29.07.2024 - Berlin
Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann schlägt mit dem Gebäudetyp-E-Gesetz eine Reform des Bauvertragsrechts vor, um einfaches und innovatives Bauen zu erleichtern. Dazu hat das Bundesjustizministerium jetzt auch begleitende FAQ veröffentlicht. Für die Beteiligten von Bauprojekten soll es einfacher werden, beim Neu- und Umbau von Gebäuden oder Außenanlagen auf die Einhaltung von Standards zu verzichten, die für die Wohnsicherheit nicht notwendig sind. Entsprechende Bauprojekte werden mit dem Schlagwort „Gebäudetyp E“ bezeichnet, wobei E für einfaches und innovatives Bauen steht.
Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann erklärte dazu: „Der
Gebäudetyp-E ist ein wichtiger Beitrag, um auf die stark gestiegenen Baukosten
zu reagieren. Mit unserem Gesetzentwurf wollen wir Bauen in Deutschland
günstiger, einfacher und unbürokratischer machen. Fachleute schätzen, dass sich
dadurch bis zu 10 Prozent der Herstellungskosten einsparen lassen. Wir wollen
dieses milliardenschwere Potential freisetzen. Wir setzen dabei am
Bauvertragsrecht an. Gutes Wohnen hängt nicht davon ab, dass immer jede
einzelne DIN-Norm eingehalten wird. Die Beteiligten von Bauprojekten müssen die
Möglichkeit haben, einvernehmlich von Komfort-Standards abzuweichen. Das
geltende Bauvertragsrecht macht solche Vereinbarungen unnötig kompliziert."
"Wir
wollen den Weg frei machen für einfaches Bauen. Klar ist: Wir machen keine
Abstriche bei Gebäudesicherheit und Gesundheit. Gebäudetyp E: Das steht für
einfaches und innovatives Bauen - aber eben auch für sicheres Bauen. Es geht
bei unserem Gesetz um die Reduzierung verzichtbarer Komfortstandards, nicht um
die Reduzierung der Sicherheit. Egal ob es um die Zahl der Steckdosen geht oder
um die der Heizkörper im Bad: Wir wollen, dass Bauherren echte Wahlfreiheit
haben. Alle sollen sich den Standard aussuchen können, der zu ihrem Wünschen
passt - und zu ihrem Geldbeutel“, so Buschmann weiter.
Der Entwurf für das Gebäudetyp-E-Gesetz (vollständiger Titel: Entwurf eines Gesetzes zur zivilrechtlichen Erleichterung des Gebäudebaus) wurde in engem Austausch mit Architektenschaft, Bauwirtschaft, Ingenieuren und weiteren Stakeholdern entwickelt.
Der Gesetzentwurf wird flankiert von einer umfassenden „Leitlinie und Prozessempfehlung Gebäudetyp E“, die das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen erarbeitet und am 17. Juli 2024 veröffentlicht hat. Sie soll den Vertragsparteien als Hilfsmittel dienen bei der Gestaltung von Verträgen für Neu- und Umbauten nach dem Gebäudetyp E.
Im Einzelnen sieht der Gesetzentwurf folgende Änderungen im Bauvertragsrecht vor:
Der Gesetzentwurf wurde am 29. Juli 2024 an die Länder und Verbände verschickt. Interessierte Kreise haben bis zum 30. August 2024 Gelegenheit, Stellung zu nehmen.
Referentenentwurf des BMJ
Synopse zum Referentenentwurf
Begleitende FAQ
FAQ: Gesetz zur zivilrechtlichen Erleichterung des Gebäudebaus (Gebäudetyp-E-Gesetz)
Leitlinie des Bundesbauministeriums
„Gebäudetyp E“ steht für einfaches Bauen. Zumeist werden mit diesem Schlagwort Neubauprojekte bezeichnet, bei denen auf die Einhaltung von Komfort-Standards verzichtet wird. In der politischen Debatte wird die Wendung „Gebäudetyp E“ auch verwendet, um allgemein den Wunsch nach flexibleren Planungsmöglichkeit zu bezeichnen. Einfaches und experimentelles Bauen soll leichter werden. Ein konkreter Gebäudetyp mit spezifizierten baulichen Eigenschaften ist nicht gemeint.
