05.06.2024 - München
Soll der Auftraggeber gefälligst zahlen, setzt das Ansinnen schon begrifflich voraus, dass die Forderung fällig ist. Dem Werkvertragsrecht ist es eigen, dass der Unternehmer seine Vergütung erst mit erfolgter Abnahme verlangen kann, denn diese erst begründet die Fälligkeit. „Ingenieure können nicht oft genug daran erinnert werden, dass auch sie Unternehmer sind und folglich dieselben Fälligkeitsvoraussetzungen erfüllen müssen“, sagt Dr. Andreas Ebert, Justiziar der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau.
Die werkvertragliche Vorleistungspflicht des Unternehmers wird jedoch durch das Recht auf Abschlagszahlungen nach § 632a BGB abgemildert. § 632a BGB ist dank § 650q Abs. 1 BGB auch auf Ingenieurverträge anwendbar und regelt die Voraussetzungen für Abschlagsrechnungen eines Unternehmers „in Höhe des Wertes der von ihm erbrachten und nach dem Vertrag geschuldeten Leistungen“. Sind diese nicht vertragsgemäß, kann der Auftraggeber die Zahlung eines angemessenen Teils verweigern. Das BGB verlangt einen Nachweis durch eine Aufstellung der erbrachten Leistungen. Auch die HOAI weist in § 15 Satz 2 explizit auf § 632a BGB hin.
Wie fast immer beantwortet das Gesetz auch hier nicht alle Fragen, wie nachfolgender Streitfall deutlich macht, über den das OLG Frankfurt (Urteil v. 26.06.2023, 29 U 210/21) zu entscheiden hatte.
Ein Bauträger hatte einen Planer zwecks einer Gebäudesanierung einschließlich Aufstockung und Erweiterung mit der Objektplanung gegen eine Pauschalvergütung von 180.000 € netto beauftragt. Auf die Leistungsphasen 1 bis 4 entfiel ein Anteil von 40.000 €. Die weiteren Beträge ab der Leistungsphase 5 sollten gemäß des vertraglichen Zahlungsplanes über 13 monatliche Teilzahlungen zzgl. einer Schlusszahlung von jeweils 10.000 €, insgesamt also mit 140.000 € beglichen werden. Nach Vertrag sollte das Honorar fällig werden, wenn der Planer „die Leistungen vertragsgemäß erbracht und eine prüffähige Honorarteilschlussrechnung für diese Leistungen (= Abnahme der Leistungen des Architekten) überreicht hat.“ Ergänzend wurde auf den obigen Zahlungsplan verwiesen.
Die Abschlagsrechnung für die Phasen 1 bis 4 über 40.000 € zzgl. USt. beglich der Auftraggeber. Auch die nächste Rechnung über 20.700 € und noch zwei weitere über jeweils 10.350 € glich der Auftraggeber aus. Auf nicht weniger als fünf spätere Abschlagsrechnungen zahlte er jedoch nichts und ließ es dabei auch trotz mehrerer Mahnungen bewenden, ohne sich zum Grund der Zahlungseinstellung zu äußern. Daraufhin kündigte der Planer den Vertrag außerordentlich, wenige Tage nach Erhalt der Kündigung zog der Auftraggeber nach und kündigte ebenfalls fristlos. Die bis dahin erbrachten Leistungen waren weitgehend mängelfrei.
Der Planer klagte nun seine gesamte Vergütung ein, auch soweit die Leistungen infolge der Kündigung nicht mehr zu erbringen war. Damit fand er vor dem OLG kein Gehör, welches ihm nur das Honorar für tatsächlich erbrachte Leistungen zusprach. Denn einen Grund für den Planer, den Vertrag selbst aus wichtigem Grund zu kündigen, sah das Gericht nicht.
Zwar könne die Nicht-Zahlung von fälligen Abschlagsrechnungen mit oder ohne vorherige Abmahnung ein sofortiges Loslösen vom Architektenvertrag durch den Architekten rechtfertigen, allerdings sei der Auftraggeber mangels Fälligkeit nicht verpflichtet gewesen, auf die Abschlagsrechnungen Zahlungen zu leisten, weil sie nicht die zwischen den Parteien vertraglich vereinbarten Anforderungen erfüllt hätten, unter denen monatliche Abschlagszahlungen fällig werden sollten. Allein die Abrede der monatlichen Abrechnung habe nichts daran geändert, dass es nach § 632a BGB auf den Wert der erbrachten und nach dem Vertrag geschuldeten Leistungen ankommt.
Eine Abschlagsrechnung müsse prüfbar sein. Auch der Vertrag selbst regele die Prüffähigkeit von Teilleistungen, und zwar unter Bezugnahme auf den Zahlungsplan. Einen Zahlungsanspruch unabhängig vom Leistungsstand gebe der Vertrag nicht her. Die Abschlagsrechnungen wiesen den Leistungsstand jedoch nicht nach. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass der Auftraggeber gleichwohl mehrere Abschlagsrechnungen bezahlt hatte. Mangels Prüfbarkeit waren die Rechnungen also nicht fällig, der Auftraggeber musste demnach keine weiteren Abschlagsforderungen begleichen, und folglich besaß der Planer kein außerordentliches Recht zur Kündigung.
Dennoch hatte er sich fristlos vom Vertrag lösen wollen und war genau damit selbst vertragsbrüchig geworden. Unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen war dem Auftraggeber die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses mit dem Planer bis zur Fertigstellung des Werks nicht zuzumuten, denn er war den Käufern der von ihm saniert angebotenen Wohnungen zur fristgerechten Fertigstellung verpflichtet. Einer gesonderten Abmahnung habe es nicht bedurft. Von den 140.000 €, die auf die Leistungsphasen 5 bis 8 entfielen, durfte der Planer für insoweit mangelfrei erbrachte Leistungen ca. 126.000 € verlangen.
Zwar gehört zur Fälligkeit auch die Abnahme, zu der es nicht mehr gekommen ist. Sie sei jedoch nicht mehr relevant, weil die Kündigung des Auftraggebers die Erfüllungsphase beendet habe und die Vertragsbeziehung zwischen den Parteien in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen sei, was die Abnahme als Fälligkeitsvoraussetzung entbehrlich mache. Darin berücksichtigt das OLG Frankfurt die Rechtsprechung des BGH zutreffend.
Doch einen entscheidenden Punkt übergeht das Gericht zu Lasten des Planers. Zwar ist die Prüfbarkeit einer Abschlagsrechnung auch nach der Rechtsprechung des BGH (BGH, BauR 2005, 1951) eine Fälligkeitsvoraussetzung. Fehlt sie und will der Auftraggeber deshalb nicht zahlen, muss er den Mangel der Prüfbarkeit innerhalb einer Frist von 30 Tagen geltend machen (§ 650g Abs. 4 Satz 3). Das hat er im Streitfall nicht getan, weshalb der Einwand der fehlenden Prüfbarkeit vom Tisch ist, was wiederum dazu führt, dass die Abschlagsforderungen doch fällig waren und somit die Kündigung des Planers hätte durchgreifen müssen. Damit hätte er die volle Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen und ggf. anderweitigen Erwerbs verlangen können.
Dass das Gericht die vom Auftraggeber versäumte Frist der Rügeerhebung nicht thematisiert, könnte auch daran liegen, dass selbst der Prozessvertreter des Planers den Aspekt übersehen hat. Sollte dem so sein, wäre zwar kein weiterer Restvergütungsanspruch, sehr wohl aber der Anwalt fällig.
Quelle: Bayerische Ingenieurekammer-Bau, Foto: Tobias Hase
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