzes und weiterer Rechtsvorschriften enthaltene Änderung der BayBO am 01.08.2023 in Kraft. Mit Schreiben vom 31.07.2023 informiert das Bayerische Bauministerium über die Änderungen.

Hier haben wir Ihnen das Schreiben vom 31.07.2023 im Wortlaut und zum Download bereitgestellt.

Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr vom 31.07.2023

Vollzugshinweise zu den am 01.07.2023 in Kraft getretenen und am 01.08.2023 in Kraft tretenden Änderungen der Bayerischen Bauordnung

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Sehr geehrte Damen und Herren,

der Bayerische Landtag hat am 22. Juni 2023 das Gesetz zur Änderung der Bayerischen Bauordnung (LT-Drs. 18/28240; GVBl 2023, S. 250) und das Gesetz zur Änderung des Baukammerngesetzes und weiterer Rechtsvorschriften (LT-Drs. 18/28882, 18/29471; GVBl 2023 S. 327) beschlossen. Während das Gesetz zur Änderung der Bayerischen Bauordnung bereits am 01.07.2023 in Kraft getreten ist, tritt die in § 4 des Gesetzes zur Änderung des Baukammerngesetzes und weiterer Rechtsvorschriften enthaltene Änderung der BayBO am 01.08.2023 in Kraft. Zu den Änderungen geben wir Hinweise.

Die zuletzt mit Schreiben des Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr vom 25.11.2021 (Az.: StMB-24-4101-2-13) bzw. vom 25.07.2023 (Az.: StMB-24-4101-2-27-462) übermittelten Vollzugshinweise bleiben weiter gültig, soweit hier keine abweichenden Hinweise gegeben werden.

I. Gesetz zur Änderung der Bayerischen Bauordnung (LT-Drs. 18/28240; GVBl 2023, S. 250)

Das am 01.07.2023 in Kraft getretene Änderungsgesetz beinhaltet materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Erleichterungen für die Errichtung von Mobilfunkmasten und verfolgt das Ziel, den Mobilfunkausbau zu beschleunigen.

Zusätzlich zu den untenstehenden Ausführungen wird in Kürze das bereits bestehende, umfassende Rundschreiben zur „Baurechtlichen Beurteilung von Mobilfunkanlagen“ aktualisiert und auf der Homepage des Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr zur Verfügung gestellt.

1. Wegfall der Abstandsflächen im Außenbereich, Art. 6 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BayBO

Gemäß Art. 6 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BayBO sind in den Abstandsflächen sowie ohne eigene Abstandsflächen, auch wenn sie nicht an der Grundstücksgrenze errichtet werden, Antennen und Antennen tragende Masten für den Mobilfunk und den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) im Außenbereich zulässig. Damit entfällt die Abstandsflächenpflicht für diese Masten im Außenbereich. Der Wegfall der Abstandsflächenpflicht im Außenbereich ist aus bauordnungsrechtlicher Sicht unproblematisch, da die Schutzzwecke des Abstandsflächenrechts – Belichtung, Belüftung, Sozialabstand – im Außenbereich, anders als im Innenbereich und im Bereich qualifizierter Bebauungspläne, üblicherweise nicht betroffen sind. Das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme ist bzgl. etwaiger vorhandener Bebauung selbstverständlich weiterhin zu beachten.

2. Erweiterung der verfahrensfreien Höhe von Mobilfunkmasten, Art. 57 Abs. 1 Nr. 5 a), aa) BayBO

Art. 57 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a) BayBO nimmt Antennen und Antennen tragende Masten mit einer freien Höhe bis zu 15 m, im Außenbereich bis zu 20 m, sowie dazugehörige Versorgungseinheiten mit einem Brutto-Rauminhalt bis zu 10 m³ von der Baugenehmigungspflicht aus. Die Höhe, bis zu der Antenne und Antennen tragende Masten verfahrensfrei errichtet werden können, wird somit von 10 m auf 15 m im Innenbereich und von 15 m auf 20 m im Außenbereich angehoben. Verfahrensfrei sind ebenfalls die mit solchen Vorhaben verbundene Änderung der Nutzung oder der äußeren Gestalt einer bestehenden baulichen Anlage.

3. Verfahrensfreiheit temporärer Masten, Art. 57 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BayBO

Nach Art. 57 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BayBO sind Antennen und Antennen tragende Masten für den Mobilfunk und die dazugehörigen Versorgungseinheiten mit einem Bruttorauminhalt von 10 m3, die zur Schließung von Versorgungslücken für längstens 24 Monate aufgestellt werden, verfahrensfrei. Temporäre Mobilfunkmasten, die die verfahrensfreie Höhe von 15 m im Innenbereich bzw. 20 m im Außenbereich nicht überschreiten, können bereits nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 5 a), aa) BayBO verfahrensfrei aufgestellt werden (vgl. Nr. 2). Werden diese Höhenmaße überschritten, kommt eine Verfahrensfreiheit über Art. 57 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BayBO in Betracht, die auch für solche temporären Masten gilt, die Sonderbauten im Sinne von Art. 2 Abs. 4 Nr. 2 BayBO sind.

Den Zweck des Schließens einer bestehenden Versorgungslücke muss der Mobilfunkbetreiber der Bauaufsichtsbehörde auf Verlangen darlegen. Ein solches Verlangen wird, als sog. atypische, auf Art. 54 Abs. 2 Satz 2 BayBO gestützte, bauaufsichtliche Maßnahme, nur in Betracht kommen, wenn konkrete und nachvollziehbare Anhaltpunkte begründeten Anlass zu Zweifeln am Zweck geben.