Mit dem Gebäudetyp-E-Gesetz soll einfaches und innovatives Bauen in Deutschland erleichtert werden. Bauen in Deutschland ist derzeit zu kompliziert und zu teuer. Das liegt auch am geltenden Bauvertragsrecht. Es trägt dazu bei, dass Neubauten oft sehr hohen Standards genügen müssen. Mit dem Gesetz soll es einfacher werden, beim Neubau auf die Einhaltung auf Standards zu verzichten, die für die Wohnsicherheit nicht notwendig sind. Der Neubau von Wohnungen soll dadurch bezahlbarer werden. Gleiches gilt für den Um- und Ausbau sowie die Instandsetzung von Bestandsbauwerken. Mit dem Gebäudetyp E soll mehr Rechtssicherheit für mehr Wahlfreiheit geschaffen werden.
Insbesondere in Ballungszentren gibt es in Deutschland einen dramatischen Mangel an Wohnraum. Um diesen Mangel zu bekämpfen, müssen dringend neue Wohnungen gebaut werden. Derzeit geschieht dies nicht im erforderlichen Umfang. Das liegt maßgeblich daran, dass sich die Rahmenbedingungen für den Neubau von Wohnungen in den letzten Jahren verschlechtert haben: Finanzierungskosten (Zinsen), Bau- und Personalkosten sind erheblich gestiegen. Vor diesem Hintergrund ist es besonders dringlich, die Rahmenbedingungen für den Neubau von Wohnungen zu verbessern - und einfaches Bauen zu erleichtern. Nur so kann der Neubau von Wohnungen wieder bezahlbarer werden.
Einfaches Bauen ist nicht nur günstiger als herkömmliches Bauen. Es kann auch dazu beitragen, Ressourcen zu sparen. Und es geht schneller. Durch einfaches Bauen lässt sich also im Idealfall in der gleichen Zeit - beim Einsatz von weniger Ressourcen - mehr neuer Wohnraum schaffen. Auch der Einsatz von innovativen Baustoffen und -methoden kann hierzu beitragen.
Nach Schätzungen von Fachleuten lassen sich durch den Verzicht auf nicht zwingende Komfortstandards bis zu 10 Prozent der Herstellungskosten einsparen. Wie viel genau sich bei einem konkreten Bauprojekt einsparen lassen, hängt allerdings maßgeblich davon ab, auf welche Komfortstandards konkret verzichtet wird - und wie sich allgemein die Marktpreise für entsprechende Standards entwickeln.
Es hat verschiedene Ursachen, dass einfaches und innovatives Bauen in Deutschland so schwierig ist. Zum Teil sind die Vorgaben des öffentlich-rechtlichen Baurechts dafür verantwortlich. Aber auch das geltende Bauvertragsrecht macht einfaches Bauen unnötig schwer. Nach ihm gilt Folgendes: Wer sich vertraglich verpflichtet hat, ein Bauwerk zu errichten, muss dabei grundsätzlich die „anerkannten Regeln der Technik“ einhalten (aRdT). Welche Regeln zu diesen „anerkannten Regeln der Technik“ gehören, ist gesetzlich nicht definiert; maßgeblich ist hier letztlich das Verständnis der Rechtsprechung.
Innovative Baustoffe und Bauweisen stehen häufig nicht im Einklang mit den „anerkannten Regeln der Technik“; denn um als „anerkannte Regel der Technik“ anerkannt zu werden, müssten sie sich in der Praxis erst bewährt haben. Zu den „anerkannten Regeln der Technik“ zählen dafür aber viele technische Normen, die reine Komfort-Standards sind. So geht die Rechtsprechung insbesondere von der Vermutung aus, dass zu den „anerkannten Regeln der Technik“ auch alle DIN-Normen gehören: also die nicht-gesetzlichen Normen, die unter Leitung des Deutschen Instituts für Normung (DIN) erarbeitet werden. V
iele DIN-Normen sind für gutes Wohnen nicht notwendig und stellen bloße Komfort-Standards da. Ihre Einhaltung ist nach der Rechtsprechung regelmäßig also auch dann geschuldet, wenn die Parteien dies gar nicht ausdrücklich vereinbart haben. Abweichungen von den „anerkannten Regeln der Technik“ sind nach dem geltenden Bauvertragsrecht zwar möglich, aber mit Rechtsunsicherheit und Prozessrisiken behaftet. Deshalb werden Bauvorhaben zumeist so ausgeführt, dass sie allen DIN-Normen entsprechen: auch denen, deren Einhaltung für gutes Wohnen nicht zwingend ist - und deren Einhaltung nicht ausdrücklich vereinbart wurde.
