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Biobeton aus Urin

Machbarkeitsstudie: Wie aus Urin ein nachhaltiger Baustoff wird

13.05.2025 - Stuttgart

Biobeton aus Urin

Forschende der Universität Stuttgart haben mittels mikrobieller Prozesse umweltfreundlichen Biobeton aus Urin als Teil einer Wertschöpfungskette „Abwasser-Biobeton-Düngemittel“ hergestellt. Dank seiner hohen Druckfestigkeit kann er nicht nur den traditionellen Sandstein und teilweise Zement-basierten Beton ersetzen - er kann potenziell auch komplett aus Abfallstoffen hergestellt werden und weist somit einen deutlich geringeren ökologischen Fußabdruck auf.

Prof. Lucio Blandini - Foto: Universität Stuttgart  
Prof. Lucio Blandini - Foto: Universität Stuttgart

Beton boomt. Weltweit werden jedes Jahr rund 4 Milliarden Tonnen Zement zu Beton verarbeitet und verbaut. Mit gravierenden Folgen für die Umwelt. „Herkömmlicher Zement wird bei ca.1.450 Grad Celsius gebrannt. Das verschlingt viel Energie und setzt große Mengen Treibhausgase frei“, sagt Professor Lucio Blandini, Leiter des Instituts für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren (ILEK) der Universität Stuttgart.

Umweltschonendes mikrobielles Herstellungsverfahren

Forschende aus drei Instituten der Universität Stuttgart entwickeln einen neuartigen Baustoff – Biobeton. Dank seiner hohen Druckfestigkeit kann er nicht nur den traditionellen Sandstein und teilweise Zement-basierten Beton ersetzen. Er kann potenziell auch komplett aus Abfallstoffen hergestellt werden und weist somit einen deutlich geringeren ökologischen Fußabdruck auf. 

Zur Herstellung nutzen die Forschenden einen reichlich vorhandenen, aber bisher eher verkannten Rohstoff: Menschlichen Urin. In einer Machbarkeitsstudie, finanziert vom baden-württembergischen Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, haben sie ihr Verfahren erfolgreich getestet. Nach der Projektverlängerung durch das Ministerium stehen jetzt Produktoptimierungen und ein Praxistest an.

Maiia Smirnova - Foto: Universität Stuttgart 
Maiia Smirnova - Foto: Universität Stuttgart

„Biobeton wird durch Biomineralisierung hergestellt. Das ist ein biotechnologisches Verfahren, bei dem lebende Organismen mithilfe chemischer Reaktionen anorganisches Material produzieren“, erklärt Maiia Smirnova, wissenschaftliche Mitarbeiterin am ILEK.

„Zur Grundzutat Sand geben wir ein Bakterien-haltiges Pulver, füllen die Mischung in eine Schalung und spülen sie in einem automatisierten Prozess drei Tage lang mit Urin, der mit Calcium angereichert wird. Der Abbau von Harnstoff durch die Bakterien unter Zugabe von Calcium zum Urin bewirkt, dass Kristalle aus Calciumcarbonat heranwachsen. Damit verfestigt sich das Sandgemisch zu Biobeton. Am Ende des Prozesses erhält man einen Festkörper, der chemisch Ähnlichkeiten zum natürlichen Kalksandstein aufweist“, so Smirnova weiter. Je nach Schalung könnten so Elemente in unterschiedlichen Formen und Größen produziert werden, momentan mit einer Tiefe von bis zu 15 Zentimetern.

Die ersten hergestellten Proben weisen vielversprechende Materialeigenschaften auf. Mit technischem Harnstoff hat das Team eine Druckfestigkeit von über 50 Megapascal erreicht - deutlich mehr als bei bisher verfügbaren Baustoffen auf Basis von Biomineralisierung. Mit Harnstoff in synthetisch stabilisiertem Urin gelang die Marke von 20 Megapascal. Mit echtem, menschlichem Urin lag der Wert bei fünf Megapascal, da Bakterien nicht über die volle Biomineralisierungszeit von drei Tagen aktiv bleiben.

Dies gilt es nun zu verbessern. Eine Festigkeit des biomineralisierten Materials im Bereich von 30 bis 40 Megapascal wäre ausreichend für das Mauerwerk von zwei- bis dreigeschossigen Gebäuden, rechnen die Wissenschaftler*innen vor. Momentan prüfen sie mittels Frost-Tau-Versuchen, ob das Material im Außenbereich eingesetzt werden kann.