Ist absehbar, dass die zulässige Aufstelldauer von 24 Monaten überschritten wird, bedarf der Mobilfunkmast der Baugenehmigung. Es obliegt dem Betreiber der Anlage, den Bauantrag so rechtzeitig einzureichen, dass die Baugenehmigung vor dem Ablauf der 24 Monate vorliegt. Es ist sinnvoll, wenn die untere Bauaufsichtsbehörde den Betreiber rechtzeitig vorher auf den Ablauf der Frist hinweist. Ausschlaggebend für die Berechnung der 24-monatigen Aufstellungsdauer ist die Gesamtstanddauer des konkreten Mastens. Angerechnet wird somit auch die Zeit, die ein temporärer Mast ggf. bereits vor dem Inkrafttreten des Änderungsgesetzes am 01.07.2023 aufgestellt war. Liegt die erforderliche Baugenehmigung nach dem Ablauf der 24 Monate nicht vor, kommen entsprechende bauaufsichtliche Maßnahmen, hier die Anordnung der Beseitigung, in Betracht.

Art. 57 Abs. 3 Satz 3 und 4 BayBO enthalten weitere Sonderregelungen für temporäre Mobilfunkmasten. Trotz Verfahrensfreiheit sind für sie bautechnische Nachweise (insbesondere Standsicherheits- und Brandschutznachweis) erforderlich, Art. 57 Abs. 3 Satz 3 BayBO. Aus der Nichtverweisung auf Art. 62b Abs. 2 BayBO folgt für den Brandschutznachweis, dass dieser nicht geprüft oder bescheinigt werden muss. Eine präventive Prüfung ist regelmäßig entbehrlich, da sich die bauordnungsrechtlichen Anforderungen an den Brandschutz in der Regel auf die Brandverhaltensklasse der Baustoffe (Art. 24 Abs. 1 Satz 2 BayBO) und die Möglichkeit zur Durchführung von Löscharbeiten (Art. 12 BayBO) beschränken. Bezüglich des Standsicherheitsnachweises gilt abhängig von den Voraussetzungen des Art. 62a Abs. 2 Satz 1 und 3 BayBO das sog. Vier-Augen-Prinzip. Durch die Nichtverweisung auf Art. 62b Abs. 2 Satz 2 BayBO wird aber geregelt, dass der Standsicherheitsnachweis regelmäßig von einem vom Bauherrn zu beauftragenden Prüfsachverständigen zu bescheinigen ist. Die sonst bei Sonderbauten erforderliche Prüfung durch die Bauaufsichtsbehörde bzw. von der Bauaufsichtsbehörde zu beauftragenden Prüfingenieur oder Prüfamt entfällt. Gem. Art. 57 Abs. 3 Satz 4 muss die Aufstellung der Masten zwei Wochen vorher vom Bauherrn bei der zuständigen unteren Bauaufsichtsbehörde angezeigt werden. Mit der Anzeigepflicht ist keine Prüfpflicht der unteren Bauaufsichtsbehörden verbunden. Die Anzeige dient der Information und versetzt die untere Bauaufsichtsbehörde in die Lage, falls erforderlich, Anforderungen zur Abwehr konkreter Gefahren oder Nachteile nach Art. 54 Abs. 3 Satz 1 BayBO zu stellen.

4. Genehmigungsfiktion, Art. 68 Abs. 2 Satz 2 BayBO

Art. 68 Abs. 2 Satz 2 BayBO regelt die Genehmigungsfiktion für Bauanträge, die die Errichtung oder Änderung einer Mobilfunkanlage betreffen. Anders als bei der bestehenden Genehmigungsfiktion für Wohnbauvorhaben (Fiktionsfrist: drei Monate) beträgt die Fiktionsfrist hier sechs Monate statt drei Monate. Die Länge der Fiktionsfrist liegt darin begründet, dass von der Fiktion für Mobilfunkanlagen auch solche Anlagen umfasst werden, die Sonderbauten i.S.v. Art. 2 Abs. 4 Nr. 2 BayBO sind und im umfassenden Prüfprogramm des Art. 60 BayBO geprüft werden. Die sechsmonatige Fiktionsfrist beginnt nach Art. 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayBO drei Wochen nach Zugang des vollständigen Bauantrags bzw. im Fall der Nachforderung von Unterlagen drei Wochen nach dem Zugang nachgeforderter Unterlagen.

Auf den Eintritt der Genehmigungsfiktion kann der Antragsteller unter den Voraussetzungen des Art. 68 Abs. 2 Satz 3 BayBO verzichten. Wir weisen darauf hin, dass die Praktikabilität dieser Regelung zum 01.08.2024 evaluiert werden soll. Es ist deshalb sinnvoll, wenn die unteren Bauaufsichtsbehörden ab sofort die in Bezug auf Mobilfunksendemasten die Dauer der Genehmigungsfiktion und ein etwaiges Eintreten der Genehmigungsfiktion ab dem Inkrafttreten des Änderungsgesetzes erfassen.