Um einfaches und innovatives Bauen zu erleichtern, soll das Bauvertragsrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geändert werden. Es soll einfacher möglich sein, rechtssicher auf Baustandards zu verzichten, die für die Gebäudesicherheit nicht notwendig sind - und die gesetzlich nicht zwingend sind. Das Gebäudetyp-E- Gesetz ändert also nichts an den öffentlich-rechtlichen Vorgaben, die alle Bauvorhaben einhalten müssen.
Das Gebäudetyp-E-Gesetz sieht im wesentlichen drei Änderungen des Bauvertragsrechts vor:
(1) der Begriff der „anerkannten Regeln der Technik“ soll konkreter gefasst werden. Es soll erreicht werden, dass reine Komfort-Standards im Allgemeinen nicht als „anerkannte Regeln der Technik“ gewertet werden;
(2) ferner soll in Verträgen zwischen fachkundigen Unternehmern die Abweichung von „anerkannten Regeln der Technik“ erleichtert werden;
(3) schließlich soll ein Abweichen von „anerkannten Regeln der Technik“ nicht mehr automatisch ein Sach-mangel sein.
Im BGB soll eine neue Vermutungsregelung geschaffen werden, die auf alle Bauverträge Anwendung finden soll. Künftig soll die Vermutung gelten, dass reine Ausstattungs- und Komfortstandards keine „anerkannten Regeln der Technik“ sind; für sicherheitsrelevante technische Normen soll eine gegenteilige Vermutung gelten. Wenn die Parteien die Einhaltung von bloßen Ausstattungs- und Komfortstandards nicht ausdrücklich vereinbart haben, dann soll ihre Einhaltung künftig im Regelfall also auch nicht geschuldet sein; das Pflichtenprogramm desjenigen, der das Bauwerk errichtet, soll dadurch sinnvoll begrenzt werden.
Nach DIN Norm 18015 sind auch für kleine Wohnzimmer mindestens vier Steckdosen vorzusehen; in Wohnzimmern ab 20 Quadratmetern sind mindestens fünf Steckdosen vorzusehen. Das ist ein Beispiel für einen Komfortstandard.
Nach DIN EN 12831-1 Tabelle B.14 wird für Badezimmer eine Norminnentemperatur von 24 Grad gefordert (was in der Baupraxis dazu führt, dass eine Fußbodenheizung oft um einen Handtuchheizkörper ergänzt wird). Auch das ist ein Komfortstandard.
Reine Komfortstandards sind ferner z.B. Erwartungen an die lichte Raumhöhe, Fensterformate (z.B. bodentief) oder die Balkongröße, die über die Vorgaben des öffentlichen Baurechts hinausgehen. Generell können Ausstattungs- und Komfortstandards sowohl den Baukörper, als auch die Innenausstattung oder Außenanlagen betreffen.
Für Gebäudebauverträge zwischen fachkundigen Unternehmern - und nur für diese - soll künftig Folgendes gelten:
Nein. Das Gebäudetyp-E-Gesetz macht keine Abstriche an der Gebäudesicherheit (z.B. im Hinblick auf Statik und Brandschutz). Die Gebäudesicherheit wird durch öffentlich-rechtliche Vorgaben gewährleistet; diese werden durch das Gesetz nicht geändert. Im Übrigen soll für sicherheitsrelevante technische Normen künftig ausdrücklich eine gesetzliche Vermutung gelten, dass sie zu den „anerkannten Regeln der Technik“ zählen, die eingehalten werden müssen. Abweichungen von den „anerkannten Regeln der Technik“ sollen nur für Verträge zwischen fachkundigen Unternehmern erleichtert werden - und sie sollen auch nur für den Fall erleichtert werden, dass die dauerhafte Sicherheit und Eignung des Gebäudes gewährleistet ist.
Nein. Die neuen Regelungen über die Abweichung von „anerkannten Regeln der Technik“ sollen nur für Verträge zwischen fachkundigen Unternehmern gelten. Lediglich die die Vermutungsregelung, nach der reine Ausstattungs- und Komfortstandards keine „anerkannten Regeln der Technik“ sind,- soll sich auch auf Verbraucherverträge beziehen.
Nein. Die geplanten Neuregelungen haben keinen (negativen) Einfluss auf die Gebäudesicherheit. Es geht in erster Linie um die Abweichung von Komfort-Standards; von anderen Standards darf allenfalls dann abgewichen werden, wenn die dauerhafte Sicherheit und Eignung des Gebäudes gewährleistet ist.
