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Änderungen der Bayerischen Bauordnung zum 01.01.2025

Informationen zum Ersten und Zweiten Modernisierungsgesetz Bayern

19.12.2024 - München

Änderungen der Bayerischen Bauordnung zum 01.01.2025

Das erste und zweite Modernisierungsgesetz wurde in der Sitzung vom 10. Dezember 2024 in zweiter Lesung von den Regierungsfraktionen im Bayerischen Landtag beschlossen. Die beiden Gesetze sahen jeweils auch Änderungen der Bayerischen Bauordnung sowie eine deutliche Erhöhung der vergaberechtlichen Wertgrenzen vor und sollen bereits kurzfristig zum 1. Januar 2025 in Kraft treten.

Die Bayerische Regierung möchte mit den beiden Modernisierungsgesetzen insbesondere die Entbürokratisierung in vielen Bereichen vorantreiben. Für den Baubereich beinhalten die beiden nun beschlossenen Gesetze diverse Änderungen der Bayerischen Bauordnung und eine deutliche Erhöhung der vergaberechtlichen Wertgrenzen.

Ab dem 1. Januar 2025 erhöht sich die Wertgrenze für Direktvergaben auf 250.000 Euro bzw. bis 100.000 Euro für alle sonstigen Leistungen (bisherige Grenze bei Direktaufträgen: 25.000 Euro). Die Wertgrenze für Freihändige Vergaben ohne Teilnahmewettbewerb erhöht sich auf 1 Mio. Euro für Bauleistungen bzw. bis zum jeweiligen EU-Schwellenwert, also meist 221.000 €, für alle sonstigen Leistungen.

Im Baurecht sollen Standards abgebaut und spürbare Erleichterungen für die Bürgerinnen und Bürger, die Wirtschaft und die Verwaltung erreicht werden. Dazu zählen u. a.:

  • Erweiterung der Liste verfahrensfreier Vorhaben (z. B. Dachgeschossausbau)
  • Nutzungsänderungen als verfahrensfreie Vorhaben
  • Kommunalisierung der Verpflichtung zur Anlage von Kinderspielplätzen
  • Kommunalisierung der Entscheidung über das „Ob“ einer Verpflichtung zur Errichtung von
  • StellplätzenfürFahrzeuge(insb.Kfz)

Kurzüberblick

Aufstockungen:
Eingeschossige Aufstockungen werden hinsichtlich der bauordnungsrechtlichen Anforderungen privilegiert. Künftig hat eine solche Aufstockung z.B. keine Auswirkung auf die Gebäudeklasse: es gilt weiterhin die bisherige Gebäudeklasse (Art. 46 Abs. 6 BayBO-NEU).

Dachgeschossausbau zu Wohnzwecken einschließlich der Errichtung von Dachgauben:
Dieser zählt nun zu den Verfahrensfreien Bauvorhaben (Art. 57 BayBO), wenn die Dachkonstruktion und die äußere Gestalt des Gebäudes im Übrigen nicht verändert werden. Die Maßnahmen sind jedoch der Gemeinde zwei Wochen vor Baubeginn in Textform anzuzeigen (Art. 57 Abs. 1 Nr. 18 und Abs. 7 BayBO-Neu).

Behandlung von Bauanträgen:
Nunmehr muss die Bauaufsichtsbehörde innerhalb von drei Wochen nach Eingang des Bauantrags den Bauantrag und die Bauvorlagen auf Vollständigkeit prüfen (Art. 65 Abs. 1 BayBO-Neu).

Kommunalisierung der Stellplatzpflicht:
Eine Stellplatzpflicht besteht nach Art. 47 Abs. 1 BayBO-Neu künftig nurmehr, wenn die Gemeinde eine solche durch Satzung angeordnet hat. Die Gemeinde darf die in der ebenfalls novellierten Anlage zur Garagen- und Stellplatzverordnung festgelegten Obergrenzen für Stellplätze nicht überschreiten. Für bestehende Satzungen, die die Obergrenzen überschreiben, besteht eine Übergangsfrist bis zum 30.09.2025 (Art 81 Abs. 5 BayBO-Neu).

Kommunale Satzungen:
Künftig ist es Aufgabe der Kommunen, eine Pflicht zur Herstellung von Spielplätzen bei Errichtung von Wohngebäuden von mehr als 5 Wohnungen zu begründen. Dazu bedarf es einer kommunalen Satzung, in der auch die Höhe einer möglichen Ablöse festgelegt werden kann (Art. 81 Abs. 3 BayBO-Neu).

Weitere Änderungen betreffen einige Regelungen zur Sonderbaueigenschaft, privilegierte Solarenergieanlagen und Sonnenkollektoren sowie Schwimmbecken, die künftig unabhängig von ihrer Größe ohne eine Baugenehmigung möglich sind.