II. Gesetz zur Änderung des Baukammerngesetzes und weiterer Rechtsvorschriften (LT-Drs. 18/28882, 18/29416; 18/29417; GVBl 2023 S. 327)

1. Art. 27 Abs. 6 BayBO -Trennwände und Art. 28 Abs. 2 BayBO - Brandwände

Durch die Änderungen in Art. 27 Abs. 6 und Art. 28 Abs. 2 soll für Gebäude der Gebäudeklassen 1 und 2 die Errichtung von Solaranlagen auf Dächern erleichtert werden. Im Ergebnis wird für sie das bereits seit der Bauordnungsnovelle 2008 bestehende Anforderungsprofil für aneinandergebaute Gebäude auf demselben Grundstück auf Gebäude, die an der Grundstücksgrenze aneinandergebaut sind, übertragen.

Art. 30 Abs. 5 Satz 2 verlangt für auf dem Dach errichtete Solaranlagen je nach Art und Konstruktion bestimmte Abstände zu Brandwänden und Wänden, die anstelle von Brandwänden zulässig sind. Diese Wände werden nach Art 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO erforderlich als Gebäudeabschlusswände auf der Grundstücksgrenze. Bei auf demselben Grundstück aneinandergebauten Gebäuden sind keine Brandwände vorgeschrieben, sondern Trennwände zwischen Nutzungseinheiten nach Art. 27 BayBO. Sie müssen im Hinblick auf den Feuerwiderstand innerhalb des Gebäudes dieselben Anforderungen erfüllen wie die tragenden Bauteile, mindestens jedoch feuerhemmend sein.

Bei Gebäuden der Gebäudeklassen 1 und 2, die (ausgenommen land- und forst- wirtschaftlich genutzte Gebäude) auf jeweils zwei Nutzungseinheiten bei höchstens 400 m2 Bruttogrundfläche beschränkt bleiben, ist es vertretbar, die Gebäude- abschlusswand auf der Grundstücksgrenze nicht als Brandwand, sondern als Trennwand auszubilden. Als solche wirkt sie innerhalb der Gebäudehülle, auch zwischen aneinandergebauten Gebäuden, einer Brandausbreitung entgegen, im Übrigen greifen jedoch nicht die vergleichsweise strengeren Anforderungen an Brandwände bzw. Wände, die anstelle von Brandwänden zulässig sind (so können z. B. brennbare Baustoffe über die Wand hinweggeführt werden, für – auch brennbare – Dachaufbauten sind keine Abstände erforderlich). Für Gebäude, die auf demselben Grundstück aneinandergebaut sind, gilt dies bereits seit der Bauordnungsnovelle 2008.

Im Gegenzug wird die bisherige Ausnahme von der Trennwandanforderung in Art. 27 Abs. 6 „für“ Wohngebäude der Gebäudeklassen 1 und 2 auf „innerhalb von“ Wohngebäuden der Gebäudeklassen 1 und 2 beschränkt, da nun die Gebäudeabschlusswände – soweit die Gebäude aneinandergebaut sind – regelmäßig Trennwandqualität haben sollen.

2. Art. 58 Abs. 2 Satz 1 BayBO Genehmigungsfreistellungsverfahren für privilegierte Freiflächenphotovoltaikanlagen

Art. 58 Abs. 2 Satz 1 erweitert das Genehmigungsfreistellungsverfahren auf die Errichtung und Änderung bauplanungsrechtlich privilegierter Solaranlagen nach § 35 Abs. 1 Nr. 8 Buchst. b) Baugesetzbuch (BauGB). Die Änderung in Art. 58 Abs. 2 Satz 1 BayBO tritt mit Wirkung zum 01.08.2023 in Kraft.

Seit 01.01.2023 zählen Freiflächen-PV-Anlagen, die auf einer Fläche innerhalb eines 200-Meter-Korridors längs von Autobahnen oder Schienenwegen des übergeordneten Netzes, mit mindestens zwei Hauptgleisen gemessen vom äußeren Fahrbahnrand, errichtet werden, gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 8 bBauGB zu den im Außenbereich privilegierten Vorhaben. Der Bundesgesetzgeber legt dabei zugrunde, dass Flächen entlang von Autobahnen und Schienenwegen ohnehin durch optische und akustische Belastungen vorgeprägt sind, sodass eine Belegung mit PV- Anlagen auch ohne vorherige Durchführung eines Bauleitplanverfahrens ermöglicht werden soll (BT-Drs. 20/4704, S. 17). Mit der Aufnahme in das Genehmigungsfreistellungsverfahren wird die infolge der bauplanungsrechtlichen Privilegierung an sich erforderliche Durchführung des Genehmigungsverfahrens grundsätzlich entbehrlich.

Durch die unveränderte Beibehaltung des Art. 58 Abs. 2 Satz 2 BayBO gilt Art. 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 5 BayBO entsprechend. Die Gemeinden, die vor der bauplanungsrechtlichen Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 8 Buchst. b) BauGB im Wege der Aufstellung von Bebauungsplänen beteiligt waren, haben damit die Möglichkeit, innerhalb eines Monats die Durchführung des vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens zu beantragen und eine präventive Prüfung durch die untere Bauaufsichtsbehörde herbeizuführen. Die Erklärung der Gemeinde nach Art. 58 Abs. 1 Nr. 5 BayBO kann insbesondere bei der Befürchtung möglicher Nutzungskonflikte zwischen den unterschiedlichen öffentlichen Belangen, insbesondere von Natur-, Umwelt- und Artenschutz, sowie bei Diskussionsbedarf über den Standort erfolgen.

