23.08.2024 - München
Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung das Loblied auf die KMU (Kleine und mittlere Unternehmen) und deren Bedeutung für unsere Wirtschaft und Gesellschaft singen. Die Realität ist jedoch eine andere: selten war diese Spezies von Unternehmen so in Gefahr wie heute. Warum eigentlich?" fragt Vizepräsident Dr.-Ing. Werner Weigl in der aktuellen Kolumne in der Staatszeitung.
Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung das Loblied auf die KMU (Kleine und mittlere Unternehmen) und deren Bedeutung für unsere Wirtschaft und Gesellschaft singen. Die Realität ist jedoch eine andere: selten war diese Spezies von Unternehmen so in Gefahr wie heute. Warum eigentlich?
Unstrittig sind unsere KMU – gleich ob Handwerk, Ärzte, Apotheker, Architekten oder Ingenieure – diejenigen, die meist glimpflich und ohne groß nach dem Staat zu rufen erfolgreich alle Flauten und Krisen gemeistert haben und flächendeckend auch und gerade auf dem Land sichere, zum Teil hochqualifizierte Arbeitsplätze bieten. Daneben bilden sie mit ihrem Engagement für soziale Initiativen, Sportvereine und Kultur das Rückgrat der Gesellschaft – heute nötiger denn je.
Warum also haben dennoch viele KMU und Freiberufler Schwierigkeiten, auf dem Markt zu bestehen und Nachfolger zu finden?
Zwei wesentliche Aspekte möchte ich anführen: Vorschriften und Marktbedingungen. Beides wird im Wesentlichen durch Politik und Verwaltung bestimmt. Auch wenn in vielen Fällen Sonderregelungen für KMU getroffen wurden, die Flut an zu beachtenden Vorschriften wie Arbeitszeitregelungen, DSGVO oder Hinweisgeberschutzgesetz ist für kleine Einheiten kaum zu bewältigen.
Auch die Marktbedingungen werden wesentlich durch Gesetze und Verordnungen bestimmt. Die medizinischen Berufe sind vielfach präsent mit ihren Problemen. Ingenieure und Architekten teilen leider das gleiche Los. Die Marktbedingungen, durch die Politik gesetzt, beschleunigen den Konzentrationsprozess dramatisch.
Auch hier ein Beispiel: ein Kindergartenneubau kostet ca. 2-5 Mio. €. Auf dem flachen Land das Brot- und Buttergeschäft für die kleinteilige Planer- und Handwerkerlandschaft. Dann kommt das Vergaberecht. Mit dem Wegfall des §3 Abs. 7 S.2 der VgV sollen nach Lesart mancher Juristen alle Planungsleistungen zusammengezählt werden.
Die gängigen Verfahren und Referenzanforderungen bevorzugen größere Einheiten mit entsprechenden Marketing- und Vertragsabteilungen. Die Verwaltung ist überfordert, braucht teure fachliche, meist juristische Berater, die kleinen Planungsunternehmen vor Ort gehen häufig leer aus.
Kaum hat die Verwaltung auf Drängen von Politik, Kammern und Verbänden wie im Schreiben des Bauministeriums zum Wegfall von §3 Abs. 7 S. 2 den Mut, den Kommunen einen pragmatischen, Fördermittel sichernden Ansatz vorzuschlagen, verhindern um ihre Aufträge in Vergabeverfahren fürchtende Vergabejuristen deren Umsetzung in der Praxis – das kann nur in Deutschland passieren.
Ständig größer werdenden Lose, zum Beispiel durch Zusammenfassung von mehreren Schulen oder Wohneinheiten, sind ein weiteres Beispiel für Projekte, die von den KMU nur noch in Ausnahmefällen bewältigt werden können.
So mancher Ministerpräsident, Politiker oder Bürgermeisterin liebäugelt aus vermeintlichen Gründen der Vereinfachung, der Kosten- und Terminsicherheit oder einfacheren Vergabeverfahren mit der Zusammenfassung von Planungs- und Bauleistungen bis hin zum Totalunternehmer. Die Elbphilharmonie und der Berliner Flughafen haben mit diesem Modell begonnen und sind damit gescheitert.