Der verabschiedete Gesetzestext lag zum Redaktionsschluss noch nicht vor. Die aktuelle Fassung der Bayerischen Bauordnung soll im Gesetz- und Verordnungsblatt vom 30.12.2024 veröffentlicht werden.

Die jeweils aktuell gültige Fassung der Bayerischen Bauordnung finden Sie hier:

Bayerische Bauordnung (BayBO)

Zentrale Änderungen im Überblick

1. Stellplätze

Die Systematik der Stellplatzpflicht wird grundlegend verändert. Bisher waren die Stellplatzzahlen in der Anlage zur Garagen- und Stellplatzverordnung verankert, von denen die Gemeinden aber durch eine kommunale Stellplatzsatzung sowohl nach oben als auch nach unten abweichen konnten. Künftig hat es die Gemeinde selbst in der Hand festzulegen, ob es in ihrem Gebiet eine Stellplatzpflicht geben soll oder nicht.

Es wird allerdings eine Obergrenze für die Anzahl der zu schaffenden Parkplätze geben. Denn Stellplatzvorgaben sind für Bauherren ein zentraler Kostenfaktor, der das Bauen verteuert und den Flächenverbrauch antreibt. Durch die neue Höchstgrenze soll hier gegengesteuert werden.

Die Obergrenze beträgt zwei Stellplätze je Wohnung. Denn stehen nicht ausreichend Stellplätze auf privatem Grund zur Verfügung, droht sich der Parkplatzdruck auf die öffentlichen Verkehrswege zu verlagern. Neben generellen Verkehrsbehinderungen auf Straßen sowie Rad- und Fußwegen sind auch Beeinträchtigungen bei der örtlichen Daseinsvorsorge (Rettungsdienst, Feuerwehr, Müllabfuhr, Winterdienst etc.) zu befürchten. Mit einer Festlegung der Obergrenze auf zwei Stellplätze je Wohnung wird dieser Problematik begegnet, was auch den bayerischen Gemeinden ein wichtiges Anliegen ist.

Spezialfall geförderter Wohnbau:
Wird ein Bauvorhaben auf Grundlage des Gesetzes über die Wohnraumförderung in Bayern (BayWoFG) gefördert, gilt eine Obergrenze von 0,5 Stellplätzen je geförderter Wohnung, soweit es sich um Mietwohnungen handelt. Denn auf diese Weise geförderte Haushalte haben regelmäßig einen wesentlich geringeren Bedarf an Stellplätzen. Entscheidend ist hier vor allem ein günstiges Wohnraumangebot. Die Möglichkeit der Herstellung weiterer Stellplätze auf freiwilliger Basis bleibt unberührt. Von diesen Höchstzahlen kann aber jede Gemeinde nach unten abweichen.

2. „Grüngestaltungssatzungen“

Sogenannte „Grüngestaltungssatzungen“ wird es künftig nicht mehr geben. Kommunale Gartengestaltungsanforderungen verursachen vielen Bauherren nicht unerhebliche Kosten (z. B. Pflicht, Bäume bestimmter Mindestgröße einzusetzen). Zusätzlich geht damit viel Bürokratie einher und sie führen zu längeren Genehmigungsverfahren. Damit soll das Eigentum des Einzelnen gestärkt werden. Im eigenen Garten soll der Eigentümer selbst – und nicht die Kommune – entscheiden, was und wo gepflanzt wird.

Grün im Garten bleibt: Das Erste Modernisierungsgesetz sieht aber ausdrücklich vor, dass Kommunen zukünftig mittels örtlicher Bauvorschriften über das Verbot von Bodenversiegelung entscheiden und damit auch künftig insbesondere Schottergärten verhindern können.

3. Kinderspielplätze

Die Verpflichtung zur Errichtung eines Kinderspielplatzes wird gestrichen und in die eigene Entscheidung der Kommunen gestellt. Eine Kommune kann einen Spielplatz nur bei Gebäuden mit mehr als fünf Wohnungen verlangen. Bei Studentenwohnheimen und Seniorenwohnungen hat der Bauherr ein Recht auf Ablöse, die bei 5.000 Euro gedeckelt ist. Dadurch sollen Baukosten eingespart werden.

4. Übergangsfristen

Die Übergangsfristen für die Fortgeltung kommunaler Satzungen wurden von drei Monaten auf neun Monate verlängert. Die Aufhebung bestehender kommunaler Stellplatzsatzungen führt in vielen Kommunen dazu, neue Satzungen auf Grundlage der neuen Rechtsgrundlage zu erlassen. Die Festlegung eines nur dreimonatigen Übergangszeitraums bis zum Erlöschen der bisherigen Satzungen würde die kommunalen Gremien und die Verwaltungen – insbesondere vor dem Hintergrund der anstehenden Bundestagswahl - unter erheblichen Zeitdruck setzen. Daher wurde beschlossen, den Übergangszeitraum auf neun Monate zu verlängern.

