17.01.2020 - München
Worauf kommt es bei einem verantwortungsvollen Planen und Ausführen von Bauprojekten an? Und was hat der Beschluss des bayerischen Ministerrats vom 30. April 2019, der Maßnahmen für ein effizientes Baucontrolling bei Großbauprojekten fordert, damit zu tun? Damit beschäftigt sich Prof. Dr. Norbert Gebbeken, der Präsident der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau, in diesem Artikel.
Bauprojekte verantwortungsvoll planen und ausführen
Am 30. April 2019 gab es einen Beschluss des
bayerischen Ministerrats, der alle Planerinnen und Planer aufhorchen ließ. Unter der Überschrift „Maßnahmen für effizientes Baucontrolling bei der Staatsbauverwaltung / Stabsstelle begleitet
Großbauprojekte“ war zu lesen:
„So sollen beispielsweise vermehrt Generalplaner (GP) und Generalunternehmer (GU) eingesetzt und die juristische Unterstützung der Bauämter verstärkt werden. Kostensteigerungen, die aufgrund der derzeitigen Konjunktur teilweise nicht vermeidbar sind, sollen so früh wie möglich erkannt werden, um rechtzeitig Steuerungsmaßnahmen ergreifen zu können. Gleichzeitig sollen in Zukunft erwartete Baupreissteigerungen und Risikokosten bereits bei der Projektgenehmigung berücksichtigt werden. Großbauprojekte (ab 20 Mio. Euro) begleitet die Stabsstelle Controlling im Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr.“
Dieser Beschluss beschreibt einerseits das erklärte Ziel aller am Bau Beteiligten: effizient planen und bauen, Mehrkosten vermeiden. Es muss aber andererseits hinterfragt werden, ob durch die vermehrte Beauftragung von Generalplanern, Generalunternehmern und Generalübernehmern dieses Ziel erreicht werden kann und welche Auswirkungen der Beschluss auf die kleinteilige Bürostruktur der Planerinnen und Planer hat, die wesentliche Garanten für qualifizierte Arbeitsplätze auch in ländlichen Regionen sind.
Was sind die wesentlichen Kritikpunkte der Ingenieurinnen und Ingenieure am Ministerratsbeschluss?
Die Staatsbauverwaltung verweist darauf, dass man mit der Beauftragung von GP, GU und GÜ bei vielen Projekten sehr gute Erfahrungen gemacht habe. Reicht das als Begründung aus? Ich meine nein. Warum? Man muss transparent analysieren, warum einerseits Projekte „schiefgelaufen“ sind (nicht nach Plan) und warum andererseits Projekte „gut“ gelaufen sind (nach Plan). Diese Analysen fehlen.
Quell allen Übels
Im Rahmen meiner Publikation „Der Fluch der ersten Zahl“ weise ich nach, dass die meisten Projekte deshalb nicht nach Plan
verliefen, weil Projekte mit politisch motivierten, nicht verifizierten Zahlen
bezüglich Kosten und Realisierungszeiten in den Medien angekündigt und
gestartet wurden.
Darüber hinaus ist die Vergabe an den Billigsten ein weiterer Quell des Übels. Den Zuschlag müsste vielmehr das wirtschaftlich günstigste Angebot erhalten. Agiert man also von Beginn eines Projekts an mit realistischen Zahlen und Terminen und vergibt außerdem an Auftragnehmer, die für Qualität stehen, dann können wir uns viele juristische Auseinandersetzungen sparen.
Gemeinsames Positionspapier
Ich will verhindern, dass die Planerinnen und Planer und die ausführenden Unternehmen die Fehler der Auftraggeber in der Öffentlichkeit ausbaden sollen. Deshalb habe ich die Kollegen vom bayerischen Bauindustrieverband angesprochen, auch wenn deren Positionen oft nicht mit denen der Planerinnen und Planer einhergehen. Wir haben in teilweise strittigem Dialog ein gemeinsames Positionspapier zum Beschluss des Ministerrats verfasst, in dem nicht einheitliche Positionen nebeneinander stehen. Das steht für Ehrlichkeit. Das Papier haben wir gemeinsam dem Bauministerium übergeben.
Wir wollen die Staatsbauverwaltung in ihrem
Bestreben unterstützen, effizientes Baucontrolling zu betreiben und Projekte
qualitativ hochwertig zu realisieren. Dafür braucht es eine Risikoabschätzung
auf Basis einer professionellen Risikoanalyse.
Die Bayerische
Ingenieurekammer-Bau und die bayerische Bauindustrie werden sich zukünftig
gemeinsam zu Wort melden, wenn sie der Meinung sind, dass Projekte mit
unrealistischen Vorgaben auf den Weg gebracht werden oder etwas „schiefläuft“.
Denn: Wir können Bau.
Kolumne von Prof. Dr. Norbert Gebbeken, Präsident der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau, veröffentlicht in der Bayerischen Staatszeitung vom 17.01.2020.
Kolumne in der Bayerischen Staatszeitung
Die Bayerische Ingenieurekammer veröffentlicht einmal im Monat eine Kolumne zu aktuellen Themen in der Bayerischen Staatszeitung. Hier nehmen die Mitglieder des Vorstands der Kammer Stellung zu Themen aus Bauwesen, Politik und Gesellschaft.
Hier haben wir Ihnen alle Kolumnen zum Lesen oder als Download bereitgestellt.
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