07.11.2025 - München
Brücken sind weit mehr als Beton und Stahl – sie verbinden Regionen, Menschen und Wirtschaftsräume. Ohne sie steht der Verkehr still. Besonders in Bayern zeigt sich, wie entscheidend funktionierende Brücken für die Mobilität und den Wirtschaftsstandort sind. Eine aktuelle ADAC-Studie verdeutlicht die massiven Folgen einer möglichen Brückensperrung am Beispiel der Donaubrücke Sinzing bei Regensburg.
Seit Anfang des Jahres ist die Luegbrücke in Österreich nur eingeschränkt befahrbar. Der Zustand der maroden Brücke macht einen Neubau unausweichlich, der den Weg über den Brenner über Jahre zum Verkehrsnadelöhr werden lässt.Dabei ist die Luegbrücke kein Einzelfall. Auch viele Brücken in Deutschland - und in Bayern - sind in einem alarmierenden Zustand. Ein Großteil stammt aus den 1960er- und 1970er-Jahren und wurde nie für die heutigen Verkehrsströme ausgelegt.
Laut Bundesanstalt für Straßenwesen gelten 13 % der rund 40.000 Brücken bundesweit als „nicht ausreichend“ oder „ungenügend“. Für Bayern, mit seinen zentralen Transitachsen und wachsender Wirtschaftsleistung, ist das ein Warnsignal.
Doch was passiert, wenn Brücken in Bayern für eine Sanierung gesperrt werden müssen? Welche Auswirkungen hat dies auf den Verkehr und auf die Volkswirtschaft? Eine Analyse im Auftrag des ADAC demonstriert die Folgen. Exemplarisch für die Brücken im Freistaat wurde die Donaubrücke Sinzing untersucht.
Die Donaubrücke Sinzing auf der A3 westlich von Regensburg wird täglich von rund 55.000 Fahrzeugen genutzt – fast ein Viertel davon sind Lkw. Sie verbindet die Oberpfalz mit Niederbayern und stellt eine der wichtigsten Ost-West-Achsen Deutschlands dar. Fällt sie aus, wird der gesamte süddeutsche Verkehr massiv beeinträchtigt.
Die Analyse zeigt: Schon eine temporäre Sperrung der Brücke würde Verkehrsverlagerungen über weite Teile des bayerischen Autobahnnetzes nach sich ziehen – etwa auf die A6 oder A93. Die Folge: Umwege, Staus und deutlich längere Fahrzeiten.
Laut der Untersuchung verlängern sich die Fahrzeiten zwischen Nürnberg und Regensburg oder Passau im Schnitt um bis zu 20 Minuten.
Besonders stark betroffen sind aber die kleineren Ortschaften rund um Regensburg: So steigt in diesem Szenario in Etterzhausen der Pkw-Verkehr tagsüber um knapp 30 %, nachts sogar um 650 %.
Für den Schwerverkehr wurde ein Anstieg um bis zu 1.300 % festgestellt – ein massiver Eingriff in die Lebensqualität der Anwohner.
Eine Vollsperrung der 930 Meter langen Donaubrücke Sinzing auf der A3 westlich von Regensburg hätte zur Folge, dass Pkw- und Lkw-Fahrer weite Umwegeüber die Autobahnen 93 und 6 in Kauf nehmen müssten.
Wer zum Beispiel von Neumarkt in der Oberpfalz nach Straubing möchte, wäre 26 Minuten länger unterwegs. Lkw-Fahrer müssten sogar ein Plus von 28 Minuten einkalkulieren.
Und auch die Bundesstraße 16 nach Kelheim würde stärker belastet. Schaden für die Volkswirtschaft:75,2 Millionen Euro pro Jahr.
Neben den Folgen für Verkehrsteilnehmer und Bewohner der betroffenen Region entstehen auch erhebliche volkswirtschaftliche Verluste. Im Fall der Donaubrücke Sinzing läge der Schaden für die Volkswirtschaft laut Experten bei rund 75 Millionen Euro pro Jahr. Hinzu kommen Mehrbelastungen durch Lärm, Abgase und Umwege durch Ortschaften, die normalerweise vom Fernverkehr verschont bleiben.
Der ADAC Südbayern fordert deshalb ein konsequentes Investitions- und Sanierungsprogramm für Bayerns Brücken. Der Fokus muss klar auf dem Erhalt bestehender Bauwerke liegen – bevor diese aus Sicherheitsgründen gesperrt werden müssen. Jede gesperrte Brücke bedeutet nicht nur Verkehrschaos, sondern auch wirtschaftliche Schäden, Umweltbelastungen und Einbußen für Anwohner und Pendler.