Für die Errichtung privilegierter Solaranlagen nach § 35 Abs. 1 Nr. 8 Buchst. b) BauGB ist die Abgabe einer Rückbauverpflichtung gemäß § 35 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 1 BauGB Genehmigungsvoraussetzung. Gemäß § 35 Abs. 5 Satz 3 BauGB soll die Baugenehmigungsbehörde die Einhaltung der Rückbauverpflichtung rechtlich absichern. Im Falle des Genehmigungsfreistellungsverfahrens ist die Verpflichtungserklärung eine erforderliche Unterlage im Sinne des Art. 58 Abs. 3 Satz 1 BayBO, die zur Genehmigungsfreistellung bei der Gemeinde einzureichen ist. Wird sie nicht mit eingereicht, sind die Unterlagen nicht vollständig und die Frist zur Genehmigungsfreistellung nach Art. 58 Abs. 3 Satz 5 BayBO beginnt nicht zu laufen. Bis zu einer etwaigen Nachreichung kann daher keine Genehmigungsfreistellung erfolgen. Beginnt der Bauherr dennoch mit der Errichtung der PV-Freiflächenanlage, kann die zuständige untere Bauaufsichtsbehörde im Rahmen einer Ermessenentscheidung über ein bauaufsichtliches Einschreiten entscheiden. Üblicherweise wird zur Herstellung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit der Bauherr hier zur Abgabe einer Rückbauverpflichtung aufgefordert wer- den, bevor stärker belastende Maßnahmen wie eine Beseitigungsanordnung in Betracht kommen.

Die vom Bundesgesetzgeber mit der Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 8 Buchst. b) BauGB getroffene planersetzende Zuweisung in den Außenbereich, hindert die Gemeinde jedoch nicht im Wege der Bauleitplanung tätig zu werden. Die Vorschrift des Art. 57 Abs. 2 Nr. 9 BayBO bleibt durch die Erweiterung des Genehmigungsfreistellungsverfahrens unberührt. Für die bauleitplanungspflichtigen, nicht privilegierten Anlagen verbleibt es unter den Voraussetzungen des Art 57 Abs. 2 Nr. 9 BayBO bei der bisherigen Verfahrensfreiheit.

Für die Einhaltung von Vorschriften des materiellen Rechts gilt, soweit die Genehmigungsfreistellung in Anspruch genommen werden kann, oder aber diese Vor-schriften nicht Gegenstand der Prüfung nach Art. 59 BayBO sind, Art. 55 Abs. 2 BayBO.

3. Art. 61-61 b, 62 BayBO - Bauvorlageberechtigung

3.1 Systematik der Bauvorlageberechtigung

Die Grundsystematik der Bauvorlageberechtigung (beschränkte Bauvorlageberechtigung nach Art. 61 Abs. 3 und 4 BayBO, volle Bauvorlageberechtigung für Architekten nach Art. 61 Abs. 2 BayBO sowie für bauvorlageberechtigte Ingenieure mit zweijähriger Berufserfahrung) bleibt erhalten.

Aufgehoben wurden die bisherigen Absätze 6 bis 8 des Art. 61. Diese werden er- setzt durch die neuen Art. 61a sowie Art. 61b BayBO. Betroffen sind davon Staatsangehörige anderer Mitgliedsstaaten.

Wesentliche Neuerung ist die Erweiterung der Eintragungsmöglichkeiten in die Liste der voll Bauvorlageberechtigten nach Art. 61 Abs. 5 für Besitzer von Ausbildungsnachweisen, die nach europarechtlichen Mindeststandards erworben wurden (Art. 61a Abs. 2). Dies stellt sicher, dass die Vorgaben der Berufsanerkennungsrichtlinie 2005/36/EG gewahrt sind.

3.2 Neuerungen in Art. 61 BayBO

Neben redaktionellen Anpassungen ist es nach Art. 61 Abs. 3 Satz 1 n.F. für ausländische Absolventen nicht mehr nötig, für die beschränkte Bauvorlageberechtigung eine Genehmigung nach Art. 2 Abs. 1 Nr. 2, Art. 3 i.V.m. Art. 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BayIngG bei der Regierung von Schwaben zu beantragen. Die Änderung vereinfacht die Rechtslage: Nunmehr ist lediglich ein erfolgreicher Studienabschluss mit der entsprechenden Mindestpunktezahl im Sinne des Art. 2 Abs. 1 BayIngG nachzuweisen. Entsprechende Nachweise hierfür sind von den Vollzugsbehörden im Zweifelsfall von den Vorlagenerstellern anzufordern. Hierzu können die Baukammern bei Bedarf die Unteren Bauaufsichtsbehörden beraten. Betroffen sein werden vor allem diejenigen Personen aus anderen europäischen Staaten, die noch keine ausreichende berufspraktische Tätigkeit nachweisen können.

3.3 Art. 61a BayBO (Bauvorlageberechtigung Staatsangehöriger anderer Mitgliedsstaaten)

Art. 61a BayBO erfasst das Verfahren für Staatsangehörige anderer Mitgliedsstaaten, die in Bayern zur Erbringung ihrer Dienstleistung niedergelassen sind und die volle Bauvorlageberechtigung durch Eintragung in die Liste nach Art. 61 Abs. 5 BayBO beantragen. Die Vorschrift richtet sich primär an die Bayerische Ingenieurekammer-Bau (Listeneintragung). Die unteren Bauaufsichtsbehörden profitieren wiederum von den Bescheinigungen, die die Vorlageberechtigten von der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau erhalten (Abs. 4).