Nein. DIN-Normen sind technische Standards, die vom Deutschen Institut für Normung (DIN) erarbeitet werden. Es handelt sich dabei nicht um gesetzliche Regelungen; und sie werden durch die Neuregelung auch nicht angetastet werden. Stattdessen soll es einfacher werden, für die Beteiligten von Bauprojekten von bestehenden DIN-Normen abzuweichen, die nicht relevant sind für die Sicherheit des Wohngebäudes.
Nein. Das Gebäudetyp-E-Gesetz bezieht sich ausschließlich auf das private Bauvertragsrecht; es ändert also nichts an den öffentlich-rechtlichen Vorgaben, die alle Bauvorhaben einzuhalten haben. Es betrifft allein die Frage, welche (gesetzlich nicht zwingenden) Standards vertraglich einzuhalten sind, wenn jemand einen Bauvertrag oder damit in Zusammenhang stehenden Vertrag abschließt.
Ziel der vorgeschlagenen Gesetzesreform ist es gerade, die derzeit noch bestehenden besonderen Rechtsunsicherheiten und Streitrisiken in Zusammenhang mit dem Bauen nach dem Gebäudetyp E zu beseitigen. Diese resultieren zum einen daraus, dass auch viele Komfortstandards zu den „anerkannten Regeln der Technik“ gezählt werden - was zur Folge hat, dass ihre Einhaltung auch ohne ausdrückliche Vereinbarung vertraglich geschuldet ist; sie resultieren ferner daraus, dass Abweichungen von den „anerkannten Regeln der Technik“ auch zwischen Unternehmern nur unter Einhaltung besonderer Voraussetzungen wirksam sind. Diese Schwierigkeiten des geltenden Bauvertragsrechts sollen durch die Reform beseitigt werden.
Es besteht kein Grund zur Annahme, dass es bei Gebäu- den, die nach dem Gebäudetyp E errichtet wurden, zu mehr Streitigkeiten im Verhältnis von Mieter und Vermieter kommen wird. Das Mietrecht vermittelt keinen Anspruch darauf, dass jede „anerkannte Regel der Technik“ eingehalten wird. Der Mieter hat lediglich einen Anspruch darauf, dass ihm die Wohnung in einem Zustand überlassen wird, in dem sie sich zum vertragsgemäßen Gebrauch eignet.
Was der vertragsgemäße Gebrauch ist, können die Parteien im Mietvertrag bestimmen. Ein Vermieter kann also zum Beispiel im Mietvertrag festhalten, dass die Trittschalldämmung geringer ist, als nach den aktuellen DIN-Normen vorgesehen. Verzichten die Parteien auf eine ausdrückliche Vereinbarung zur Beschaffenheit der Mietsache, dann ist der bei vergleichbaren Wohnungen „übliche Wohnstandard“ geschuldet. In vielen Fällen wird die Tauglichkeit zu Wohnzwecken gar nicht tangiert sein, wenn beim Bau von einzelnen „anerkannten Regeln der Technik“ abgewichen wird.
Der Entwurf für das Gebäudetyp-E-Gesetz wurde in engem Austausch mit Expertinnen und Experten und maßgeblichen Stakeholdern entwickelt. Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) hat dazu die Arbeitsgruppe „Einfaches Bauen“ initiiert; an ihr haben Vertreterinnen und Vertreter des BMJ, des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB), der Bau- und Landesjustizverwaltungen der Länder, von Verbänden und der Rechtswissenschaft teilgenommen.
Das Gebäudetyp-E-Gesetz ist nicht das einzige politische Vorhaben, mit dem einfaches Bauen in Deutschland erleichtert werden soll. Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen erarbeitet derzeit eine „Leitlinie und Prozessempfehlung Gebäudetyp E“. Sie soll Vertragsparteien als Hilfsmittel dienen bei der Gestaltung von Verträgen für Neubauten nach dem Gebäudetyp E. Darüber hinaus beabsichtigen viele Länder, Vorgaben des öffentlich-rechtlichen Baurechts für den Neubau von Wohnungen zu reduzieren.
Die Bundesregierung hat zahlreiche weitere Maßnahmen auf den Weg gebracht, um den Neubau von Wohnungen attraktiver zu machen: neue Abschreibungsregeln; die Aussetzung der Verankerung von EH 40 als verbindlichem gesetzlichen Neubaustandard; Verfahrensvereinfachungen und Beschleunigungen im öffentlichen (Bau-)Recht; den Erlass neuer Regeln zu Wohngemeinnützigkeit u.v.m.