5. Dachgeschossausbauten

Der Gesetzentwurf stellt Dachgeschossausbauten einschließlich der Errichtung von Dachgauben sowie gebietstypische Nutzungsänderungen verfahrensfrei. Dadurch soll unbürokratisch zusätzlicher Wohnraum geschaffen werden können.

Allerdings ist sicherzustellen, dass die Gemeinden von entsprechenden Ausbauten und Nutzungsänderungen in Kenntnis gesetzt werden. Denn vermehrte Nutzungsänderungen in gemischt genutzten Baugebieten können auch zur Änderung des Baugebietscharakters führen, ohne dass die Gemeinde rechtzeitig gegensteuern und die Bauleitplanung sichern kann. Eine Änderung des Gebietscharakters kann wiederum zu Einschränkungen für Bestandsnutzungen (Gewerbe) führen. Daneben sind kommunale Entwässerungsbeiträge oftmals an die Geschossfläche geknüpft, wobei Dachgeschosse nur im ausgebauten Zustand in die Ermittlung der Beitragshöhe einzubeziehen sind. Ein Dachgeschossausbau löst somit eine zusätzliche Beitragspflicht aus. Um eine korrekte Beitragserhebung und somit eine faire Lastenverteilung unter allen Grundstückseigentümern der Gemeinde sicherzustellen, muss die Gemeinde Kenntnis von Dachgeschossausbauten erlangen.

Daher ist eine Anzeigepflicht für Bauherren bei Nutzungsänderungen und Dachgeschossausbauten erforderlich. Diese kann formlos erfolgen.

6. Erleichterungen beim Sonderbau z.B. für Gaststätten und Beherbergungsbetriebe

Aus dem Katalog der Sonderbauten, an die verschärfte Anforderungen gestellt werden, werden künftig erdgeschossige Verkaufsstätten bis 2.000 m² (bisher nur bis 800 m²) herausgenommen. Das soll viele Ladenbesitzer erheblich entlastet.

Herausgenommen aus den Sonderbauvorschriften werden außerdem Camping- und Wochenendplätze. Für sie gilt künftig nur noch normales, nicht verschärftes Baurecht.

Ebenso sollen Gaststätten statt wie bisher ab mehr als 40 Gastplätzen erst ab mehr als 60 oder - wenn sie erdgeschossig sind - sogar erst ab mehr als 100 Gastplätzen Sonderbauten sein, Beherbergungsbetriebe statt wie bisher ab mehr als 12 Betten künftig erst ab mehr als 30 Betten.

7. Abstandsflächen

In Großstädten mit mehr als 250.000 Einwohnern gilt die vergrößerte Mindestabstandsfläche von 1 H nur noch dort, wo überwiegend freistehende oder niedrige Gebäude (Gebäudeklasse 1,2 und 3) vorhanden sind. Gerade in den großen Ballungsräumen Bayerns ist der Bedarf an Wohnungsneubau besonders hoch. Mit der Neuregelung wird die größere Abstandsfläche von 1 H auf klassische Gartenstadtquartiere beschränkt

8. Beschleunigung des Bauverfahrens

Die Baubehörde hat künftig nur noch drei Wochen Zeit, die Vollständigkeit des Bauantrags zu prüfen und Fehlendes zu monieren. Zudem ist der Bauantrag für Wohnraum direkt bei der Unteren Bauaufsichtsbehörde (meist beim Landratsamt) und nicht mehr bei der Gemeinde zu stellen. Dies soll Zeit sparen und das Genehmigungsverfahren beschleunigen.

9. Änderung Vergaberecht

Das Vergaberecht gilt als einer der größten bürokratischen Hemmschuhe im Wirtschaftsverkehr. Daher soll auf Landesebene eine umfangreiche Liberalisierung des Vergaberechts umgesetzt werden. Oberhalb der EU-Schwellenwerte zwingt das Europarecht dazu, Verträge öffentlich nach bestimmten Maßgaben auszuschreiben. Unterhalb der EU- Schwellenwerte sollen die neuen Regelungen gerade beim Bauen für erhebliche Beschleunigung sorgen.

Ab dem 1.1.2025 werden in Bayern deutlich erhöhte Wertgrenzen gelten, die insbesondere im Baubereich eine Verzehnfachung der bisherigen Werte darstellen:

  • Stufe 1: Direktauftrag bis 250.000 € für Bauleistungen bzw. bis 100.000 € für alle sonstigen Leistungen (bisherige Grenze bei Direktaufträgen: 25.000 €).

  • Stufe 2: Erleichterte Vergabe bis 1 Mio. € für Bauleistungen bzw. bis zum jeweiligen EU-Schwellenwert, also meist 221.000 €, für alle sonstigen Leistungen.

Die neuen Regelungen werden neben dem Freistaat auch für juristische Personen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Staats unterstehen, sowie Kommunen gelten.

Quellen: Bayerischer Landtag, Bayerische Staatsregierung, Judith Gerlach MdL, Grafik: Bayerische Ingenieurekammer-Bau

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