Abs. 1 stellt sicher, dass auswärtige Hochschulabsolventen mit erfolgreichem Studienabschluss im Bauingenieurwesen (oder mit einem berufsqualifizierenden Hochschulabschluss der Fachrichtung Hochbau) und zweijähriger praktischer Tätigkeit auf dem Gebiet der Entwurfsplanung bauvorlageberechtigt sind, wenn Gleichwertigkeit zu inländischen Anforderungen besteht. „Bauvorlageberechtigt“ bedeutet letztlich die Anwendbarkeit von Art. 61 BayBO (siehe dessen amtliche Überschrift). Die Gleichwertigkeit des auswärtigen Hochschulabschlusses nach Art. 61a Abs. 1 Satz 1 mit den in Art. 61 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 genannten Anforderungen kann von der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau nötigenfalls über das „Beratungszentrum“ des zuständigen Herkunftsmitgliedsstaates nach Art. 57b Abs. 3 Alternative 1 der Richtlinie 2005/36/EG ermittelt werden, soweit die auswärtigen Hochschulabschlüsse nicht der automatischen Anerkennung unterliegen. Die „Beratungszentren“ der Herkunftsstaaten lösen die „Kontaktstellen“ ab (vgl. Erwägungsgrund 28 der Richtlinie 2013/55/EU). Für die Bundesrepublik ist das „EU-Beratungszentrum“ des Bundesinstituts für Berufsbildung Bonn zuständig, welches im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung tätig wird.

In Absatz 2 wird unterschieden zwischen einem im Niederlassungsstaat reglementierten Beruf (Abs. 2 Satz 1) und einem nicht reglementierten Beruf (Abs. 2 Satz 2). Eine „reglementierte Ausbildung“ ist nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. e) der Richtlinie 2005/36/EG eine Ausbildung, die speziell auf die Ausübung eines bestimmten Berufes ausgerichtet ist und aus einem abgeschlossenen Ausbildungsgang oder mehreren abgeschlossenen Ausbildungsgängen besteht, der gegebenenfalls durch eine Berufsausbildung, durch ein Berufspraktikum oder durch Berufspraxis ergänzt wird. Es kommen auch Ausbildungsberufe in Betracht, wenn diese nach dem Recht des jeweiligen Mitgliedstaates für die unbeschränkte Befähigung zur Erstellung von Bauvorlagen genügen. Diese Fallgestaltungen werden für Ausbildungsberufe eher hypothetischer Natur sein. Sie sind dennoch aus europarechtlichen Gründen geregelt worden. „Ausbildungsnachweise“ sind nach den Begriffsbestimmungen in Art. 3 Abs. 1 Buchst. c) der Richtlinie 2005/36/EG dabei definiert als „Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstige Befähigungsnachweise, die von einer Behörde eines Mitgliedstaats, die entsprechend dessen Rechts- und Verwaltungsvorschriften benannt wurde, für den Abschluss einer überwiegend in der Gemeinschaft absolvierten Berufsausbildung ausgestellt werden“. Die Begrifflichkeiten „Befähigungsnachweis“, „Zeugnis“ sowie „Diplom“ werden als verschiedene Qualifikationsniveaus in Art. 11 Buchst. a) bis e) der Richtlinie 2005/36/EG genauer definiert (siehe auch Erläuterung zu Abs. 5).

In Abs. 3 werden die Vorgaben für die vorzulegenden Unterlagen nach Art. 50 der Richtlinie 2005/36/EG G in Verbindung mit deren Anhang VII Nr. 1 Buchst. a und b Satz 1 sowie auf Anforderung nach Anhang VII Nr. 1 Buchst. b Unterabs. 2 dieser Richtlinie durch Verweise auf Art. 12 und 13 BayBQFG ergänzt. Anhang VII Nr. 1 Buchst. a und b Satz 1 sowie Anhang VII Nr. 1 Buchst. b Unterabs. 2 der Richtlinie Art. 50 der Richtlinie 2005/36/EG zählen folgende Unterlagen auf: Den Staatsangehörigkeitsnachweis der betreffenden Person, eine Kopie der Befähigungsnach- weise oder des Ausbildungsnachweises, der zur Aufnahme des entsprechenden Berufes berechtigt, sowie gegebenenfalls eine Bescheinigung über die von der betreffenden Person erworbene Berufserfahrung. Ferner können die zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaates den Antragsteller auffordern, Informationen zu seiner Ausbildung vorzulegen, soweit dies erforderlich ist, um festzustellen, ob diese möglicherweise von der im betreffenden Staat geforderten Ausbildung gemäß Artikel 14 der Richtlinie 2005/36/EG erheblich abweicht. Ist der Antragsteller nicht in der Lage, diese Informationen vorzulegen, so wenden sich die zuständigen Behörden des Aufnahmestaats an die Kontaktstelle, die zuständige Behörde oder an eine andere einschlägige Stelle des Herkunftsmitgliedstaates. Die Verweise auf Art. 12 und 13 BayBQFG betreffen vor allem die Form des Antrags auf Eintragung, die übrigen einzureichenden Unterlagen und das diesbezügliche Verfahren. Zuständig ist die Bayerische Ingenieurekammer-Bau.