Selbst der Einwand, dass technische Innovation und die notwendige Masse z.B. im Neubau von Wohnungen nur durch alternative Herangehensweisen möglich sind, kann mit Blick auf junge Startups als Innovationstreiber und in die Vergangenheit widerlegt werden.
Gerade für unsere ebenfalls kleinteilig organisierten kommunalen Auftraggeber sind lokale, persönlich ansprechbare und verantwortliche Partner entscheidend. Und das sind meist die KMU. Nicht nur für Bauaufgaben.
Unseren Politikerinnen und Politikern sei ein Blick auf die Bandenwerbungen der Sportplätze ihrer Vereine angeraten - dort wirbt in den seltensten Fällen ein überregionaler Konzern, in der Regel werben die KMU´s vor Ort! Unser Land braucht KMU´s mehr denn je!
Kolumne von Dr. Werner Weigl, 2. Vizepräsident der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau, veröffentlicht in der Bayerischen Staatszeitung vom 23.08.2024.
Online-Seminar | 16.09.2024 15:00 - 17:00 Uhr |
Durch die Streichung des § 3 Abs. 7 S: 2 VgV und der damit
einhergehenden stark gestiegenen Anzahl an VgV-Verfahren für
Planungsleistungen, sehen sich der Großteil der Ingenieurinnen und
Ingenieure mit der komplexen Materie des europarechtlichen Vergaberechts
im Oberschwellenbereich konfrontiert. Im Seminar wird gezeigt, worauf aus Bietersicht
bei Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich geachtet werden muss, was
die Rechte der Bieter sind und wie diese durchgesetzt werden können. Außerdem werden aktuelle Entwicklungen in Gesetzgebung und Rechtsprechung vermittelt
Online-Seminar | 10.10. - 19.11.2024 |
Mit dem Lehrgang „Qualifizierte/r Vergabeberater/in erweitern Sie
in 6 halbtägigen Modulen ihr Tätigkeitsfeld, um Vergabeentscheidungen
nicht nur den Juristen zu überlassen, sondern die praxisbezogenen
Erfahrungen und das erworbene Wissen aus der Fortbildung als Expertise
gezielt mit einzubringen. So profitieren Sie wirtschaftlich von der
zunehmenden Anzahl an öffentlichen Vergaben und tragen zu faireren und
qualitativ hochwertigen Vergabeverfahren bei. Mit der erfolgreichen
Teilnahme können Sie sich in die neue Liste „Qualifizierte
Vergabeberatende“ eintragen lassen.
Gemeinsame Vergabe von Aufträgen für Planungs- und Bauleistungen, kombiniert mit Fachlosbildung
Nach der Streichung einer zentralen vergaberechtlichen Regelung bei Planungsleistungen am Bau (§ 3 Abs. 7 Satz 2 VgV) besteht weiterhin große Verunsicherung bei öffentlichen Auftraggebern, wie die Auftragswertberechnung rechtssicher vorgenommen werden kann. Die Berechnung des Auftragswerts entscheidet darüber, wann Planungs- und Bauleistungen für Bauvorhaben europaweit ausgeschrieben werden müssen. Dies betrifft nicht nur Großprojekte, sondern beispielsweise auch Erweiterungen von Schulgebäuden oder den Neubau von Kindergärten in kleineren Gemeinden.
Der renommierte Vergaberechtler Prof. Martin Burgi hat nun in einem Gutachten aufgezeigt, wie unter den derzeitigen Regelungen rechtssicher europakonform vergeben werden kann.
Die Bayerische Ingenieurekammer-Bau veröffentlicht einmal im Monat eine Kolumne zu aktuellen Themen in der Bayerischen Staatszeitung. Hier nehmen die Mitglieder des Vorstands der Kammer Stellung zu Themen aus Bauwesen, Politik und Gesellschaft.
Hier haben wir Ihnen alle Kolumnen zum Lesen oder als Download bereitgestellt.
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