Brücken sind systemrelevant – sie halten Bayern mobil. Das Szenario am Beispiel der Donaubrücke Sinzing zeigt eindrücklich, wie groß die Auswirkungen einer einzigen Sperrung sein können. Damit der Verkehr in Bayern nicht zum Stillstand kommt, müssen Sanierung und Erhalt unserer Brücken jetzt höchste Priorität erhalten.
Quelle: ADAC Südbayern, Fotos: holger.l.berlin / Adobe Stock (1), ADAC Grafik (2,3)
Im deutschen Autobahnnetz müssen rund 8.000 Brückenbauwerke vordringlich saniert und modernisiert werden, um den Anforderungen des heutigen Verkehrsgeschehens gerecht zu werden. In den vergangenen Jahren mussten bereits – teils über mehrere Jahre – Brücken ungeplant und plötzlich gesperrt werden, weil Tragfähigkeit und Standsicherheit nicht mehr gewährleistet werden konnten. Der ADAC hat deshalb bei fünf sanierungsbedürftigen Bundesfernstraßenbrücken simuliert, welche Folgen eine spontane Vollsperrung für den Verkehr, die Anwohner und die Umwelt hätte und wie groß die jährlichen volkswirtschaftlichen Kosten wären.
Im Auftrag des ADAC hat das Ingenieur-Büro PTV Transport Consult GmbH Sperrungsszenarien an fünf Großbrücken entwickelt, die auf der bundesweiten Sanierungsliste stehen:
Müsste die mehr als 60 Jahre alte Norderelbbrücke an der A 1 in Hamburg von einem Tag auf den anderen gesperrt werden, wären die Folgen immens: Die Brücke wird täglich von rund 125.000 Fahrzeugen genutzt, bei einer Sperrung würde ein Großteil auf die ohnehin schon belastete A7 ausweichen, aber auch in das Hamburger Stadtgebiet. Pkw-Fahrer müssten pro Jahr rund 150 Millionen Kilometer zusätzlich zurücklegen, die Zeit, die Betroffene für Umwegfahrten zusätzlich benötigen oder in Staus verbringen, würde rund 14 Millionen Stunden betragen. Steigen würden zudem der Spritverbrauch, die CO2-Emissionen sowie Lärm und Staus, insbesondere in den näheren Stadtgebieten. Der volkswirtschaftliche Schaden läge bei 334 Millionen Euro jährlich. Sperrungen dauern meist mehrere Jahre, bis Planung, Genehmigung und Bau einer Ersatzbrücke abgeschlossen sind.
Dramatisch wären auch die Folgen einer Sperrung der Friedrich-Ebert-Brücke (A565) über den Rhein in Bonn. Pro Tag fahren hier 120.000 Fahrzeuge. Pkw müssten Umwege von insgesamt 50 Millionen Kilometer in Kauf nehmen, Lkw 5,5 Millionen Kilometer. Die meisten Autofahrerinnen und Autofahrer würden bei einem Ausfall der Brücke nach Norden in den Kölner Raum ausweichen und dort das Verkehrssystem belasten. Der volkswirtschaftliche Schaden würde sich pro Jahr auf über 170 Millionen Euro belaufen.
Ähnliche Ausmaße hätten auch die Folgen der Brückensperrungen bei Regensburg (A3), Heilbronn (A6) und Leipzig (B2).
ADAC Verkehrspräsident Gerhard Hillebrand fordert, die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel aus dem Sondervermögen jetzt zu nutzen und in den nächsten Jahren weiter zu steigern, um die Sanierung und Erneuerung von Bauwerken zu beschleunigen: „Mit jedem weiteren Jahr, das bei der Erneuerung einer Brücke ungenutzt verstreicht, steigen die Risiken für Folgeschäden und damit für starke Belastungen von Autofahrern, Anwohnern und Volkswirtschaft erheblich.“
Laut ADAC gibt es bei den Brückenbauwerken in Deutschland einen immensen Sanierungs- und Modernisierungsbedarf. Allein auf den Autobahnen müssen bis 2040 rund 8000 Brückenbauwerke erneuert oder saniert werden. Diese liegen in der Regel in den westlichen Bundesländern, viele von ihnen wurden in den 1960er und 70er Jahren gebaut und sind für die heutigen Verkehrsbelastungen nicht dimensioniert worden. Die restliche Lebensdauer ist deshalb begrenzt.
In den vergangenen Jahren mussten bereits Brücken spontan gesperrt werden, weil sie aufgrund des Alters und den vorhandenen Schäden den Verkehrslasten nicht mehr standgehalten hätten. Das bekannteste Negativbeispiel ist die Talbrücke Rahmede (A 45) bei Lüdenscheid, aber auch die Ringbahnbrücke (A 100) in Berlin.
Weitere Details zur ADAC Studie:
Quelle: ADAC e.V., Foto: SistaX / Adobe Stock
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