Die nach Abs. 4 erteilten Bescheinigungen für die Eintragungen in die Liste der Bauvorlageberechtigten erleichtern es den Vollzugsbehörden, das Tatbestandsmerkmal der „Bauvorlageberechtigung“ in Art. 61 Abs. 2 Nr. 2 nachzuprüfen.

In Abs. 5 wird es der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau ermöglicht, wesentliche Unterschiede im Berufsqualifikationsniveau der Antragsteller durch Anpassungslehrgänge auszugleichen oder durch Eignungsprüfungen testen zu lassen (Ausgleichsmaßnahmen). Art. 3 Abs. 1 Buchst. g) und h) der Richtlinie 2005/36/EG i.d.F. der Richtlinie 2013/55/EU definieren diese Maßnahmen genauer.
Eine „Eignungsprüfung“ ist danach „eine die beruflichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Kompetenzen des Antragstellers betreffende und von den zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaats durchgeführte oder anerkannte Prüfung, mit der die Fähigkeit des Antragstellers, in diesem Mitgliedstaat einen reglementierten Beruf auszuüben, beurteilt werden soll. Um die Durchführung dieser Prüfung zu ermöglichen, erstellen die zuständigen Behörden ein Verzeichnis der Sachgebiete, die aufgrund eines Vergleichs zwischen der im Aufnahmemitgliedstaat verlangten Ausbildung und der bisherigen Ausbildung des Antragstellers von dem Diplom oder den sonstigen Ausbildungsnachweisen, über die der Antragsteller verfügt, nicht abgedeckt werden. Bei der Eignungsprüfung muss dem Umstand Rechnung getragen werden, dass der Antragsteller in seinem Herkunftsmitgliedstaat oder dem Mitgliedstaat, aus dem der Antragsteller kommt, über eine berufliche Qualifikation verfügt. Die Eignungsprüfung erstreckt sich auf Sachgebiete, die aus dem Verzeichnis ausgewählt werden und deren Kenntnis eine wesentliche Voraussetzung für die Ausübung des Berufs im Aufnahmemitgliedstaat ist. Diese Prüfung kann sich auch auf die Kenntnis der sich auf die betreffenden Tätigkeiten im Aufnahmemitgliedstaat beziehenden berufsständischen Regeln erstrecken. Die Einzelheiten der Durchführung der Eignungsprüfung und die Rechtsstellung des Antragstellers in dem Aufnahmemitgliedstaat, in dem er sich auf die Eignungsprüfung vorzubereiten wünscht, werden von den zuständigen Behörden dieses Mitglied-staats festgelegt.“

Ein „Anpassungslehrgang“ ist nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. g) der Richtlinie 2005/36/EG die Ausübung eines reglementierten Berufs, die in dem Aufnahmemitgliedstaat unter der Verantwortung eines qualifizierten Berufsangehörigen erfolgt und gegebenenfalls mit einer Zusatzausbildung einhergeht. Der Lehrgang ist Gegenstand einer Bewertung. Die Einzelheiten des Anpassungslehrgangs und seiner Bewertung sowie die Rechtsstellung des beaufsichtigten zugewanderten Lehrgangsteilnehmers werden von der zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaats festgelegt. Die Rechtsstellung des Lehrgangsteilnehmers im Aufnahmemitgliedstaat, insbesondere im Bereich des Aufenthaltsrechts sowie der Verpflichtungen, sozialen Rechte und Leistungen, Vergütungen und Bezüge wird von den zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats gemäß dem geltenden Gemeinschaftsrecht festgelegt“. Folgerichtig wird die Bayerische Ingenieurekammer in Abs. 6 Satz 1dazu ermächtigt, solche Ausgleichsmaßnahmen festzulegen.

Die Berufsqualifikationsniveaus nach Art. 11 Buchst. b, c, d oder e der Richtlinie 2005/36/EG i.d.F. der Richtlinie 2013/55/EU sind folgende:

„b) Zeugnis, das nach Abschluss einer Ausbildung auf Sekundarniveau erteilt wird,
- entweder einer allgemein bildenden Sekundarausbildung, die durch eine Fach- oder Berufsausbildung, die keine Fach- oder Berufsausbildung im Sinne des von Buchstabe c ist, und/oder durch ein neben dem Ausbildungsgangerforderliches Berufspraktikum oder eine solche Berufspraxis ergänzt wird;
- oder einer technischen oder berufsbildenden Sekundarausbildung, die gegebenenfalls durch eine Fach- oder Berufsausbildung gemäß Ziffer i und/oder durch ein neben dem Ausbildungsgang erforderliches Berufspraktikum oder eine solche Berufspraxis ergänzt wird.“

„c) Diplom, das erteilt wird nach Abschluss
- einer postsekundären Ausbildung von mindestens einem Jahr oder einer Teilzeitausbildung von entsprechender Dauer, die keine postsekundäre Ausbildung im Sinne der Buchstaben d und e ist und für die im Allgemeinen eine der Zugangsbedingungen der Abschluss einer zum Universitäts- oder Hochschulstudium berechtigenden Sekundarausbildung oder eine abgeschlossene entsprechende Schulbildung der Sekundarstufe II ist, sowie der Berufsausbildung, die gegebenenfalls neben der postsekundären Ausbildung gefordert wird;
- eines reglementierten Ausbildungsgangs oder - im Fall eines reglementierten Berufs - einer dem Ausbildungsniveau gemäß Ziffer i entsprechenden besonders strukturierten Berufsausbildung, durch die Kompetenzen vermittelt werden, die über das hinausgehen, was durch das Qualifikationsniveau nach Buchstabe b vermittelt wird, wenn diese Ausbildung eine vergleichbare Berufsbefähigung vermittelt und auf eine vergleichbare berufliche Funktion und Verantwortung vorbereitet, sofern dem Diplom eine Bescheinigung des Herkunftsmitgliedstaats beigefügt ist“ (vgl. RL 2013/55/EU).

