25.10.2019 - München
Nach wie vor verdienen Ingenieurinnen weniger als Ingenieure. Wie sieht es aktuell mit der Bezahlung von Ingenieurinnen und Ingenieuren in der Baubranche aus? Warum gelingt es kaum, mehr Frauen für den Beruf der Bauingenieurin zu begeistern? Damit beschäftigt sich Kammerpräsident Prof. Dr. Norbert Gebbeken in der aktuellen Kolumne in der Bayerischen Staatszeitung.
Die gleiche Bezahlung von Männern und Frauen sollte
bei vergleichbarer Tätigkeit eine Selbstverständlichkeit sein. Doch
nicht nur am „equal pay day“ wird darauf hingewiesen, dass das nicht
stimmt. Erst im August 2019 berichtete das Online-Magazin ingenieur.de,
dass Bauingenieurinnen aktuell 16 Prozent weniger als ihre männlichen
Kollegen verdienten. Das führte in der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau
zu der Frage, ob das für die Mitglieder der Kammer auch gilt. Mitglieder
der Kammer sind angestellte, beamtete und selbständige Ingenieurinnen
und Ingenieure in Ingenieurbüros, Hochschulen, Verwaltungen, Ministerien
und Baufirmen.
Zur Beurteilung der grundsätzlichen Situation muss man wissen, dass die Baubranche trotz intensiver langjähriger Bemühungen (girls day, Praktika, Besuch in den Schulen, HSU-Curriculum Technik, Mädchen machen Technik usw.), nicht mehr Frauen für den so wunderbaren Beruf der Bauingenieurin begeistern konnte. In den klassischen Bauingenieurfächern ist der Frauenanteil sogar wieder auf unter 20 Prozent gesunken, wohingegen im Bereich der Umweltingenieure etwa 40 Prozent der Studierenden weiblich sind.
Wir müssen wohl zur Kenntnis nehmen und uns damit
abfinden, dass der Anteil der Gesellschaft, der sich für MINT-Fächer
interessiert und der mögliche Frauenanteil in Ingenieurberufen schlicht
ausgeschöpft ist. Das scheint übrigens ein weltweit kulturunabhängiges
Phänomen zu sein. Bei Technik-Veranstaltungen mit Mädchen haben wir
immer den Eindruck, dass es den Mädchen Freude bereitet und dass sie
engagiert dabei sind. Fragen wir dann am Ende, wer sich einen Beruf als
Bauingenieurin vorstellen kann, dann heben nur ganz wenige höflich die
Hand, vermutlich auch nur, um uns nicht zu sehr zu enttäuschen. Wollten
wir eine Quote bei den am Bau tätigen Ingenieurinnen und Ingenieuren
einführen, so müssten wir Frauen Tätigkeiten aufzwingen, die sie
möglicherweise nicht wollen.
Bei der Bezahlung ist es sinnvoll zwischen
Tarifbeschäftigten und außer Tarif Beschäftigten zu unterscheiden. Im
öffentlichen Dienst ist die gleiche Bezahlung bei vergleichbarer
Ausbildung und Tätigkeit sichergestellt. In den Ingenieurbüros des
Bauwesens hängt das Anfangsgehalt ab vom erzielten Hochschulabschluss,
der Abschlussnote und von Erfahrungen als WerkstudentIn oder als
studentische wissenschaftliche Hilfskraft. Auch Auslandserfahrung zählt.
Eine nicht repräsentative Umfrage bei Mitgliedsbüros der Kammer hat ergeben, dass beim Gehalt das Geschlecht keine Rolle spielt. 86 Prozent sagten, Frauen und Männer würden in gleichen Positionen gleich verdienen. Oft gleichen sich die Gehälter von UniversitätsabsolventInnen und AbsolventInnen der Hochschulen für Angewandte Wissenschaften beziehungsweise THs im Laufe der ersten Berufsjahre an, da sich immer stärker die Leistung als dominierender Parameter für die Bezahlung durchsetzt. Die Büroinhaberinnen und Büroinhaber halten beständig Ausschau nach Nachwuchs-Führungskräften.
Werden die jungen Leute dann angesprochen, reagieren die Frauen meiner Erfahrung nach noch zögerlicher als die Männer. Selbst mit „Engelszungen“ und allen möglichen Angeboten lässt man sich nicht überzeugen. Das Ergebnis: Im „Parlament“ der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau, der Vertreterversammlung, sitzen acht Frauen – das entspricht einem Anteil von 6,4 Prozent.
Unter den PrüfingenieurInnen für Baustatik beträgt der Frauenanteil in Bayern 1,4 Prozent, in Zahlen: eine Frau.
Wir könnten verzweifeln und tun es manchmal auch.
Alles Werben hilft nichts. Aber es scheint Lichtblicke zu geben. Wir
haben in der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau zwei neue Initiativen. Zum
einen das Referat „Career Service/Social Media“, in „old school fashion“
Nachwuchsförderung genannt (ob Mann oder Frau, ohne hippes Englisch
geht’s nicht) und das Traineeprogramm für Jungingenieurinnen und Jungingenieure.
Beide Initiativen werden von den jungen Menschen sehr
gut angenommen. Im aktuellen Jahrgang des Traineeprogramms sind es je
zehn Frauen und zehn Männer. Und im neu gegründeten Arbeitskreis „Junge Ingenieure“ gibt es sogar mehr weibliche als männliche Mitglieder. Und
eine Vorsitzende. Das lässt hoffen.
Kolumne in der Bayerischen Staatszeitung
Die Bayerische Ingenieurekammer veröffentlicht einmal im Monat eine Kolumne zu aktuellen Themen in der Bayerischen Staatszeitung. Hier nehmen die Mitglieder des Vorstands der Kammer Stellung zu Themen aus Bauwesen, Politik und Gesellschaft.
Hier haben wir Ihnen alle Kolumnen zum Lesen oder als Download bereitgestellt.
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