Im Projekt „SimBioZe“ nutzen die Forschenden menschlichen Urin, um einen nachhaltigen Baustoff zu produzieren. Da im Urin bereits Wasser enthalten ist, wird kein zusätzliches Wasser für den Prozess benötigt. Bild: / ILEK / IMB / ISWA /Universität Stuttgart 
Im Projekt „SimBioZe“ nutzen die Forschenden menschlichen Urin, um einen nachhaltigen Baustoff zu produzieren. Da im Urin bereits Wasser enthalten ist, wird kein zusätzliches Wasser für den Prozess benötigt. Bild: / ILEK / IMB / ISWA /Universität Stuttgart

Kreislaufwirtschaft als Ziel: Vom Abfallprodukt zum Baustoff

„Das Herstellungsverfahren unseres Biobetons verbraucht erheblich weniger Energie und verursacht weniger Emissionen als die herkömmliche Zementproduktion. Nachhaltig ist unser Ansatz aber auch, weil wir das Produkt in eine zirkuläre Wertschöpfungskette einbetten“, sagt Professor Lucio Blandini.

Die Forschenden haben ein Konzept erstellt, das aufzeigt, wie man Urin aus dem Abwasserteilstrom an Orten mit hohem Menschenaufkommen, wie zum Beispiel einem Flughafen, separieren und aufbereiten könnte, um ihn als Rohstoff für die Produktion von Biobeton zu nutzen. Gleichzeitig könnten bei diesem Prozess sekundäre Wertstoffe aus dem Abwasser rückgewonnen werden, um Düngemittel für die Landwirtschaft zu produzieren. „Indem wir simultan zwei Produkte herstellen, erreichen wir eine noch bessere Umweltbilanz“, sagt Maiia Smirnova.

Zweite Projektphase: Optimierung des Herstellungsverfahrens und Praxistest

Nach erfolgreicher Evaluierung wurde das Projekt jetzt vom baden-württembergischen Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst für drei Jahre verlängert. In weiteren Laborversuchen wollen die Forschenden Störstoffe im menschlichen Urin identifizieren, die sich negativ auf die Aktivität der Bakterien und somit die Qualität des Biobetons auswirken. Basierend darauf soll der Herstellungsprozess optimiert werden. Einen weiteren Schwerpunkt legt das Team, gemeinsam mit dem Zentrum Ökologischer Landbau der Universität Hohenheim, auf die simultane Düngemittelproduktion.

Sobald die Laborversuche abgeschlossen sind, soll das Konzept unter realen Bedingungen getestet werden: Geplant ist, am Flughafen Stuttgart eine Versuchsumgebung zu schaffen, in der Urin gesammelt und zu Biobeton und Düngemittel aufbereitet wird.

Das Projekt „SimBioZe“: Simultane Biozement- und Düngemittelherstellung aus Abwasser

Das Projekt „SimBioZe“ wird im Rahmen der Förderlinie „Mikroorganismen als Helfer im Klimaschutz – mit innovativen Verfahren mikrobielle Prozesse für eine klimaneutrale Zukunft nutzen“ finanziert. Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg unterstützte im Rahmen dieses Programms neun Projektvorhaben für ein Jahr. Vier von ihnen wurden jetzt um weitere drei Jahre verlängert, darunter „SimBioZe“.

Im interdisziplinären Projekt „SimBioZe“ bündeln drei Institute der Universität Stuttgart ihre Kompetenzen: Das Institut für Leichtbau, Entwerfen und Konstruieren (ILEK), das Institut für Mikrobiologie (IMB) und das Institut für Siedlungswasserbau,Wassergüte- und Abfallwirtschaft (ISWA). In der zweiten Projektphase kommt das Zentrum Ökologischer Landbau der Universität Hohenheim als neuer Partner mit an Bord. Zudem sind Kooperationen mit Industriepartnern, darunter dem Flughafen Stuttgart, geplant.

Projektteam:

ILEK: Prof. Lucio Blandini (Institutsleitung), Maiia Smirnova, IMB: Prof. Beat Christen (Institutsleitung), Prof. Andreas Stolz, Daniele Funaro, ISWA: Carsten Meyer, Axel Steffens, Dr. Gerold Hafner, Universität Hohenheim, Zentrum Ökologischer Landbau: Dr. Sabine Zikeli (Institutsleitung).

Weitere Informationen

High strength bio-concrete for the production of building components. Maiia Smirnova, Christoph Nething, Andreas Stolz, Janosch A. D. Gröning, Daniele P. Funaro, Erik Eppinger, Manuela Reichert, Jürgen Frick, Lucio Blandini. npj Materials Sustainability 1, 4 (2023). https://doi.org/10.1038/s44296-023-00004-6

Fachlicher Kontakt:

Prof. Lucio Blandini, Universität Stuttgart, Institut für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren (ILEK), Tel.: +49 711 685-61760, E-Mail: lcblndnlkn-stttgrtd

Maiia Smirnova, Universität Stuttgart, Instituts für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren (ILEK), Tel.: +49 711 685-66224, E-Mail: msmrnvlkn-stttgrtd

Dr. Sabine Zikeli, Universität Hohenheim, Zentrum Ökologischer Landbau, Tel.: +49 711 459-23248, E-Mail: sbnzkln-hhnhmd

Quelle: Universität Stuttgart, Fotos: Universität Stuttgart / ILEK / IMB / ISWA

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