„d) Diplom, mit dem nachgewiesen wird, dass der Inhaber eine postsekundäre Ausbildung von mindestens drei und höchstens vier Jahren oder eine Teilzeitausbildung von entsprechender Dauer, die zusätzlich in der entsprechenden Anzahl von ECTS-Punkten ausgedrückt werden kann, an einer Universität oder einer anderen Hochschule oder einer anderen Ausbildungseinrichtung mit gleichwertigem Ausbildungsniveau erfolgreich abgeschlossen sowie gegebenenfalls die Berufsausbildung, die neben dem Studium gefordert wird, erfolgreich abgeschlossen hat (vgl. Richtlinie 2013/55/EU).“

„e) Diplom, mit dem nachgewiesen wird, dass der Inhaber einen postsekundären Ausbildungsgang von mindestens vier Jahren oder eine Teilzeitausbildung von entsprechender Dauer, die zusätzlich in der entsprechenden Anzahl an ECTS-Punkten ausgedrückt werden kann, an einer Universität oder einer anderen Hochschule oder in einer anderen Ausbildungseinrichtung mit gleichwertigem Ausbildungsniveau erfolgreich abgeschlossen sowie gegebenenfalls die Berufsausbildung, die neben dem Studium gefordert wird, erfolgreich abgeschlossen hat“ (vgl. RL 2013/55/EU).

Der Verweis in Abs. 8 auf Art. 61 Abs. 7 BayBO stellt sicher, dass durch die Anwendung von Art. 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 BauKaG den Dienstleistungsempfängern und den zuständigen Behörden Informationen und Kontaktdaten gemäß Art. 22, 27 und 28 Abs. 4 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über die Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl L 376 S. 36) zur Verfügung gestellt werden. Das sind Informationen über die Dienstleistungserbringer und deren Dienstleistungen (Art. 22 der Richtlinie 2006/123/EG), Maßnahmen zur Streitbeilegung durch Angabe aller Kontaktdaten (Art. 27 der Richtlinie 2006/123/EG) sowie Amtshilfe zur Kontrolle der Informationen (Art. 28 Abs. 4 der Richtlinie 2006/123/EG).

Der Verweis auf Art. 16 BayBQFG stellt sicher, dass über die Verfahren zur Feststellung der Gleichwertigkeit eine Landesstatistik geführt wird.

3.4. Hinweise zu Art. 61b (Bauvorlageberechtigung auswärtiger Dienstleister)

Die Vorschrift richtet sich an die Bayerische Ingenieurekammer-Bau.
Art. 61b Abs. 1: Das Eintragungserfordernis auswärtiger Dienstleister, die sich zur vorübergehenden und gelegentlichen Erstellung von Bauvorlagen nach Bayern begeben, in ein Dienstleisterverzeichnis ist lediglich deklaratorisch zu verstehen. Es soll nur sicherstellen, dass die Bayerische Ingenieurekammer-Bau die Berufspflichten kontrollieren kann. Die „Bauvorlageberechtigung“, die der auswärtige Dienstleister innehat, ist als Verweis auf die Systematik des Art. 61 zu verstehen (vgl. amtliche Überschrift des Art. 61).

Art. 61b Abs. 2 und 3: Die Anzeige der erstmaligen Erbringung einer Dienstleistung in einem beliebigen Bundesland berechtigt zum Zugang im gesamten Hoheitsgebiet der Bundesrepublik. Sobald diese Anzeige erbracht ist, kann der Dienstleister nach Abs. 3 Bauvorlagen erstellen. Der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau wird jedoch ein Prüfvorbehalt eingeräumt, d. h. ihr steht es frei die mit der Anzeige vorgelegten Unterlagen zu überprüfen. Abs. 3 Satz 2 ist daher als Ermessensvorschrift ausgestaltet. Abs. 3 S. 3 bis 5 tragen u.a. den engen Grenzen für die Untersagung der Ausübung Rechnung, die Art. 5 Abs. 1 Buchst. a und b der Richtlinie 2005/36/EG ziehen.