Ein Inkrafttreten ist frühestens im Frühjahr 2025 möglich; der genaue Zeitpunkt hängt vom weiteren Gang des Gesetzgebungsverfahrens ab.
Der Wohnungsneubau in Deutschland ist aus einer Vielzahl von Gründen schwieriger geworden, unter anderem wegen gestiegener Baukosten. Die hohen Baukosten sind auch darauf zurückzuführen, dass sich die Baustandards in den letzten Jahrzehnten ständig erhöht haben und weiter ansteigen. Unter dem Schlagwort „Gebäudetyp E“ wird daher gefordert, Bauen in Deutschland einfacher, innovativer und kostengünstiger zu ermöglichen. Der „Gebäudetyp E“ bezeichnet jedoch – anders als es der Begriff vermuten lässt – keinen bestimmten, technisch spezifizierten Gebäudetypus, sondern den Wunsch nach flexibleren Planungsmöglichkeiten.
Die Bauministerkonferenz der Länder hat für das öffentliche Recht auf diese Forderung reagiert und in § 67 der Musterbauordnung (MBauO) eine Musterbestimmung geschaffen, wonach vereinfacht von bauordnungsrechtlichen Vorgaben abgewichen werden kann. Die Länder haben diese Vorgabe bereits in ihren Landesbauordnungen umgesetzt beziehungsweise werden sie umsetzen.
Auch für das Zivilrecht werden Änderungen gefordert. Denn auch hier gelten derzeit hohe Standards. Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung wird nämlich für ein mangelfreies Werk nach § 633 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) grundsätzlich die Einhaltung der sogenannten anerkannten Regeln der Technik geschuldet. Anerkannte Regeln der Technik bezeichnen Regeln für den Entwurf und die Ausführung von baulichen Anlagen oder technischen Objekten, die die herrschende Ansicht der technischen Fachleute darstellen und sich in der Praxis bewährt haben.
Zahlreiche anerkannte Regeln der Technik beziehen sich aber nicht auf sicherheitsrelevante Aspekte und sind auch für ein gutes Wohnen nicht zwingend notwendig. Auch sind innovative Bauweisen nicht in Einklang mit den „anerkannten“ Regeln der Technik zu realisieren, da insofern nicht auf bewährte Methoden und Verfahren zurückgegriffen werden kann und soll. Beschaffenheitsvereinbarungen, mit denen von den anerkannten Regeln der Technik abgewichen wird, sind jedoch nach ständiger Rechtsprechung derzeit nur wirksam, wenn umfangreiche Aufklärungs- und Hinweispflichten eingehalten werden. Auch liegt grundsätzlich bei einem Abweichen von den anerkannten Regeln der Technik ohne Beschaffenheitsvereinbarung ein Sachmangel der Bauleistung vor.
Ziel des vorliegenden Entwurfs ist, Abweichungen von den anerkannten Regeln der Technik zwischen fachkundigen Unternehmern rechtssicher zu ermöglichen. Hierfür soll aber nicht das gesamte Werkvertragsrecht geändert werden. Um der Krise im Wohnungsbau zivilrechtlich flankierend entgegenzuwirken, sollen neue Regelungen vielmehr zielgenau lediglich für den Gebäudebauvertrag getroffen werden, um so Bauen einfacher und innovativer zu ermöglichen. Dies schließt auch Architekten- und Ingenieurverträge und Bauträgerverträge mit ein.
Dieser Entwurf steht im Kontext der gefährdeten rechtzeitigen Erreichung der Ziele der Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 25. September 2015 „Transformation unserer Welt: die UN-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“. Der Entwurf soll insbesondere zur Erreichung des Nachhaltigkeitsziels 11 der UN-Agenda 2030 beitragen, „Städte und Siedlungen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig gestalten“. Im Sinne des systemischen Zusammendenkens der Nachhaltigkeitsziele soll der Entwurf gleichzeitig zur rechtzeitigen Umsetzung der Zielvorgaben 16.3 und 16.6 beitragen, „die Rechtsstaatlichkeit zu fördern und leistungsfähige, rechenschaftspflichtige und transparente Institutionen auf allen Ebenen aufzubauen“.
Referentenentwurf des BMJ
Synopse zum Referentenentwurf
Quellen: Bundesministerium der Justiz, Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, Logos Gebäudetyp-e: Bayerische Architektenkammer, Foto Marco Buschmann: Dominik Butzmann / BMJ
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