Zu Abs. 4 wird in Art. 7 Abs. 3 der der Richtlinie 2005/36/EG bezüglich der Führung unter der Berufsbezeichnung des Niederlassungsmitgliedsstaates ausgeführt: „Die Dienstleistung wird unter der Berufsbezeichnung des Niederlassungsmitgliedstaats erbracht, sofern in diesem Mitgliedstaat für die betreffende Tätigkeit eine solche Berufsbezeichnung existiert. Die Berufsbezeichnung wird in der Amtssprache oder einer der Amtssprachen des Niederlassungsmitgliedstaats geführt, und zwar so, dass keine Verwechslung mit der Berufsbezeichnung des Aufnahmemitgliedstaats möglich ist. Falls die genannte Berufsbezeichnung im Niederlassungsmitgliedstaat nicht existiert, gibt der Dienstleister seinen Ausbildungsnachweis in der Amtssprache oder einer der Amtssprachen dieses Mitgliedstaats an. In den im Titel III Kapitel III genannten Fällen wird die Dienstleistung ausnahmsweise unter der Berufsbezeichnung des Aufnahmemitgliedstaats erbracht.“

Zu Art. 61b Abs. 5: Es gelten die Berufspflichten auch für auswärtige Dienstleister, vgl. Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2005/36/EG: „Begibt sich der Dienstleister in einen anderen Mitgliedstaat, so unterliegt er im Aufnahmemitgliedstaat den berufsständischen, gesetzlichen oder verwaltungsrechtlichen Berufsregeln, die dort in unmittelbarem Zusammenhang mit den Berufsqualifikationen für Personen gelten, die denselben Beruf wie er ausüben, und den dort geltenden Disziplinarbestimmun- gen; zu diesen Bestimmungen gehören etwa Regelungen für die Definition des

Berufs, das Führen von Titeln und schwerwiegende berufliche Fehler in unmittelbarem und speziellem Zusammenhang mit dem Schutz und der Sicherheit der Verbraucher.

Zu Art. 61b Abs. 6: vgl. entsprechende Ausführungen oben bei Art. 61a Abs. 8.

3.5 Art. 62 Abs. 3 Satz 3 BayBO

Durch den Verweis auf Art. 61b wird das Verfahren auch bei Tragwerksplanern nach Art. 62a Abs. 1 und Brandschutzplanern nach Art. 62b Abs. 1 Nr. 1 an die geänderte Systematik angepasst und damit ein Gleichlauf erzeugt. Auch dort genügt für Dienstleister, die in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder eine durch Abkommen gleichgestellten Staat niedergelassen sind, über den Ver- weis in Art. 61b Abs. 2 Satz 3 Nr. 4 ein Ausbildungsnachweis nach Art. 61a Abs. 2 Satz 2, falls diese Fallgruppe einschlägig ist.

4. Art. 63 BayBO n.F.

Hier schärft das Änderungsgesetz durch eine Anpassung der bereits bestehenden Abweichungsregelungen der BayBO nach. Aus der bisher in Art. 63 BayBO enthaltenen „Kann-Vorschrift“ wird nun eine „Soll-Vorschrift“. Darüber hinaus wird Art. 63 Abs. 1 Satz 2 BayBO neugefasst:

Die „Soll-Vorschrift“ des bisherigen Satzes 2, nach der Abweichungen von Art. 6 zugelassen werden sollten, wenn ein rechtmäßig errichtetes Gebäude durch ein Wohngebäude höchstens gleicher Abmessung und Gestalt ersetzt wird, wird um weitere Fallgruppen, in denen Abweichungen in Betracht kommen, ergänzt. Unverändert bleibt, dass eine Abweichung nur auf Grundlage eines inhaltlich begründeten Antrags gewährt werden kann. Abs. 1 Satz 2 enthält künftig in vier Ziffern - lediglich beispielhaft und nicht abschließend - Regelbeispiele, die Situationen skizzieren, in denen eine Abweichung insbesondere erteilt werden soll.

Vorhaben, die der Weiternutzung bestehender Gebäude dienen (Nr. 1), Abweichungen von den Anforderungen des Art. 6, wenn ein rechtmäßig errichtetes Gebäude durch ein Gebäude höchstens gleicher Abmessung und Gestalt ersetzt wird (Nr. 2; diese bisher nur für Wohngebäude geltende Regelung umfasst nun alle Gebäude höchstens gleicher Abmessung und Gestalt, die ein rechtmäßig errichtetes Gebäude ersetzen), Vorhaben zur Energieeinsparung und Nutzung erneuerbarer Energien (Nr. 3) und Vorhaben zur Erprobung neuer Bau- und Wohnformen (Nr. 4).

Die Regelung trägt der zunehmenden Notwendigkeit Rechnung, bei Bestandsmaßnahmen bautechnische Lösungen nach den Erfordernissen des Einzelfalls zu entwickeln. Sie soll auch die Realisierung experimenteller Vorhaben, die abweichend von den geltenden Bauvorschriften geplant werden, erleichtern. Eine Absenkung der gesetzlichen Anforderungen ist damit jedoch nicht verbunden. Voraussetzung für die Gestattung von Abweichungen bleibt unverändert, dass sie unter Berücksichtigung des Zwecks der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen, insbesondere den Anforderungen des Art. 3 Satz 1 BayBO, vereinbar sind. Die Klarstellung in Abs. 1 Satz 4 n.F., dass Art. 81a Abs. 1 Satz 2 von den Regelungen des Art. 63 unberührt bleibt, gilt unverändert, wird aber nun als eigener Satz 4 angefügt.

Die Vorschrift dient vor allem der öffentlich-rechtlichen Vorbereitung von Erleichterungen, die unter dem Schlagwort „Gebäudetyp E“ diskutiert werden. Die zivilrechtliche Seite dieses Aspekts wird derzeit auf Bundesebene erörtert und ist noch nicht abgeschlossen.

Mit freundlichen Grüßen

gez. Hans-Peter Böhner
Ministerialdirigent

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Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr vom 31.07.2023

Quelle: Bayerisches Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr

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